Handlungsbedarf in der Altenpflege im Westerwald
Dem Westerwaldkreis obliegt die Sicherstellung der ambulanten und stationären Altenpflege im Zuge der kommunalen Daseinsvorsorge und Selbstverwaltung. Gefordert wird das im Landesgesetz zur Sicherstellung und Weiterentwicklung der pflegerischen Angebotsstruktur. Diese hat der Kreis regelmäßig in einem Pflegestrukturplan darzustellen. Da dies zuletzt 2013 auf Datengrundlagen von 2011 der Fall war, die Altenpflege aber auch bei uns nicht frei von Problemen und Zukunftsängsten ist, hat SPD-Kreistagsmitglied Uli Schmidt (Horbach) in einem Schreiben an die Kreisverwaltung bereits Ende 2018 eine Fortschreibung angeregt. Zuvor hatte er bereits Vorschläge für eine Aufwertung der auch gesetzlich vorgeschriebenen Kreispflegekonferenz gemacht.
Westerwaldkreis. Die Anfrage des Kreistagsmitglieds Uli Schmidt zur Pflegestrukturplanung im Kreis lautete:
1. Ist das stationäre und ambulante Versorgungsangebot qualitativ und quantitativ ausreichend?
2. Wie entwickelte sich die Zahl der Pflegebedürftigen seit 2013?
3. Wie wird der aktuelle Bedarf an ausgebildeten Altenpflegefachkräften eingeschätzt?
4. Besteht vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Infrastruktur?
5. Gibt es Überlegungen, wie die jährliche Pflegekonferenz besser genutzt werden kann, um den kreisweit in vielen Bereichen vorhandenen Sachverstand besser einbeziehen zu können?
6. Wie ist die Entwicklung der Schülerzahl an der Altenpflegeschule der BBS in
Westerburg in den letzten fünf Jahren? Geht die Verwaltung davon aus, dass das
Potential dort ausgeschöpft ist?
Landrat Achim Schwickert hat auf die in diesem Zusammenhang von Schmidt gestellten Fragen rund um die Altenpflege ausführlich geantwortet. Danach gibt es derzeit 26 stationäre Seniorenpflegeheime mit 2.340 Plätzen sowie kreisweit 195 Tagespflegeplätze. Darüber hinaus werden in 38 Senioren-Wohngemeinschaften 355 Plätze angeboten sowie 248 barrierefreie seniorengerechte Wohnungen im Rahmen des „Servicewohnens“. Auch haben 30 Ambulante Pflegedienste ihren Sitz im Westerwaldkreis.
Da derzeit 1.925 Personen mit Wohnsitz im Westerwaldkreis vollstationär versorgt werden, ist der Bedarf in diesem Bereich gedeckt. Darüber hinaus liegen der Kreisverwaltung, so der Landrat, keine Erkenntnisse vor, ob das ambulante Angebot ausreichend ist. Ende 2017 versorgten 30 ambulante Pflegedienste 1.590 hilfsbedürftige „Wäller“.
Auffallend ist in den Jahren 2013 bis 2017 eine deutliche Steigerung der Empfänger von Pflegegeld von 3.121 auf 4.582 Fälle. Die Zahl der ambulant und stationär Pflegebedürftigen nahm in dieser Zeit von 3.060 auf 3.515 zu.
Ein weiteres Thema war der Bedarf an Altenpflegekräften und deren Ausbildung in der Region. Ausgehend vom landesweiten Branchenmonitoring 2015 sieht die Kreisverwaltung in der Vorausberechnung für 2025 einen leichten Überschuss an Fachkräften im Vergleich zu den zu besetzenden Stellen. An der Altenpflegeschule der Berufsbildenden Schule in Westerburg werden im laufenden Schuljahr 160 Schülerinnen und Schüler ausgebildet. Nach Auskunft der Schule könnte eine weitere Klasse eingerichtet werden, wenn ausreichend qualifizierte Lehrkräfte gefunden werden können.
Immer wieder wurde in den zurückliegenden Jahren die Qualität der jährlichen Pflegekonferenz auf Kreisebene bemängelt. Dies hat zur Folge, dass viele der eingeladenen Fachleute aus der heimischen „Pflegeszene“ daran nicht mehr teilnehmen. Landrat Schwickert stellt hier die Erprobung einer neuen Herangehensweise in Aussicht, um die „Dynamik zu fördern“. So soll das Selbstverständnis der Konferenz thematisiert und auch eine Arbeit in Kleingruppen ermöglicht werden.
Uli Schmidt sieht insbesondere bei der Deckung des Fachkräftebedarfs, der Zahl der leistungsfähigen ambulanten Dienste sowie der Weiterentwicklung der Kreispflegekonferenz Diskussionsbedarf im Hinblick auf die anstehende Fortschreibung der Pflegstrukturplanung für den Westerwaldkreis. „Handlungsbedarf gibt es aber auch bei der Tagespflege, der Schaffung von Kurzzeitpflegeplätzen, der Überforderung pflegender Angehöriger sowie teilweise bei Entscheidungen von Krankenkassen“, so Schmidt, der auch Sprecher des Forums Soziale Gerechtigkeit ist. Dagegen werde bei der stationären Infrastruktur der Seniorenzentren und bei der Pflegeberatung durch die meist engagiert arbeitenden Pflegestützpunkte derzeit kein akuter Bedarf gesehen. Dies gilt jedoch nicht für eine dringend notwendige bessere Vergütung in der Altenpflege, die auch die rheinland-pfälzische Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler fordert: „Das Thema der Tarifbindung in der Pflege darf nicht warten", so die Politikerin. Ein gutes Gehalt werde dazu beitragen, dringend gesuchte Fachkräfte zu gewinnen und eine gute Betreuung zu sichern.
Lokales: Montabaur & Umgebung
Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Montabaur auf Facebook werden!