Simon Pearce schwarz in Hachenburg
Ein Schwarzer im schwarzen Bayern – sieht man den überhaupt? Zumindest wenn Schnee liegt oder wenn Simon Pearce seine Mütze absetzt und dunkle Schafwolle zum Vorschein kommt. Hören kann man den Unterschied nicht, denn der Münchener spricht gern urbayrisch, auch sonstige Dialekte. „Ich duze Sie.“ Und er imitiert Mitmenschen gekonnt und pointiert. Mit seinen Talenten und Lebenserinnerungen unterhielt der Comedian das Publikum in Hachenburg am Samstagabend (4. Mai) aufs Beste.
Hachenburg. „Keine Schwarzen hier“, stellte Pearce auf der Bühne schnell fest. Dabei ist er nicht schwarz wie sein nigerianischer Vater, sondern nur „immer sonnengebräunt“ durch die genetische Einwirkung seiner blonden Mutter Christiane Blumhoff, in der Familie „die Weiße“ genannt. Die Cappucino-braune Hautfarbe machte dem Spross einer Künstlerfamilie im bayrischen Puchheim das Leben schwer, was nur zum Teil an der Farbe lag, zum Teil auch an dem feministischen Öko-Trip der Mutter mit selbst gebatikten Kleidern und frei schwingenden Brüsten sowie an der alarmierenden Lautstärke der Familienmitglieder und an den Schlachtfesten des Vaters, die potentielle Simon-Freunde vergraulten. Dennoch rettete Beinahe-Freund Berni den Simon später mutig vor neun Neo-Nazis mit schwarzen Springerstiefeln und weißen Schnürsenkeln.
Auf der Suche nach seiner Identität, weil er weder als Weißer noch als „richtiger Neger“ durchging, probierte Simon Pearce die medialen Darstellungen der Schwarzen durch: Es gibt erfolgreiche riesige Basketballer, das scheiterte an der mangelnden Körpergröße. Coole schwarze Gangsta-Rapper bewegen sich schwingend mit angeschossenem Bein und angeschossener Brust mit extrem baggy Hosen unterm Hintern und verstecktem Brustbeutelchen unterm Pulli. Das demonstrierte Pearce hervorragend, doch seine Sprayer-Aktivitäten brachten ihm Hausverbot im Jugendclub ein, nach dem Hausverbot in der katholischen Kirche von Puchheim.
Die Lebensweisheiten des Kollegen Kurti im Wertstoffhof: „Das ganze Geschmerl, was hier bei uns reinschwebt, haben uns Aids, Grippe, Krebs gebracht - und jetzt klauen sie uns die Fernseher weg!“ halfen genauso wenig wie deeskalierende Bemerkungen zu aufgebrachten Türken im Kino. Der Pearce blieb immer der „Affe“. Humor half ihm bei der Krisenbewältigung, aber „die Macht des Wortes“, die ihm sein Vater mitgab, der Politik studiert hatte, erwies sich oft als fatal.
Als Schwarzer in Bayern ist der maximalpigmentierte Schauspieler seit der Pubertät ständig Ziel von Polizeikontrollen. Peinlich nur, wenn man 300 fremde Handies und 200 Geldbeutel im Kofferraum des Dreier-BMWs mitführt. Denn bayrische Polizisten haben keinen Humor.
„Auch Siegener haben nicht so ein Humorverständnis“, meinte der Künstler. Gegen diese Behauptung legte ein Siegener Zuschauer Protest ein. Das fand Pearce gut, denn „Humor ist wichtig! Das Dorf findet immer im Kopf statt.“
Zum Kultursommer-Motto „Heimat/en“ passte der Multi-Kulti-Künstler mustergültig. Kulturzeit-Chefin Beate Macht kündigte stolz für den Sommer einen besonderen Sommerabend auf dem Biohof Mies mit René Marik & The Sugar Horses und ein großartiges Konzert auf dem Alten Markt mit Trettmann und GReeeN an. Der Sommer wird heiß werden in Hachenburg! htv
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