Hillscheid feiert 1025-jähriges Jubiläum
Nur wenige Orte im Westerwaldkreis blicken auf so eine lange Geschichte wie Hillscheid. So feierten die Bürgerinnen und Bürger am vergangen Samstagabend diesen besonderen Geburtstag mit viel Prominenz aus Politik und Gesellschaft, vielfältigen Musikbeiträgen und einem abschließenden aufwändigen Feuerwerk unterm Sternenhimmel.
Hillscheid. Der smarte Ortsbürgermeister Andreas Rath hatte die Erklärung für den „bärenstarken“ Ort am Fuße der Montabaurer Höhe parat: Hillscheid umfasse 1.400 Hektar Grund wovon 1.000 Hektar Wald seien. Rath verwies auf den aktuellen Trend „Waldbaden“, der ursprünglich aus Japan stammt und sich mit wissenschaftlichen Studien belegen lässt, die besagen, dass beim Spazieren durch den Wald und dem Einatmen der ätherischen Öle, die die Bäume in die Luft abgeben, das „Immunsystem gestärkt, Stresshormone, Angstzustände und Wut abgebaut werden“. Ist das also das Elixier, das zu fröhlichen und aktiven Gemeindemitgliedern in Hillscheid führt? Hella Wingender stammt ursprünglich aus Oldenburg, ist seit über 60 Jahren in Hillscheid gut verheiratet, kann das nur bestätigen: „Im Wald kommt man so schön runter“, sagt sie.
Schon im Ortsnamen komme die Bedeutung des Waldes zum Ausdruck. Hillscheid wurde unter dem Namen Hiensceit erstmals urkundlich erwähnt ab. Das spätere Hillscheid setzte sich aus den Worten Hill für Hirsch und Scheid für Wald zusammen. Und sofort fragt sich die aufmerksame Beobachterin, die am Ortseingang an zwei Bären auf einem Kreisel vorbei fuhr: Was hat dann „Hirschwald“ mit den dort dargestellten Bären zu tun? Ein Hinweis auf eine vermeintlich brummelige Art der Westerwälder? Weit gefehlt. Der Legende nach stellte man einen Zusammenhang mit den von Hillscheider Frauen auf Märkten außerhalb des Ortes früher verkauften hervorragenden Blaubeeren her, sie führten zur Bekanntheit, aus den Beeren wurde denn landläufig Bäären (mit ä gesprochen)
Die Römer, die hier nachweislich ein Kleinkastell und einen Limeswachturm errichteten, dürften mit Waldbaden und Blaubeeren nur am Rande zu tun gehabt haben. Sie steckten aber den „römisch- kultivierten Raum“ ab und drückten damit dem Ort einen unverwechselbaren Stempel auf. Engagierte Bürgerinnen und Bürger sahen in dieser Tradition touristisches Potenzial, bauten den Limesturm 1994 originalgetreu wieder auf und legten sogar einen römischen Nutzgarten an.
Selbstverständlich weiß hier schon jedes Kind, dass der Ton, die Keramik, der Stoff ist, für den auch Hillscheid in der Kulturlandschaft Kannenbäckerland bekannt ist. Dabei erlebte die keramische Industrie eine wechselvolle Geschichte. Heute gibt es in Hillscheid acht leistungsstarke keramische Betriebe. Um diese im Zeitalter der Massenware erfolgreich zu führen, braucht es immer wieder Fleiß, Mut und Durchhaltevermögen der Menschen. Diese Eigenschaften sind hier vorhanden, denn nicht umsonst steht der 2.500-köpfige Ort mit weiteren großen Industriebetrieben unterschiedlicher Art und einem Haushaltsvolumen von fünf Millionen Euro sehr gut da, so Ortsbürgermeister Andreas Rat. Staatsekretärin Dr. Nicole Steingast vom rheinland-pfälzischen Innenministerium überbrachte Geburtstagsgrüße und betonte auch ein bisschen wahlkampfgelaunt, dass das Land die Kommunen weiterhin mit Fördermitteln für Breitbandausbau, modernem Kita-Gesetz und stattlichen Geldern zur Förderung des Erzieher- und Erzieherinnenberufes unterstützen werde.
Landrat Achim Schwickert erläuterte, dass Hillscheid ja eigentlich mal zu Vallendar gehörte und Koblenz in jüngster Zeit nach weiteren Gebieten suche, die die Stadt „vereinnahmen“ könnte, aber die Identifikation mit dem Westerwald ist in Hillscheid sehr hoch. Der Schwickert-Test: Beim unmittelbaren Zuruf „Hui! Wäller?“ antworten die Bürgerinnen und Bürger prompt wie aus einem Mund „Allemol!“.
Verschiedene Chöre - darunter der MGV Hillscheid, Eintracht 1873, unter der Leitung von Helmut Best, ältester Verein von Hillscheid, der gemischte Chor Edelweiß e.V., der Kinderchor „Bunte-Töne“ unter der Leitung von Angela Siri - brachten musikalische Geburtstagsgrüße. Auch der Hillscheider Musikverein überraschte mit traditionellen und modernen Stücken. Sie alle stehen stellvertretend für ein reges Vereinsleben, welches in Hillscheid gleichermaßen auszeichnet gepflegt wird.
Nachdem Verbandsbürgermeister Thilo Becker vom nicht mundfaulen Hillscheider Ortsbürgermeister ein paar Seitenhiebe an die Höhrer (denn Höhr lag ja zur Römerzeit außerhalb des Limes, also des „römisch-kultivierten“ Bereiches) einstecken musste, stimmte jener versöhnliche Töne an. Bei der Gemeindegebietsreform 1972 hätten sich die Gemeinden Höhr-Grenzhauen, Hillscheid, Hilgert und andere immerhin „freiwillig“ zusammengeschlossen. Die Verwaltung in Höhr sei den Hillscheidern ein guter und verlässlicher Partner. Er überreichte dem Ortbürgermeister Andreas Rat einen Höhrer Hocker aus Keramik.
Und dann war es endlich soweit: Die Hillscheider Band „Bärenspiel“ mit dem allseits bekannten Sänger-Poeten Markus Fischer und seinen hervorragenden Jazz- und Rock-Musikern beschloss mit ebenso bekannten und beliebten Stücken den Festakt mit einem Konzert. Visuell konnte das dann nur noch ein Feuerwerk am Nachthimmel toppen, welches, wenn nicht zu sehen, sicherlich auch in Höhr zu hören war. SZ
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