„Blühtopia“: Zeig mir, wo die Blumen sind!
„Leben auf der Wiese kann man an Farben und Formen erkennen“, erklärt Gregor Ellwart der jungen Reisegruppe aus dem JUZ Montabaur, die vergangenen Dienstag in Begleitung von Jugendpfleger Roman Blaser und unter Leitung von Daniel Lipskey auf den Höhen von Bad Ems die Lebensräume Blühtopias erkundeten. Blühtopia – nomen est omen – ist ein „kleines Fleckchen“ Land im Naturpark Nassau, gekennzeichnet durch Reichtum an heimischen Wildblühern und Kleinbiotopen. Das Ganze in Hanglage, wo sich Hecken und artenreiche Wiesen ablösen; darin integriert: Obstbäume.
Montabaur. Iris Brahms und Gregor Ellwart erwarben es vor einigen Jahren und hüten seitdem die Artenvielfalt wie einen Schatz. Blühtopia ist „Partnerbetrieb Naturschutz Rheinland-Pfalz“. Durch Pferdehaltung werden die Wiesen schonend und partiell begrast – ein großer Unterschied zu der konventionellen Mähtechnik, wo am Ende kaum Lebensraum für die Bewohner bleibt.
Bereits auf dem Weg vom Parkplatz zum Blühtopia-Gelände hat Daniel Lipskey auf den Unterschied zwischen Leben auf Blühflächen und Monokultur hingewiesen. Gut zu sehen für alle, da Maisfeld und Blühstreifen direkt nebeneinander liegen. Wo in Phacelia Bienen summen, ist am Mais nichts zu sehen und nichts zu hören. Auch Bodenverwehung ist ein Thema, als die Gruppe das abschüssige Gelände hinuntergeht: „Seht Ihr den Unterschied?“, fragt Daniel L. die Kinder, als sie am Fuß des Feldes ankommen. Die Pflanzen sind kleiner und auch dürrer, der Boden steiniger und karger. „Hier hat der Wind den Humus davongeweht.“ Humus ist die fruchtbare, oberste Schicht der Erde. Offene Böden werden abgetragen, die Fruchtbarkeit lässt schnell nach.
Auf dem Rundgang über die Wiesen, der größtenteils im Gänsemarsch stattfindet um die Pflanzen nicht unnötig zu zertreten, begegnen den Kindern und Erwachsenen eine Vielzahl von Blumen, Kräutern, Insekten und sehr besondere Obstbäume. „Das ist eine Myrobalane“, zeigt Gregor einen Baum, der auf den ersten Blick wie ein Mirabellenbaum aussieht, „sozusagen die Mutter aller Pflaumen! Sie hat sich wild gesetzt. Auf ihr können alle pflaumenartigen Sorten wie Reneklode, Mirabelle, Zwetschge und was es da sonst noch alles gibt, veredelt werden.“ Weiter geht es mit dem gelernten Obstbaumwart zu Apfelbäumen, wovon einer das beträchtliche Alter von 150 Jahren bereits erreicht haben mag. Sehr imposant wirkt er und auch gesund, da ist die Wirtschaftlichkeit nachrangig.
„Bestes Schmetterlingswetter ist heute“, freut sich Ellwart. So können die Besucher neben dem Schachbrettfalter, der auf einer Flockenblume scheinbar ausruht, noch viele andere der bunten filigranen Vertreter fliegen sehen. Heuschrecken, Bienen, Käfer... es kreucht und fleucht auf den Wiesen und in den Hecken. Kein Wunder bei der Vielzahl an Wildblumen, die hier wachsen. Schafgarbe, Margeriten, Wegwarte, Odermennig, blühendes Labkraut und zahlreiche andere bieten Nahrung und Heimat für so viele kleine Bewohner. Gregor Ellwart fragt immer wieder ab, welche Pflanzen die Kinder denn so kennen. Der Lerneffekt ist hoch.
Die Hecken bieten neben den Insekten auch Schlangen, Vögeln, Igeln, Rehen, Wildschweinen und Füchsen eine Heimat. „Der Fuchs hat die Kaninchen abgelöst, die sind nun umgezogen“, erklärt Gregor Ellwart. Die Kinder freuen sich darüber, können sie nun auch Fuchsspuren betrachten. „Die Trockenheit in diesem und im letzten Jahr fordert Opfer.“ Die Teilnehmer passieren einen vertrocknenden Holunderbaum. „Der Holunder wächst am liebsten auf Wasseradern, durch die Austrocknung stirbt er.“ So bekommen die Kinder auch einen Einblick in die Problematik der Trockenheit, die nicht nur Obst- und Gemüsebauern sowie Winzer betrifft, sondern am Ende uns alle.
Nach vielen Eindrücken in der Natur neigt sich der Ausflug nach Blühtopia dem Ende zu und findet seinen Ausklang bei einem Picknick unter einer schattenspendenden Eiche. Entspannt wirken die Kinder und Fragen gibt es auch noch.
Vorausgegangen sind diesem Abenteuer in der Natur eine Reihe von Treffen zum Thema; ebenfalls unter Leitung von Daniel Lipskey. Hier wurden bereits verschiedene Seiten von Artenvielfalt und die Wichtigkeit der Bienen und Insekten beleuchtet. Da die Kinder nun mit dem Thema erfolgreich „infiziert“ wurden, bestehen schon Ideen zu weiteren Ausflügen. (Claudia Heinrich-Börder)
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