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Nachricht vom 20.10.2019    

HG. Butzko erschütterte Hachenburg

Von Helmi Tischler-Venter

Wer zu einem Kabarettabend mit HG. Butzko geht, sollte sich mit Helm und Schutzweste wappnen, denn der Mann schießt scharf. Verbal treffsicher und mit schmerzhaften Spitzen. Er trifft jeden, der je ein Handy benutzt oder im Internet recherchiert hat. Das hat Butzko intensiv und investigativ selbst erledigt. Und er kam im Silicon Valley zu erschütternden Ergebnissen.

"Kein Fake, alles sauber recherchiert." HG. Butzko beim Auftritt in Hachenburg. Fotos: Wolfgang Tischler

Hachenburg. Seine Erkenntnisse mit dem Titel „Voll im Internet“ brachten die Zuhörer in der Stadthalle Hachenburg am Samstagabend, 19. Oktober wechselweise zum Lachen und Weinen. Denn der Kabarettist verglich seine analogen Berufsanfänge 1997 mit der digitalen Entwicklung bis heute. Unverkennbar: Die Zeiten haben sich geändert. „Die Älteren werden sich erinnern“, zog sich als roter Faden durch das Programm.

1997 war Amerika das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, jetzt ist es das Land der begrenzten Unmöglichkeiten. Das Problem sind die Wähler. Auch hierzulande, denn 12,6 Prozent haben eine Partei gewählt, die den politischen Anstand zu Grabe trägt, das war ein Urnengang der besonderen Art. Früher hatte jedes Dorf einen Depp. Durch Facebook können die sich jetzt miteinander unterhalten. In der deutschen Politik der letzten 20 Jahre wurden Unsummen für die Bankenrettung ausgegeben, aber jeder Cent für Bildung zweimal umgedreht.

Heimliche Handy-Benutzung im Zuschauerraum während der Vorstellung regt den Künstler auf. Wie er das von der Bühne aus erkennt, demonstrierte er mittels dunkler Bühne: Sein blau-grünes Handy-Licht von unten verlieh dem Gesicht ein gruseliges Aussehen.

Butzko und die Älteren erinnern sich an die ersten riesigen Handys, die wie ein Brikett am Kopf aussahen. Das DSL-Kabel ist die Lösung aller Probleme, es löste eine Aufmerksamkeitsdefizitepidemie aus. Durch dauerndes Handyglotzen wandelt sich die Evolution von „Survival oft he Fittest“ zu „Survival of the Verpeiltest“. Das Handy ist bereits die Unfallursache Nummer eins. Zwanghafter Handy-Drang ist eine gefährliche Sucht, denn Digitalisierung fällt nicht vom Himmel. Hardware, Software, Algorithmen sind von Menschen gemacht, von Nerds, also von privilegierten, kinderlosen Egozentrikern mit sozialen Defiziten – Mathe/Physik 1, Sozialkompetenz 0 – die alles mit 0 und 1 programmieren und ein Gerät mit einem weiblichen Namen entwickelt haben: Alexa. Wenn eines Tages ein Kind seine Eltern fragt „Was ist eigentlich zwischenmenschlich?“ wird die Antwort lauten: „Da musst du Alexa fragen!“



Es werden immer mehr Apps herausgebracht, damit Menschen mehr Zeit damit verbringen. Mehr Zeit bedeutet mehr Daten und damit mehr Einnahmen. Digitalisierungskonzerne sind Imperien der Zeitverwendung und des Konsumverhaltens.

Kindern ein Handy zu geben, bezeichnet der Kabarettist als Gewaltanwendung, denn Entzugserscheinungen bei Kindern halten tagelang an. Variable Belohnung macht süchtig. Die Top-Manager und Entwickler im Silicon Valley schicken ihre Kinder auf Privatschulen, in denen striktes Handy-Verbot herrscht, weil sie um die Schattenseiten dieser Technik besorgt sind. Computer-Nerds ändern die Welt und die Grundlagen unserer Gesellschaft, denn das Begreifen und Erfassen geschieht bei Kindern auf dreidimensionaler haptischer Grundlage. Trotzdem investiert die BRD Milliarden in die Digitalisierung von Schulen. Im Konsens mit Christian Lindner, der sagte: „Digitalisierung first, Bedenken second.“

Es gebe immer mehr Rassisten im Land, meint Butzko, aber keiner bekenne sich dazu. Sexismus ist wie Rassismus: Männer verhalten sich diskriminierend gegenüber Frauen, denn für Männer ist es eine Unmöglichkeit, Frauen zuzuhören. Sogar die Sprache ist sexistisch: Es gibt keinen weiblichen Gegenbegriff zu „Herrschaft“ oder „Mannschaft“. Sprache kann so herrlich dämlich sein, erkennbar an dem anachronistischen Begriff „herrenloses Damenfahrrad“.

Mit Perücke gab Butzko einen Alt-Achtundsechziger, der über die Änderung der Sprache durch die Digitalisierung sinniert: Rechner, Brenner, Browser, Software, Clickrate, Sharing, Cookies, Chips und Ähnliches haben eine neue Bedeutung und teilweise auch eine neue Orthographie bekommen. Die Älteren werden sich erinnern…an die analoge Bedeutung. htv


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