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Nachricht vom 01.02.2020    

Ortsumgehung Rennerod: sinnvoll oder zerstörerisch?

Von Helmi Tischler-Venter

Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) lehnt die geplante B 54-Umgehung in Rennerod aus Naturschutzgründen ab und will zudem den Durchgangsverkehr für den Schwerlastverkehr sperren. Die Naturschützer sehen die Ruhe und den Naturwert im (Hohen) Westerwald gefährdet. Da es auf den ersten Blick nicht logisch erscheint, dass LKW-Verkehr weder durch Rennerod noch um den Ort herum fahren soll, hat der WW-Kurier Bürgermeister Gerrit Müller um Stellungnahme gebeten.

Diese gewachsene Kulturlandschaft würde durch die Umgehungsstraße zerstört. Foto: Naturschutzinitiative e.V. (NI)

Rennerod. „Die dramatischen und für jedermann offenkundigen Artenrückgänge müssten eigentlich zu der Erkenntnis führen, dass eine weitere Zerstörung von Natur und Landschaft nachdrücklich verhindert werden muss“, erklärte Dipl.-Biologe Konstantin Müller, Vorstand der NI. Die anderen an der B54 gelegenen Orte würden von einem solchen Durchfahrtverbot ebenfalls profitieren, meint die NI.

Das westlich von Rennerod gelegene Gebiet umfasst weitläufiges Grünland, an das sich wertvolle Waldflächen anschließen. Durch die geplante Umgehungsstraße würden große Teile dieser Flächen versiegelt und zerstört, die Waldbereiche voneinander abgeschnitten und die angrenzenden Flächen des Vogelschutzgebietes „Westerwald“ erheblich beeinträchtigt. Dadurch würde die Eignung als Lebensraum für Wildtiere massiv beeinträchtigt. Während für das Vogelschutzgebiet „Westerwald“ verschiedene gefährdete Vogelarten als Zielarten gelistet sind, ist es gleichermaßen Lebensraum anderer Tiere und darunter auch solcher, die gemäß der europäischen FFH-Richtlinie geschützt sind. „Darunter fällt zum Beispiel die Europäische Wildkatze, deren Lebensraum nicht beeinträchtigt oder sogar zerstört werden darf. Das haben wir hier bei der streng geschützten Art sehr genau im Blick“, betonte Wildkatzenexpertin Gabriele Neumann, NI.

Gleichermaßen stellt das Gebiet einen wichtigen Naherholungsraum dar, der unter anderem auch den Westerwaldsteig mit einschließt. Das politische Drängen auf den Bau einer Umgehungsstraße und die Verkehrspolitik allgemein hält die NI in jeglicher Hinsicht für wenig verantwortlich.

Die Thematik der Umgehungsstraße Rennerod stehe beispielhaft dafür, dass sich die Verkehrspolitik insgesamt ändern müsse, damit die Natur, die den Menschen eine Lebensgrundlage bietet, nicht weiter zunichte gemacht wird.

Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) hat im Rahmen der „ergänzenden Offenlage“ mit Hilfe juristischer Unterstützung eine umfassende naturschutzfachliche Stellungnahme zu den Planungen abgegeben. „Im Falle einer Genehmigungserteilung wird die NI die weiteren rechtlichen Schritte einschließlich einer Klage prüfen und auch durchführen“, so Konstantin Müller und Gabriele Neumann.

Darauf erwidert Verbandsbürgermeister Gerrit Müller:
Was die NI vergisst ist, dass neben Fledermäusen, Wildkatzen und anderen Wildtieren auch die Menschen vor Ort und die Anwohner der B 54 in Rennerod ein Recht haben, dass sie in einem guten Lebensumfeld wohnen und arbeiten können sowie innerörtlich keiner übermäßigen Abgas-/Feinstaub-und Lärmbelastung durch den massiven Durchgangsverkehr ausgesetzt werden. Die hohe Verkehrsfrequenz in Rennerod ist durch Untersuchungen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die Umgehung hinlänglich belegt. Die B 54 Ortsumgehung Rennerod wäre nicht schon seit vielen Jahren im Bundesverkehrswegeplan, der nach rein sachbezogenen Gesichtspunkten aufgestellt wird, in der vordersten Priorität, wenn hier nicht tatsächlich Handlungsbedarf bestünde.

Ebenso werden durch die fehlende Umgehung und das dadurch bestehende Nadelöhr „Ortsdurchfahrt Rennerod“, wo gefühlt 24 Stunden am Tag „Hauptverkehrszeit“ ist, Bürger aus dem Umkreis von Rennerod gezwungen, die Stadt mit ihren Einkaufsmöglichkeiten zu meiden und in weiter entfernten Orten ihre Besorgungen zu erledigen. Es ist weder nachhaltig, noch umweltfreundlich, wenn wegen der fehlenden Umgehung das wohnortnahe Grundzentrum Rennerod gemieden werden muss.



Die Forderung der NI nach einer Sperrung der Hauptstraße Rennerod für den Schwerlastverkehr ist ein „alter Hut“, der nicht zu Ende gedacht ist. Die B 54 hat als Bundesstraße gerade die Funktion überörtlichen Verkehr zu führen und ist die kürzeste Verbindung zwischen der A3 Limburg und A45 Burbach/Siegen. Eine Sperrung ist aufgrund dieser Einordnung rechtlich überhaupt nicht möglich. Selbst wenn eine Sperrung möglich wäre, würde sie den Verkehr nicht reduzieren, sondern nur auf andere umliegende Orte umleiten. Diese hätten dann den „schwarzen Peter“ und die zusätzliche Belastung. Das ist wenig nachhaltige Politik nach dem „St.-Florians-Prinzip“.

Es lässt sich rechtlich und tatsächlich nicht vermeiden, dass die B 54 für den Durchgangsverkehr genutzt wird. Es lässt sich aber durch den Bau der Umgehung vermeiden, dass dieser Verkehr durch die enge, dicht bewohnte Renneroder Innenstadt geführt wird. Der mit der Trassenführung verbundene Eingriff in die Natur wird durch präventive Überlegungen bereits in der Planung und durch umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen im unmittelbaren Umfeld auf ein Mindestmaß begrenzt. Aber auch dem Lebewesen Mensch gebührt Beachtung, wenn durch die Umgehung seine unmittelbaren Lebensbedingungen vor Ort deutlich verbessert werden. Ebenso werden seitens der zuständigen Planungsbehörde LBM die betroffenen Kommunen und die örtliche Landwirtschaft seit Beginn der Maßnahme eng in die Planungen einbezogen und ihre Interessen soweit als irgend möglich berücksichtigt.

Damit nicht zuletzt die Region Rennerod und die hier zum Teil schon seit Jahrzehnten ansässigen Betriebe wirtschaftlich nicht abgehängt werden, sind sie auf gute Anbindungen an die A3 und die A45 für den Arbeitnehmer-/Kunden- und Lieferverkehr angewiesen. Auch viele Pendler aus der Verbandsgemeinde, die gerne in ihrer Heimat im ländlichen Raum leben wollen, wegen ihrer Arbeitsstellen aber in die Regionen Rhein-Main oder Köln/Bonn fahren müssen, brauchen gut ausgebaute Verkehrsachsen, zum Beispiel auch zum ICE-Bahnhof Limburg. Nicht alles lässt sich im Homeoffice regeln und die ländlichen Regionen haben einen höheren Bedarf an Individualverkehr. Wenn wir als ländliche Region im Wettbewerb zu anderen, insbesondere städtischen Ballungszentren bestehen wollen, brauchen wir Arbeitsplätze vor Ort und eine gute Pendleranbindung an diese Zentren. Ansonsten geraten wir als Wohn- und Wirtschaftsstandort schnell auf das Abstellgleis. Ob das nachhaltig und der Zukunft der jungen Generation gerecht wird, muss bezweifelt werden.

Beide Zuschriften wurden von der Redaktion gekürzt. htv



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