Mysteriöse Krankheit lässt Meisen sterben
Eine Leserin des NR-Kuriers fand innerhalb weniger Tage in ihrem Garten vier tote Blaumeisen. Diese wurden aber offensichtlich nicht von einem Tier getötet, sondern starben aus einem anderen Grund. Alle Totfunde hatten ein verklebtes Auge, die Federn auf dem Kopf waren weniger und sahen aus, als wären sie nass, und die Schnäbel waren stets aufgerissen.
Neuwied. Bei ihrer Recherche fand die Leserin eine NABU-Seite, wo dieses seit März gemeldete Sterben thematisiert wird. Dort gibt es auch einen Meldebogen und es wird gebeten, die Blaumeisen einzuschicken, damit diese untersucht werden können. Es ist wichtig herauszufinden, wodurch die Blaumeisen sterben.
Derzeit grassiert eine bis jetzt unbekannte und scheinbar ansteckende Krankheit in der Vogelwelt, vor allem Blaumeisen scheinen betroffen zu sein. Ab 11. März wurden erste Fälle aus Rheinhessen in Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Regionen am Mittelrhein in Hessen bekannt. Bis zum 8. April wurden über 60 Fälle mit über 150 toten Meisen aus einer Region zwischen dem Westerwald in Rheinland-Pfalz über Mittelhessen bis ins westliche Thüringen bekannt. Um die Ausbreitung dieses neuen Phänomens und seine Auswirkungen auf Vögel zu erfassen und zu bewerten, bittet der NABU um die Meldung kranker oder toter Blaumeisen und das Einsenden von Proben zur Untersuchung.
Apathisch und aufgeplustert, die Augen verklebt
Von der jetzt auftretenden Krankheit betroffen sind anscheinend vor allem Blaumeisen, in einzelnen Fällen auch Kohlmeisen oder andere kleine Singvögel. Die erkrankten Vögel werden meist in der Umgebung von Futterstellen in Gärten beobachtet und fallen dadurch auf, dass sie nicht mehr auf ihre Umwelt reagieren. Es wurde beobachtet, dass Blaumeisen, die kurz darauf starben, apathisch und aufgeplustert auf dem Boden saßen und keine Fluchtversuche bei sich nähernden Menschen unternahmen.
Weitere mutmaßliche Symptome der Krankheit sind, dass die Vögel wirken, als hätten sie Atemprobleme, Teile des Kopfgefieders sind ausgefallen, die Augen wirken verklebt. Sie nehmen kein Futter mehr auf oder können anscheinend nicht mehr schlucken. Manche Meisen wirken, als hätten sie unstillbaren Durst.
Passt nicht zu bekannten Vogelkrankheiten
Angesichts der besonderen Betroffenheit von Blaumeisen und der Jahreszeit des Auftretens passt keine der bekannten kursierenden Vogelkrankheiten zum neuen Phänomen. Das von Stechmücken übertragene Usutu-Virus tritt im Sommer auf und befällt vor allem Amseln. Das in Deutschland neue West-Nil-Virus ist ebenfalls auf den Hochsommer beschränkt. Trichomoniasis benötigt ebenfalls sommerliche Temperaturen und äußert sich vor allem in einem Sterben von Grünfinken. An ungepflegten Futterstellen regelmäßig auftretende Salmonellen-Vergiftungen wirken ebenfalls nicht spezifisch auf Blaumeisen und sind bereits bundesweit verbreitet.
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Die beobachteten Symptome und die gehäuft gefundenen Blaumeisen – oft werden bis zu fünf tote Meisen aus einem Garten gemeldet – lassen vermuten, dass es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit handelt. Leider wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts über die Krankheit oder den Erreger. Es liegt nahe, dass die Krankheit besonders dort übertragen wird, wo viele Vögel aufeinandertreffen, worauf der übliche Fundort in der Nähe von Vogelfütterungen hinweist. Daher rät der NABU grundsätzlich dazu, bei Beobachtungen von mehr als einem kranken Vogel an Fütterungen, diese Fütterung und die Bereitstellung von Tränken sofort einzustellen – sozusagen als „Social Distancing“ für Vögel.
Auffällige Beobachtungen bitte melden
Helfen Sie, die Ausbreitung dieser neuartigen Krankheit bei Blaumeisen nachzuvollziehen, indem Sie Beobachtungen über das Meldeformular auf der NABU-Seite machen. Über dieses Formular sollten Sie melden, wenn Sie kranke oder vermutlich an einer Krankheit gestorbene Blaumeisen in Ihrer Umgebung feststellen. Bitte machen Sie dabei möglichst genaue Angaben zu Fundort, Funddatum und den näheren Fundumständen und zu den Symptomen der Vögel. Der NABU sammelt alle Daten, wertet sie aus und stellt sie weiteren Wissenschaftlern zur Verfügung. Diese einfache Methode hilft das Ausbruchsgeschehen zu verfolgen, geografisch zuzuordnen und mögliche Ursachen und Auswirkungen zu identifizieren. NABU/htv
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