Klara trotzt Corona, XXII. Folge
GASTBEITRAG | Die Limburger Pfarrhausermittler lassen sich nicht unterkriegen, auch nicht durch einen Infekt, den die schrullige Haushälterin Klara Schrupp in Panik für Corona hält. Pfarrer van Kerkhof muss nicht auf seine Mitkämpferin verzichten. Mit einer täglich neuen und aktuellen Episode erfreuen Christiane Fuckert und Christoph Kloft, die Autoren der Limburger Pfarrhausermittler, die Leserschaft.
Kölbingen. Klara trotzt Corona, Folge 22 vom 25. April
Heute klopfte van Kerkhof ohne Angst an Klaras Tür. Durch das Bild, das er sich in der vergangenen Nacht von ihr hatte machen können, wusste er, dass es ihr so schlecht nicht ging. Gegen drei Uhr hatte sie mit ihrem Kartoffelstampfer an die Wand hinter ihrem Bett geschlagen, und er in seinem pflichtbewusst oberflächlichen Schlaf im Nebenzimmer hatte sofort reagiert. Nur eine Tasse Pfefferminztee hatte sie haben wollen. Danach war es still geblieben.
Jetzt legte er das Ohr gegen die dicke Holztür und lauschte. Das gewohnte Schnarchen drang zu ihm durch, und er wollte sich gerade wieder nach unten begeben, als es im Innern schepperte. „Hach, der verflixte Wecker, jetzt ist er sicher kaputt“, vernahm er Klaras ärgerliche Stimme. „Herr Pfarrer! Herr Pfarrer! Kommen Sie doch mal!“
Van Kerkhof zählte bis fünf und klopfte kurz an, bevor er Klaras Schlafstube betrat. „Guten Morgen, liebe Klara. Wie fühlen Sie sich denn heute?“ „Gehen Sie doch weg mit Ihrer lieben Klara. Mir geht es bestimmt ziemlich schlecht.“ „Was meinen Sie mit bestimmt und ziemlich?“ „Dass ich das erst einmal selbst rauskriegen muss. Da, der Wecker ist runtergefallen. Gucken Sie mal, ob der noch funktioniert.“ Und als van Kerkhof das gleichmäßige Ticken hörte, konnte er Klara beruhigen: „Alles noch in Ordnung. Es ist acht Uhr zweiunddreißig.“
„Sie meinen, halb neun? Dann sagen Sie das doch auch. Jetzt ziehen Sie mal die Vorhänge auseinander und öffnen das Fenster. Und dann drehen Sie sich weg und gehen wieder raus.“ „Wie gewünscht“, gab van Kerkhof gut gelaunt zurück. Der Tonfall der kranken Klara zeugte hörbar von Besserung, und er tat wie geheißen.
„Ach, geben Sie mir doch noch meine Haarbürste dort auf dem Waschtisch.“ Der Pfarrer bemühte sich, Klara die Bürste und einen Handspiegel zu reichen, ohne ihr sein Gesicht zuzuwenden. Er wusste, dass sie sich morgens am liebsten erst einmal selbst ein Bild von sich machte. Als er die Tür hinter sich zuzog, rief sie ihm nach: „Eine Tasse Tee hätte ich gerne noch. Hagebutte. Und die Packung Zwieback.“
Im Flur vollzog der Pfarrer eine angedeutete Verbeugung und stieg die Treppe hinunter. Er wollte jetzt einfach hoffen, dass seine Haushälterin ganz schnell wieder auf den Beinen war und nicht lange zum Liegen kam, damit ihre Gelenke nicht steif wurden. Als er kurz darauf mit einem Becher Tee zurückkehrte, musste er sich ein Lachen verkneifen. Durch das Bürsten umrahmten Klaras aufgestellte Wasserwellen ihr Gesicht wie ein Strahlenkranz.
„Was gucken Sie so? Sehe ich … sehr krank aus?“, befürchtete Klara mit ängstlichem Blick. „Im Gegenteil, Sie sehen aus wie die helle Sonne.“ „Plappern Sie nicht so ein dummes Zeug.“ Dann besann sie sich. „Sie meinen bestimmt, eine glühende Sonne? Holen Sie mal das Thermometer, bestimmt ist mein Fieber schon wieder gestiegen. Das ist so bei Corona. Eine ganz tückische, hartnäckige Krankheit ist das, kann ich Ihnen sagen.“ Ihre Stimme war mit einem Mal leise und krächzend geworden.
„Nun trinken Sie mal ein paar Schlucke Tee, das beruhigt den Hals“, schlug van Kerkhof vor, indem er ihr den Becher reichte. Danach ergriff er das digitale Thermometer und hielt es Klara vor die Stirn. „Oh, oh, Sie armer kranker Mensch“, sagte er mit mitleidvoller Miene.
„Was ist? Wie hoch?!“, schoss Klara in die Höhe und stützte sich mit entsetzt geweiteten Augen auf die Unterarme. „Nun schonen Sie mich nicht, ich kann die Wahrheit ertragen. Das muss ich ja, andere Infizierte müssen das auch.“
„37.1 … und? Was sagen Sie nun?“ Van Kerkhof zog den Mund in die Breite und wollte Klara damit ebenfalls zu einem erleichterten Lächeln verleiten. Doch diese ließ sich matt zurück ins Kissen sinken. „Das Thermometer muss kaputt sein. So, wie ich mich fühle, kann das nur ein falscher Wert sein.“
„Nein, meine Liebe. An meinem Kopf funktioniert es ja auch. Da, sehen Sie, ein ganz anderer Wert. Völlig fieberfrei. Und bei Ihnen sind das nur noch leichte Nachwirkungen. Wenn Sie gleich etwas gegessen haben, werden Sie sich wie ein Steh-auf-Männchen fühlen, warten Sie's ab.“ Er nickte ihr zu, um sich umgehend einen Rüffel einzufangen. „Wo ist eigentlich der Zwieback, Herr Pfarrer? Pah, Ihr Kopf ist nur so kalt, weil bei Ihnen da nicht mehr viel arbeitet!“
„Oh, ich eile.“ Damit zog er sich zurück und stieg abermals nach unten, mit dem guten Gefühl, dass dieser Tag für Klara einen beruhigenden Ausgang nehmen würde.
Gleich darauf knabberte sie an einem Zwieback, stöhnte ein paar Mal, um dann wieder einzuschlafen. Und er ließ sie schlafen bis zum Mittag, als er wie am Vortag mit einem Teller Suppe in ihr Zimmer kam. Dort fand er sie recht verzweifelt vor.
„Dass Sie sich noch mal hier oben blicken lassen … Hier kann man jämmerlich eingehen, bis der werte Herr Pfarrer sich mal heraufbemüht. - Ich brauche einen Corona-Test. Mir tun alle Gelenke weh. Und ich meine, da will auch ein Husten kommen. Suchen Sie schon die Nummer raus, wo man sich anmelden kann, und dann fahren wir da hin!“ Ihr Ton ließ keinerlei Widerrede zu.
„Meinen Sie wirklich? - Na gut, dann nennen Sie mir all Ihre Beschwerden und ich messe noch einmal Ihre Temperatur.“ Ein paar Minuten später begab sich van Kerkhof mit einer recht langen Symptome-Liste in sein Büro und telefonierte.
Als er zurückkam, stand seine Haushälterin im Morgenmantel auf wackligen Beinen vor dem geöffneten Kleiderschrank und füllte Nachthemden in eine Reisetasche.
„Die werden Sie nicht brauchen, liebe Klara. Mit Ihren Beschwerden können Sie getrost daheim bleiben, hat man mir soeben versichert. Wir sollen Sie weiterhin beobachten. Die Dame am Telefon sprach von leichten grippalen Symptomen, die in ein, zwei Tagen wieder vorbei sein müssten.“
Klara sah ihn skeptisch an. „Das hat sie gesagt? So schnell schon? Wenn die sich da mal nicht irrt!“ „Jetzt vertrauen Sie doch den Fachkundigen. Man wird dort mittlerweile Erfahrungen haben. Ach ja, und einen Gruß und gute Besserung soll ich Ihnen bestellen.“
„Das sollen Sie mir ausrichten? Oh, was für eine freundliche Frau!“, stieß Klara entzückt aus. Dann überlegte sie kurz. „Na ja, in dem Fall könnte ich wohl gleich mal runter auf's Sofa. Wenn Sie da ein paar Kissen auftürmen und mir die Wolldecke ausbreiten, esse ich doch meine Suppe lieber unten. Und dann könnten wir nachher vielleicht mal wieder die Corona-Nachrichten gucken. Gestern habe ich ja nichts mitbekommen. Und gerade zurzeit soll man sich ja regelmäßig informieren.“
„So ist es, liebe Klara, das sollten wir unbedingt so machen“, sagte der Pfarrer.
Klara Schrupp und Pfarrer Willem van Kerkhof wünschen Ihnen ein schönes Wochenende und melden sich am Montag wieder. (www.christoph-kloft.de)
Bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XXI. Folge
Klara trotzt Corona, XX. Folge
Klara trotzt Corona, XIX. Folge
Klara trotzt Corona, XVIII. Folge
Klara trotzt Corona, XVII. Folge
Klara trotzt Corona, XVI. Folge
Klara trotzt Corona, XV. Folge
Klara trotzt Corona, XIV. Folge
Klara trotzt Corona, XIII. Folge
Klara trotzt Corona, XII. Folge
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise
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