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Nachricht vom 01.05.2020    

Radwegebau im Westerwald : Mehr Hindernisse als Hoffnungsschimmer

Der Westerwald ist kein „Fahrradland“ und kann es so bald auch nicht werden! Ganz deutlich gilt das (trotz starker Zunahme der E-Bikes) für den Alltags-Radverkehr. Dafür, dass dies anders wird, passiert zwischen Rennerod und Montabaur sowie Ransbach-Baumbach und Wallmerod zu wenig. Auch die zuständigen übergeordneten Aufgabenträger machen keine Anstalten, dass sich das Tempo zur Umsetzung einer zukunftsfähigen Radverkehrsinfrastruktur verbessert – trotz aller Lippenbekenntnisse.

Die Forderung nach einem Rad- und Fußweg an der L 326 von Montabaur nach Holler und darüber hinaus ist seit vielen Jahren in der Region unüberseh- und unüberhörbar. Foto: privat

Horbach. Dafür ist die Nichtberücksichtigung des langen geforderten Radweges zwischen Montabaur und Holler und weiter ins Buchfinkenland im Radwegeinvestitionsplan des Landes ein überdeutlicher Beleg.

Ist es nun ein Schildbürgerstreich, ein Skandal oder nur die fortdauernde Vernachlässigung einer Region beim Radwegebau? Fakt ist, dass in diesem, kürzlich veröffentlichten Investitionsplan (IP) des Landes Rheinland-Pfalz für Radwege im Zuge von Landesstraßen für die Jahre 2019 bis 2023 kein einziges von 50 Projekten im Westerwald liegt. In den fünf Jahren davor wurde nur ein einziger von 45 Radwegen mit Landesmitteln gebaut.

Besonders groß ist die Enttäuschung im unteren Kreisteil, wo von Kommunalpolitik und vielen Bürger/innen schon seit zwei Jahrzehnten ein Radweg an der L 326 zwischen Holler und der Kreisstadt gefordert wird. In den letzten Jahren wird die Forderung auch von einer örtlichen Initiative mit vielen Aktionen und Argumenten nachhaltig vertreten und die Region steht dahinter. Wenn dies in Mainz und dem zuständigen Landesbetrieb Mobilität (LBM) in Diez zu keinerlei konkreten Vorgängen führt, muss ein Systemversagen vorliegen.

Was bedeutet Systemversagen? Allen ist klar, dass Radfahren gut ist und auch im Hinblick auf die Nach-Coronazeit viele Vorteile für die Menschen und die Region hat: Es macht Spaß, hält fit und gesund, ist zudem kostengünstig und schützt aktiv das Klima! Ziel muss es deshalb sein, dass immer mehr Menschen im Westerwald das Fahrrad auch für ihre alltäglichen Fahrten zur Arbeit, zur Schule und Ausbildung, zum Einkauf oder Arzt sowie in der Freizeit nutzen können. Dafür braucht es mehr sichere und plausible Radwegeverbindungen im Kreis. Doch das dafür zuständige politische „System“ reagiert nur mit Ausreden, schönen Worten und Vertröstungen, aber nicht mit handgreiflichen Plänen auf diese gesellschaftliche Herausforderung.

Das Systemversagen zeigt sich konkret am Beispiel des weiterhin ignorierten Radweges im Zuge der L 326 wie folgt: Die Region und Kommunalpolitik (VG und Stadt Montabaur sowie OG Holler und weitere anliegende Ortsgemeinden) stehen voll dahinter, wenn auch der spürbare Druck erst durch die Initiative kam. Das Land Rheinland-Pfalz in Form des zuständigen Verkehrsministeriums tut von sich aus nichts um Radwege in der Region Westerwald voranzubringen, verweist auf den Investitionsplan und den LBM Diez. Der LBM Diez seinerseits als zuständige regionale Fachbehörde verneint Zuständigkeiten rund um den Bau von konkreten Radwegen und verweist auf Weisungen von oben.

Zu guter Letzt kann der Westerwaldkreis schöne touristische Radwege herzeigen, hat aber die Herausforderung eines zu schaffenden Radwegenetzes für den Alltag wohl noch gar nicht erkannt. Und so dreht sich schon seit vielen Jahren alles im Kreis ohne einen minimalen Fortschritt in der Sache. Dieser Knoten muss jetzt durchschlagen werden, sonst gehen weitere wertvolle Jahre verloren.

Verbesserungen für Radfahrer mit Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO)
Der Bund hat mit der Reform der StVO die umfassende Chance vertan, sichere und klimafreundliche Mobilität konsequent zu fördern und dies als auch bauliche Maßgabe nach unten durchzureichen. Einige erfreuliche Verbesserungen gibt es durch Änderungen der StVO dennoch: So müssen Autos und Motorräder künftig einen Mindestüberholabstand von 1,50 Metern innerorts und 2 Metern außerorts (auch nach Corona!) einhalten. Überholen von Radfahrern geht also nur noch bei freier Gegenfahrbahn. Wenn der restliche Verkehr nicht behindert wird, dürfen Fahrräder jetzt auch nebeneinander fahren. Kommunen können Fahrradzonen einrichten, in denen Autos maximal Tempo 30 fahren dürfen. Auch ein „Grüner Pfeil“ für Radfahrende als neues Verkehrszeichen ist erlaubt. Zudem wird der Spielraum der Verkehrsbehörden für Modellversuche für Radverkehre erleichtert.



Nach Corona Verkehrswende auch im Westerwald?
Der am 29. August geplante Radwegeaktionstag im Westerwald wird von vielen Wällern wie dem Senior Wolfgang Wobido aus Westerburg unterstützt. Der engagierte Fachmann ist seit vielen Jahren als Moderator für die Verkehrswacht und den DVR (Deutscher Verkehrssicherheitsrat) tätig. Er sieht die Nach-Coronazeit als Chance für eine Verkehrswende mit mehr Rad- und weniger Autoverkehr auch in unserer Region. „Ich fühle mich in der Pflicht, dadurch für die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu sorgen“, so Wobido. Jetzt sei die Zeit, um unsere bisherigen Mobilitätsvorstellungen zu überprüfen, neu zu bewerten und die Prioritäten anders zu verteilen. Er hoffe, dass im Westerwald viel mehr Menschen ein normales Fahrrad oder ein E-Bike für den Alltagsverkehr entdecken…und damit auch was für ihre Gesundheit tun.

Mit Abstand das beste Verkehrsmittel
„Das Fahrrad ist zurzeit die beste Fortbewegungsart die es gibt! Jetzt ist der richtige Zeitpunkt um umzusteigen.“ Mit dieser Schlagzeile wirbt einer der größten deutschen Fahrradhändler derzeit auch im Westerwald und führt weiter aus: „Das Infektionsrisiko ist beim Fahrradfahren gering (bei Einhaltung der aktuellen Hygieneregeln). Man hält naturgemäß Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern und bleibt dazu noch an der frischen Luft. Und das ist nicht alles: Radfahren senkt den Blutdruck, trainiert die Lungenmuskulatur und sorgt für eine gute Durchblutung – und das sind die besten Voraussetzungen, deine Gesundheit zu erhalten. Ein weiterer Pluspunkt: gerade für Risikopatienten, denen die körperliche Betätigung schwerfällt, kann das E-Bike eine Lösung sein, sich schonend sportlich zu betätigen.“ Natürlich will das Unternehmen auch verkaufen, aber die Argumente stimmen trotzdem.

Wer Radwege sät, wird Radverkehr ernten
Es hat sich über die ganzen Jahre gezeigt und in die Verkehrssackgasse geführt: Wer Straßen sät, wird Autoverkehr ernten! Künftig soll im Westerwald gelten: Wer Radwege sät, wird Radverkehr ernten! Dafür wirbt der federführend vom VCD-Kreisverband organisierte Radwegeaktionstag. Die vielen Beteiligten und Unterstützer setzen sich dafür ein, dass mehr Leute Rad fahren können – ohne Gefahr für Leib und Leben.

Wer beim Radwegeaktionstag am 29. August dabei sein oder diesen in irgendeiner Form unterstützen will, kann sich wenden an Uli Schmidt per Mail uli@kleinkunst-mons-tabor.de. Alle die sich melden, werden in einen Mailverteiler aufgenommen und erhalten alle aktuellen Infos rund um den Aktionstag. Ob dieser wie geplant stattfinden kann oder verschoben werden muss, wird sich zeigen. (Uli Schmidt)


Mehr dazu:   Auto & Verkehr  
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