Siegener Kinderklinik informiert zum Welt-MS-Tag
Am 30. Mai ist Welt-MS-Tag. Rund um den Globus informieren Verbände, Kliniken, Apotheken, Schulen und Privatpersonen über die immer noch unheilbare Erkrankung. Ziel ist zur Solidarität mit den MS-Betroffenen aufzurufen, Aufmerksamkeit und Verständnis zu wecken sowie über die Erkrankung und ihre Auswirkungen auf alle Lebensbereiche aufzuklären.
Siegen. Was kaum einer weiß, ist, dass MS gar nicht so selten bereits in der Jugend diagnostiziert wird. Circa 3 bis 5 Prozent aller MS-Betroffenen entwickeln erste Symptome bereits vor dem 18. Geburtstag. In Deutschland leben schätzungsweise 6.000 Menschen, bei denen die MS schon in der Kindheit oder Jugend begonnen hat. Jedes Jahr werden 150 bis 200 Kinder und Jugendliche in Deutschland mit MS neu diagnostiziert. Daher möchte das Team der Abteilung Neuropädiatrie der DRK-Kinderklinik Siegen um Chefarzt Dr. Martin Pritsch und Fachärztin Dr. Larissa Seemann den Aktionstag nutzen, um auf die Arbeit mit jugendlichen Betroffenen und deren Angehörigen hinzuweisen.
Was genau ist Multiple Sklerose?
Eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems. Körpereigene Abwehrzellen greifen die Schutzschicht der Nervenfasern (Myelinscheiden) an. Es entsteht eine Entzündungsreaktion, die zum langsamen Abbau der Myelinscheiden führt. Als Folge tritt eine Funktionsstörung der betroffenen Nerven auf, die sich in vielfältiger Weise äußern kann. Nicht selten sind es Seh- oder Hörstörungen, Störungen der Gefühlswahrnehmung in Armen und Beinen, der Sicherheit beim Gehen und des Gleichgewichts. Später kommen meist weitere Beschwerden hinzu, zum Beispiel Ermüdungserscheinungen, eine Schwäche in den Beinen, Blasenprobleme, Koordinationsstörungen oder Schmerzen. Muskellähmungen können ebenfalls auftreten, was langfristig zu schweren Behinderungen führen kann.
In Deutschland sind laut offiziellen Statistiken über 200.000 Menschen von MS betroffen, dabei erkranken Frauen etwa dreimal häufiger daran als Männer. Die Krankheit tritt nahezu in jedem Lebensalter auf, auch Kinder und Jugendliche sind davon betroffen. Aktuell sind etwa drei bis fünf Prozent der MS-Patienten unter 16 Jahre alt. In Siegen versorgt das Team der Neuropädiatrie an der Kinderklinik rund 300 Jugendliche und junge Erwachsene mit neurologischen Krankheitsbildern, darunter auch einige junge MS-Patienten.
„Bis vor einigen Jahren dauerte es bei Kindern und Jugendlichen doppelt so lang wie bei Erwachsenen, bis die Diagnose „MS“ richtig gestellt wurde. Mit Hilfe der modernen Bildgebung und den neuen MS-Diagnose Kriterien ist es möglich schon frühzeitig festzustellen, ob MS besteht oder nicht“, erläutert Neuropädiaterin Seemann. Wenn bei einem jungen Patienten charakteristische Merkmale von MS und zusätzlich typische Schädigungen mittels Kernspintomografie (MRT) im Gehirn nachweisbar sind, dann kann ein Arzt die Diagnose MS stellen. Eine möglichst frühe Diagnosestellung ist wichtig, um möglichst schnell auch eine entsprechende Behandlung einleiten zu können. Je früher man mit der Behandlung beginnt, desto besser lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung bremsen und eine Behinderung hinauszögern.
Aber wie genau sieht die Behandlung aus?
Trotz aller Fortschritte in der Medizin ist die Multiple Sklerose nicht heilbar. Die Schubrate ist bei den Kindern höher als bei Erwachsenen. Die Symptome eines Schubes bilden sich jedoch bei Kindern und Jugendlichen rascher zurück als bei Erwachsenen. Hoch dosiertes Kortison, das der Arzt in die Vene spritzt, ist erste Wahl bei akuten Schüben. Sollte dies nicht ausreichend wirken und Beschwerden weiterhin bestehen oder zunehmen, kann man eine Blutwäsche (Plasmapherese) in Betracht ziehen. Solche Behandlungsformen erfolgen nur in spezialisierten MS-Zentren. Nach ersten Schüben wird der Arzt ein Medikament verordnen, das das Immunsystem beeinflusst (Immunsuppressive oder immunmodulatorische Substanzen). Diese hemmen die Entzündung und verringern Häufigkeit und Schwere von Schüben. Spezielle, in der Pädiatrie ebenfalls breit eingesetzte Therapieformen wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie tragen ebenfalls zur Linderung der Symptome bei und verbessern die Mobilität der Betroffenen. Einige der vielen Beschwerden lassen sich durch geeignete Medikamente lindern. Eine ausgewogene Lebensweise wirkt sich auf jeden Fall positiv auf die Krankheit aus. Stress sollten Patienten weitestgehend vermeiden. Auf jeden Fall sollten MS-Betroffene ihr Infektionsrisiko minimieren, indem sie sich zum Beispiel im Herbst gegen die Grippe impfen lassen. Denn Infektionen und die entsprechenden Abwehrvorgänge begünstigen Krankheitsschübe. „Trotz MS Erkrankung spricht nichts dagegen, weiterhin ein normales Leben als Familie zu führen. Die MS ist kein Grund, keinen Sport zu betreiben. Im Gegenteil: regelmäßige Bewegung kräftigt die Muskeln und stärkt das Immunsystem“, so Fachärztin Larissa Seemann.
Nähere Informationen zu den einzelnen Aktionen gibt’s auf www.dmsg.de/welt-ms-tag. (PM)