Orgelführer stellt besondere Wäller Instrumente vor
Die Wäller Orgeln sind Schmuckkästchen. Meistens keine Riesen, wie die Dom-Instrumente in Köln oder Frankfurt, aber so charmant, dass sie bei Orgelfreunden schon lange einen guten Ruf genießen. Das weiß auch der evangelische Dekanatskantor Jens Schawaller und stellt 24 von ihnen in einem Heft vor. Das lesenswerte Nachschlagewerk heißt „Die Orgeln im Evangelischen Dekanatskantorat Süd“ und lädt zu einem Streifzug durch die Kirchen der Region ein.
Montabaur. Den Leser erwarten in dem 50-seitigen Heft nicht nur Fotos der Instrumente, sondern auch interessante Angaben zu deren Geschichte und den Registern, also den Pfeifentypen, die deren Klangvielfalt ausmachen. Der Klang ist bei vielen Orgeln in den evangelischen Kirchen des Westerwalds übrigens ganz exquisit, findet Jens Schawaller: „Im Westerwald gibt es eine dominierenden Orgelbauwerkstatt – und das ist Raßmann“, sagt Jens Schawaller und erklärt, dass Raßmann-Orgeln einen fürs 19. Jahrhundert typischen Charakter haben. „Die Instrumente stammen aus der Frühromantik, also einer Epoche, in der ein eher warmer Klang vorherrschte.“ Ein Paradebeispiel für diesen vollen „Sound“ der Wäller Orgeln steht in der Montabaurer Pauluskirche – und ist interessanterweise keine Raßmann-Orgel, sondern eine von Georg Friedrich Wagner. Das Instrument von 1875 ist trotzdem Schawallers persönlicher Liebling, weil es den romantischen Klang mit einer sehr präzise spielbaren, mechanischen Tastatur vereint.
Doch selbst das hochwertigste Instrument klingt matt und kraftlos, wenn es nicht regelmäßig gepflegt wird. Glücklicherweise ist in den vergangenen 20 Jahren in diesem Bereich viel passiert, und die meisten Instrumente sind vernünftig überholt worden, sagt Schawaller: „Fast alle Instrumente in den evangelischen Kirchen der Region wurden renoviert, einige – zum Beispiel die Orgeln in Selters, Wahlrod und Wallmerod – sind komplettsaniert worden“, sagt der Dekanatskantor. Komplettsaniert bedeutet: Die Pfeifen (je nach Orgel sind das mehrere Tausend) werden ausgebaut, gereinigt, eingebaut und neu intoniert; die Spielmechanik wird erneuert, kurz: das ganze Instrument wird auf den Kopf gestellt. Solch eine Restaurierung kann schon mal mehrere Zehntausend Euro kosten, ist aber notwendig und sollte spätestens alle 20 Jahre erfolgen. „Falls die ausbleibt, leidet der Klang: Er wird unsauber, klingt matt, die Stimmung wird instabiler, und es können sogar Schäden entstehen“, sagt Jens Schawaller und nennt die Windanlagen der Orgeln als klassischen Schwachpunkt.
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Die meisten Instrumente, die Schawaller in dem Orgelführer vorstellt, sind aber in gutem Zustand. Und obwohl viele von ihnen aus der romantischen Epoche stammen, gibt es einige „Ausreißer“: Die in der Montabaurer Lutherkirche und in Wirges sind nur 49 beziehungsweise 34 Jahre alt und klingen nicht so wollig-warm wie ihre älteren Geschwister, sondern eher spritzig-spitz.
Doch welchen Orgeltyp man letztlich bevorzugt, ist Geschmackssache. Wichtig ist dem Dekanatskantor, dass an den Instrumenten nicht gespart wird. „Auf einer Orgel lässt sich alles spielen, nicht nur traditionelle Literatur oder Choräle, sondern auch Pop-Musik“, sagt er. „Sie ist ein Instrument, mit dem ein einziger Mensch einen ganzen Kirchenraum mit Klang füllen kann.“ Trotzdem glaubt Jens Schawaller, dass künftig weniger Orgeln gebaut werden. „Aber diejenigen, die wir haben, bleiben wichtig und sind erhaltenswert.“ (bon)
Die zehnte Auflage des erstmals 2006 veröffentlichten Heftes „Orgeln im Evangelischen Dekanatskantorat Süd“ ist ab sofort bei Dekanatskantor Jens Schawaller erhältlich: Telefon 0176/85612553, E-Mail: jens.schawaller@ekhn.de.
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