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Nachricht vom 23.07.2020    

Klara trotzt Corona, XXXVIII. Folge

GASTBEITRAG | Mit wöchentlich neuen Episoden möchten Ihnen die Autoren der Limburg-Krimis, Christiane Fuckert und Christoph Kloft, den Leserinnen und Lesern etwas Trost, Unterhaltung und hin und wieder vielleicht sogar ein Lächeln schenken, wenn Sie sehen, wie die schrullige Haushälterin Klara Schrupp und ihr gutmütiger Chef Pfarrer van Kerkhof ihren Alltag bewältigen. Heute publizieren wir die vorläufig letzte Folge.

Symbolfoto

Kölbingen. 38. Folge vom 23. Juli
Aus der oberen Etage waren kurze schnelle Schritte und gedämpftes Murmeln zu vernehmen.„Klara, mit wem unterhalten Sie sich denn? Haben Sie heimlichen Besuch?“, rief van Kerkhof gut gelaunt durchs Treppenhaus nach oben. Die Freude über die bevorstehende Reise zu seinen Verwandten war so groß, dass er sogar seiner Haushälterin gegenüber bewusst das Scherzen übertrieb und sich fast auf ihre verärgerte Reaktion freute. Und die fiel wie erwartet wirklich nicht freundlich aus.

„Hach, Sie immer mit Ihren dummen Fragen! Der einzige, der in den Monaten seit dem Corona hier im Haus war, war ja wohl Ihr Bruder Wim. Aber wenn Sie's wissen wollen: Ich habe unsere Koffer gerade gefragt, wie oft sie wohl schon mit uns in Holland waren. - Außerdem haben Sie die nicht lange genug gelüftet, Ihrer riecht immer noch nach den Matjes-Heringen, die sie uns beim letzten Mal mitgegeben haben. Wie kann man denn Heringe zwischen die Wäsche legen!“

„Die waren doch eingewickelt in Brotpapier“, verteidigte sich van Kerkhof grinsend, weil ihm schon jetzt das Wasser im Mund zusammenlief, wenn er an die belegten Fischbrötchen dachte, garniert mit Zwiebelringen und triefend von hausgemachter Remouladensoße.

„Außerdem ist in den Ecken immer noch Sand! Musste der Mann denn seine Gummistiefel da reinlegen! Wenn man nicht selber nach allem guckt … Na, mir soll's egal sein, dann müssen Sie sich halt jucken, wenn es in den Hemden kratzt. Wer weiß, was Sie dieses Mal alles mit heimbringen, womöglich Schlickwürmer und Muschelsplitter. Das räumen Sie mir aber dann daheim selbst aus. - Hm, ich packe die Koffer am besten gleich hier im Flur.“ Es schabte und dröhnte auf den Holzdielen, gleich darauf rief Klara nach unten: „Sagen Sie, wo haben Sie eigentlich die Box für unseren Willi versteckt? Hier in der Rumpelkammer ist sie jedenfalls nicht.“

Der Pfarrer brauchte nicht zu überlegen. „Im Schuppen, liebe Klara. Ich hole sie sofort.“ Van Kerkhof war nun doch froh, einen Grund zu haben, für ein paar Minuten das Haus zu verlassen. Wie es seiner Haushälterin nur immer wieder gelang, jede umfangreiche Aufgabe in Stress ausarten zu lassen … Aber Klara war eben Klara, dachte er, und solange er zurückdenken konnte, war sie nie anders gewesen.

Daher wusste er auch, dass er am besten noch einen Moment im Hausflur verharrte, weil ihr sein Gang zu dem kleinen Anbau an die Kirche den nächsten Denkanstoß liefern würde.

„Wenn Sie in den Schuppen gehen, bringen Sie auch gleich eine Tüte Katzenstreu mit. Ich hoffe doch, wir haben noch welche ...“, vernahm er auch umgehend von oben. „Sonst müssen Sie noch welche besorgen.“

Er konnte nur hoffen, dass der Kater sich dieses Mal nicht wieder während der langen Fahrt in seiner Transportbox übergeben musste. Aber das Tier hatte sich gut entwickelt und war mittlerweile weniger ängstlich und auch pflegeleichter geworden.

Mit Sicherheit würde Klara seine Verwandtschaft wieder oft genug maßregeln, wenn jemand dem kleinen Willi ungefragt Leckereien zusteckte. Doch alle dort kannten seine Haushälterin und wussten mit ihrer direkten Art gut umzugehen. Jetzt war er erst einmal gespannt auf die mehrstündige Fahrt. Ob Klara schon gleich nach der Auffahrt auf die Autobahn anfangen würde zu singen, wie sie es sonst immer tat? Ihrer Geschäftigkeit nach zu urteilen, lag es jedoch näher, dass ihr bereits nach dem ersten Kilometer etwas einfiel, das sie vergessen hatte einzupacken.

Wie auch immer – ihn konnte momentan nichts mehr erschüttern. Er sehnte sich schon so lange nach seiner geliebten Heimat und all den Menschen dort, dass es ihm gar nicht schnell genug gehen konnte, sich ins Auto zu setzen und auf das Gaspedal zu treten.

Wie es sich zeigte, gestaltete sich der Tag vor der Abreise aber noch recht anstrengend.

„Wir brauchen auch noch zwei kleine Reisetaschen, Herr Pfarrer“, erfuhr er, als er mit der Katzenbox aus seinem Anbau zurückkehrte. „Warum denn das? Wir bleiben doch nicht so lange, und bisher haben uns die beiden kleinen Koffer doch immer genügt, Klara.“

„Sie denken aber auch gar nicht mit, Herr Pfarrer! Was ist, wenn wir unterwegs blasen müssen oder wie die das mit den Corona-Tests machen? Dann stecken sie uns irgendwo in Quarantäne und wir müssen auf die Ergebnisse warten. Da wollen wir doch nicht unser ganzes Hauptgepäck mit reinschleppen, in die Sicherheitsbunker.“

Jetzt musste van Kerkhof laut lachen. „Sie haben in der Tat zu viel Fernsehen geschaut, meine Liebe. Niemand wird uns testen oder in einen Bunker bringen. Vielleicht fragt man uns, wohin wir reisen, und da können wir doch meine Familie als ein sicheres und begründetes Ziel angeben.“

„Dann testen sie uns halt auf der Rückfahrt. Nein, nein, ich will da jetzt schon die Gewissheit haben, dass alles für den Notfall vorbereitet ist. Stellen Sie sich doch nur mal vor, die Urlauber hausen da wie letztens auf dem Ballermann. Und unsereiner gerät zufällig bei einem Spaziergang zwischen das feiernde Volk. Da wird uns zusätzlich zur Quarantäne noch ein dickes Strafgeld aufgebrummt!“

„Ich glaube, uns beiden nimmt man ab, dass wir nicht zu den Wilden gehören“, sagte van Kerkhof, um einen lockeren Tonfall bemüht. Gern hätte er ihr gesagt, dass Derartiges in Holland nicht passieren werde, doch er konnte Klaras Bedenken nachvollziehen. Und wenn ihre Beruhigung aus zwei kleinen Reisetaschen bestand, sollte sie diese ohne weitere Diskussion auch haben.

Bevor er sich ins Wohnzimmer zurückzog, hörte er aus dem ersten Stock noch, wie sie ihre restlichen Ängste mit sich selbst besprach: „Hoffentlich haben die da in der Quarantäne keine großen Schlafsäle. Das wäre ja wohl das Letzte, da müsste ich mit lauter fremden Leuten in einem Raum schlafen, womöglich noch mit dem Herrn Pfarrer! Aber da wären die ja dumm, wenn sie alle zusammen einsperren würden, da könnten die sich ja gegenseitig anstecken ...“

„Ach, arme Klara“, sprach der Pfarrer vor sich hin und zog die Tür zu. Endlich war es so weit und van Kerkhof atmete durch. Der Kofferraum ihres Kastenwagens war vollgestopft wie für eine vierwöchige Sommerreise. Auf der Rückbank hatte sich Kater Willi in seiner kleinen Behausung zusammengerollt und erinnerte sich vielleicht an die letzte Fahrt, die seinem Katzenmagen solche Probleme bereitet hatte.



„Sie brauchen sich noch nicht anzuschnallen, Herr Pfarrer, das Garagentor ist noch offen.“ „Ah ja.“ Schon war van Kerkhof noch einmal ausgestiegen. „Sie können auch noch mal hinten am Schuppen gucken, ob da alles dicht ist, und auch noch mal an der Haustür.“

Als es dann endlich losging und sie rückwärts aus der Kieseinfahrt fuhren, meinte Klara wehmütig: „Wie traurig unser Häuschen aussieht mit all den geschlossenen Fensterläden.“ „Da gebe ich Ihnen Recht, meine Liebe. Aber wir haben ja vor wiederzukommen. Nicht wahr?“

Plötzlich bekam Klara große Augen. „Gucken Sie mal, wer da steht, Herr Pfarrer!“

Van Kerkhof staunte ebenfalls nicht schlecht, denn auf der egenüberliegenden Straßenseite stand eine Gruppe von Menschen, die jetzt allesamt mit ihren Taschentüchern winkten. „Pfarrer Tiedgen, mein evangelischer Kollege!“, rief van Kerkhof. „Und der Ilo, unser Stadtführer!“, ergänzte Klara. „Und die komische Nachbarin mit ihrem Mann!“ „Sie können es selbst jetzt nicht lassen“, sagte van Kerkhof lachend. „Aber sehen Sie doch, unsere Mareike ist auch gekommen. Das ist aber schön. Das treue Mädchen! Hat uns bei dem doofen Corona immer so schön eingekauft!“ „Und Frau Wischnewski ist auch dabei!“, freute sich der Pfarrer. „Also diese dumme Pute hätte ich jetzt wirklich nicht gebraucht!“, stöhnte Klara. „Nun ist es aber gut. Frau Wischnewski ist eine erstklassige Pfarrsekretärin, meine Liebe! Und bestimmt hat sie das alles hier eingefädelt. Sie wollte gestern genau wissen, wann wir fahren, und dann habe ich gehört, wie sie im Büro mehrmals telefonierte.“

„Deshalb kann ich sie aber immer noch nicht leiden! Aber egal jetzt ...“ Klara beugte sich plötzlich zu van Kerkhof, hielt eine Hand vor den Mund und zeigte mit der anderen so unauffällig wie möglich auf einen Mann, der neben dem Stadtführer stand. „Herr Pfarrer, wer ist das denn? Kennen Sie den?“, raunte sie ihrem Chef zu.

„Und ob ich den kenne! Das ist doch unser Bürgermeister!“ Klaras Augen wurden riesengroß: „Der Dr. Hahn? Er kommt, um uns zu verabschieden? Du liebe Zeit, das ist ja, als würde der Papst höchstpersönlich hier im Auto sitzen … Was für eine Ehre!“ „Das ist so, meine Liebe. Finden Sie nicht, dass Frau Wischnewski das ziemlich gut gemacht hat?“ „Glaube ich nicht“, erwiderte Klara spitz. „Den Herrn Bürgermeister hat bestimmt der Ilo mitgebracht! Auf so eine Idee kommt die doch niemals!“

Wie so oft schenkte sich van Kerkhof eine Antwort, zumal hinter ihm auf der Straße immerzu Autos vorbeifuhren.

„Jetzt ist frei. Sie können!“, kommandierte Klara wenig später. „Das Winken übernehme ich, konzentrieren Sie sich auf das Autofahren!“ Van Kerkhof setzte rückwärts auf die Straße und – hielt inmitten des Verkehrs an.

„Was machen Sie denn da?!“, stieß Klara entsetzt aus. „Beinahe wäre uns einer draufgefahren … und unser kleiner Willi auf der Rückbank ...“ „Niemand fährt uns ins Auto. Der Wagen hinter uns hat frühzeitig gebremst, und so viel Zeit muss jetzt einfach sein“, sagte er seelenruhig und kurbelte seine Scheibe herunter. Während gleich neben ihnen die kleine fröhliche Gruppe durcheinander „Gute Fahrt!“ und „Einen schönen Urlaub!“ rief, winkte der Pfarrer dem Abschiedskomitee aus dem Fenster zu. „Wir danken euch allen, ihr Lieben!“

Dann fuhr er hupend los. Die vertrauten Menschen im Rückspiegel wurden immer kleiner. Klara rückte sich auf ihrem Sitz zurecht und schnäuzte in ihr Taschentuch. „War das schön!“ „Wunderschön“, ergänzte van Kerkhof und fuhr sich über die Augen. „Wie ich diese Stadt liebe!“

Klara beäugte ihn sogleich kritisch von der Seite. „Heben Sie sich Ihre Rührung für später auf, Herr Pfarrer. Ich möchte heil in Holland ankommen.“ Mit der rechten Hand klammerte sie sich am Griff über der Beifahrertür fest. „Und wehe, Sie rasen! Dann steige ich sofort aus! Wenn ich unser schönes Limburg schon verlassen muss, dann will ich wenigstens gesund wieder zurückkommen!“

Klara Schrupp und Pfarrer Willem van Kerkhof freuen sich nun auf ihren Urlaub und möchten sich an dieser Stelle verabschieden. Sie bedanken sich bei allen Leserinnen und Lesern für die Aufmerksamkeit und wünschen eine erholsame und sorgenfreie Sommerzeit. Natürlich werden ihre Erlebnisse und Ermittlungen weitergehen, und im Herbst melden sich Klara und van Kerkhof mit einer kleinen Überraschung zurück! (www.christoph-kloft.de)


Alle bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XXXVII. Folge
Klara trotzt Corona, XXXVI. Folge
Klara trotzt Corona, XXXV. Folge
Klara trotzt Corona, XXXIV. Folge
Klara trotzt Corona, XXXIII. Folge
Klara trotzt Corona, XXXII. Folge
Klara trotzt Corona, XXXI. Folge
Klara trotzt Corona, XXX. Folge
Klara trotzt Corona, XXIX. Folge
Klara trotzt Corona, XXVIII. Folge
Klara trotzt Corona, XXVII. Folge
Klara trotzt Corona, XXVI. Folge
Klara trotzt Corona, XXV. Folge
Klara trotzt Corona, XXIV. Folge
Klara trotzt Corona, XXIII. Folge
Klara trotzt Corona, XXII. Folge
Klara trotzt Corona, XXI. Folge
Klara trotzt Corona, XX. Folge
Klara trotzt Corona, XIX. Folge
Klara trotzt Corona, XVIII. Folge
Klara trotzt Corona, XVII. Folge
Klara trotzt Corona, XVI. Folge
Klara trotzt Corona, XV. Folge
Klara trotzt Corona, XIV. Folge
Klara trotzt Corona, XIII. Folge
Klara trotzt Corona, XII. Folge
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise


Mehr dazu:   Coronavirus  
Lokales: Westerburg & Umgebung

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