Wie ein Soldat seinen Dienst in der Kirche erlebt
Seit 2003 ist Hermann Meyer engagiertes Mitglied im Kirchenvorstand der Rückerother Gemeinde und trägt aus Dankbarkeit für Gottes Handeln Verantwortung.
Rückeroth/Herschbach. Hermann Meyer ist ein Veteran – in zweierlei Hinsicht: Zum einen engagiert sich der vormalige Berufsoffizier schon seit 2003 im Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Rückeroth/Herschbach. 17 Jahre, die für ihn mehr als eine lieb gewonnene ehrenamtliche Tätigkeit sind. Für ihn ist es eine Berufung.
Zum anderen hat Meyer als Soldat schon viele kritische Situationen gemeistert. Er war in Auslandseinsätzen in Afrika, auf dem Balkan und in Afghanistan und ist das, was man früher landläufig als „Kriegsveteran“ bezeichnet hat: Er hat Erfahrungen gemacht, die einen Menschen prägen und hart werden lassen können. Doch Hermann Meyer wirkt nicht hart. Wenn der gebürtige Franke über seinen Glauben und von seiner Arbeit erzählt, tut er das mit bedächtiger, fast schon milder Stimme und sanft rollendem „R“. Vielleicht weil er weiß, was ihn trägt: „Ich bin aus Überzeugung Christ und habe Gottes Nähe in kritischen Einsatzsituationen hautnah erlebt. Die Frage ,Was würde Jesus tun?‘ hat mir in vielen Auslandseinsätzen der Bundeswehr oft geholfen.“
Dafür ist er Gott dankbar. Und er zeigt seine Dankbarkeit, indem er „Verantwortung in Gottes Weinberg übernimmt“, wie er es ausdrückt: „Gott hat uns mit Begabungen und Fähigkeiten ausgestattet, die wir nicht für uns behalten sollten. Wir können sie für die Menschen in unserem Umfeld einsetzen: in der Nachbarschaft, im Beruf, in Vereinen – oder in der Kirchengemeinde.“
Als er und seine Familie 1999 von der Oberpfalz in den Westerwald kommen, engagiert er sich in der damals noch sehr jungen Herschbacher Andreasgemeinde. Aufbauarbeit mit Vision, Initiative, Struktur und Beharrlichkeit kennzeichnen den zupackenden Offizier. Wenige Jahre später übernimmt er Verantwortung im Kirchenvorstand der Herschbacher Muttergemeinde Rückeroth. „In der KV-Arbeit geht es darum, Gemeinde zu gestalten. Ob auf geistlicher Ebene, im menschlichen Miteinander oder in Verwaltungsangelegenheiten. Denn Datenschutzgrundverordnung, Arbeitsschutzgesetze, steuerliche- und bauliche Fragen spielen eben auch bei der Kirche eine Rolle.“ Und so sperrig diese Themen manchmal auch scheinen, so wichtig sind sie, findet Meyer: „Wir als Kirchenvorstand kümmern uns darum und halten so den Pfarrpersonen und pastoralen Leitern den Rücken frei. Damit können die sich stärker denjenigen Dingen widmen, für die sie brennen: der Seelsorge und der Verkündigung.“
Kirchenvorstände sind als theologische Laien und aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung eher Experten auf anderen Gebieten, sagt Hermann Meyer. „Nicht jeder im KV muss ein Tausendsassa sein“, glaubt er. „Jeder und jede hat spezielle Fähigkeiten, und die möchte Gott zum Bau seiner Gemeinde einsetzen – ob es nun Zielgruppenarbeit, Personalführung, Organisation, Finanzielles, das Bauwesen oder die Öffentlichkeitsarbeit ist. Mein Rat für künftige Vorstände ist daher: Werdet Euch Eurer Gaben bewusst und fragt im Gebet danach, wo Ihr Euch am besten einbringen könnt. Zuerst beten, dann planen, dann handeln – und schließlich danken. Das ist eine gute Reihenfolge.“
Und Grund zur Dankbarkeit hat er in der intensiven Kirchenvorstandsarbeit allemal: Er erinnert sich natürlich an die besonderen ,Events‘, zum Beispiel an die vom Kirchenvorstand organisierten Missionswochen; an bereichernde Glaubenskurse in der Andreasgemeinde, außergewöhnliche Gottesdienste, große Feste. Aber das eigentlich Bewegende sind für Hermann Meyer diejenigen Erlebnisse, die sich gar nicht an einem bestimmten Datum festmachen lassen. „Es ist einfach erstaunlich, wie sich die Gemeinde durch neue Menschen stetig weiterentwickelt und dabei geistlich wächst. Selbst in Zeiten religiöser Indifferenz und rückläufiger Mitgliederzahlen kommen Leute beständig neu hinzu und fragen nach Gott in ihrem Leben. Dabei Ansprechpartner sein zu dürfen, ist eine wertvolle Erfahrung.“
Und eine ausgesprochen prägende, wie Hermann Meyer sagt. Denn während seiner Zeit im Kirchenvorstand hat er gelernt, den Blick über den eigenen Rand des Glaubenslebens hinausgehen zu lassen. Für ihn ist die Gemeinschaft mit anderen Christen ein echter Gewinn an Glaubensfülle und Lebensqualität, findet er: „Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, wenn mich gerade junge Menschen auf meine Höhen und Täler im Leben ansprechen – und darauf, wie ich Gott in diesen Zeiten erlebe. Solche Momente sind mir eine große Bereicherung und ermutigen mich jedes Mal aufs Neue, noch bereitwilliger auf andere zuzugehen.“ (bon)
Zur Person
Hermann Meyer ist 63 Jahre alt, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Er hat 40 Jahre aktive Dienstzeit als Berufsoffizier der Bundeswehr absolviert (zuletzt im Dienstgrad eines Oberst) und ist seit 2003 im Kirchenvorstand der Andreasgemeinde Herschbach, die zur Evangelischen Kirchengemeinde Rückeroth gehört.
Im Detail: Die Kirchenvorstandswahl 2021
Knapp 10.000 Frauen und Männer in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) setzen sich für ihre Kirchengemeinde ein und leiten sie gemeinsam. Sie tun dies ehrenamtlich, in ihrer Freizeit und meist mit großem persönlichem Einsatz. Und sie tun es gerne. Denn Engagement in und für die eigene Gemeinde lohnt sich.
Kindergarten, Seniorenkreise, Kinder- und Jugendarbeit, Konfirmandengruppen, Kirchenrenovierung, Familienzentrum, Posaunenchor, Gemeindefeste, Gottesdienste: So abwechslungsreich sind die Aufgaben eines Kirchenvorstands. Der Kirchenvorstand leitet zusammen mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer die Gemeinde und ist somit für Finanzen, rechtliche Fragen und Personal zuständig. Was er entscheidet, gilt. Jede einzelne Stimme zählt. Doch in der Gemeinschaft wird die Verantwortung geteilt. Persönliche Fähigkeiten und Kenntnisse ergänzen sich; es gibt Fortbildungen und Unterstützungsangebote. Die Erfahrung, miteinander etwas zu erreichen, verbindet und bewirkt Gutes für andere und die größere Gemeinschaft. Die Wahl der neuen Kirchenvorstände findet am 13. Juni 2021 statt.
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