"Neuverschuldung in schwierigen Zeiten vertretbar"
Mit der einstimmigen Verabschiedung des Nachtragshaushaltes für das Jahr 2010 trugen die Fraktionen des Westerwälder Kreistags in der jüngsten Sitzung im Kreishaus den aktuellen Anforderungen an den Haushalt des Kreises Rechnung.
Westerwaldkreis. Zwar trage das Zahlenwerk „deutliche Spuren der Krise“, so Landrat Achim Schwickert. Dennoch gebe es zwei Investitionsschwerpunkte: Maßnahmen aus dem Konjunkturprogramm in Höhe von 5,3 Millionen Euro sowie Investitionen „in den Bildungsstandort Westerwald“ in Höhe von 20,5 Millionen Euro. Der Preis für die Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsplan sei eine Netto-Neuverschuldung von 7,4 Millionen Euro. Dies halte er, so Schwickert, „vor dem Hintergrund der schwierigen Zeit für richtig und vertretbar“.
Die Schneelasten des zurückliegenden Winters hatten im Bereich Schulen und Immobilien besonders starke finanzielle Nachwirkungen auf den Ergebnishaushalt und führten zusammen mit höheren Kostenbeteiligungen für Schulen anderer Träger zu einem Mehraufwand von insgesamt 287.000 Euro. Hinzu kommen Mehrkosten in Höhe von 691.000 Euro durch den Aus- und Umbau von Kindertagesstätten und die Einrichtung von mehr Ganztagsplätzen.
Mehreinnahmen von 326.000 Euro hingegen verzeichnete der Kreis im Bereich Soziales sowie bei den Teilhaushalten Bauen, Recht und Kultur sowie Zentrale Finanzdienstleistungen. Unverändert geblieben sind die Zahlen der Bereiche Verwaltungsführung, Gesundheitsamt, Umweltschutz, Rechnungs- und Gemeindeprüfung sowie die Ansätze für Personalkosten.
Im Ergebnishaushalt erhöht sich der Fehlbetrag um etwa 411.000 Euro auf insgesamt rund 7,5 Millionen Euro. „Zieht man davon die nicht kassenwirksamen Abschreibungen in Höhe von netto 7,1 Millionen Euro ab, verbleibt ein Rest von etwa 430.000 Euro, der nicht ausgeglichen werden kann“, erklärte Landrat Schwickert dazu. Bei einem Gesamtvolumen des Ergebnishaushalts von etwa 180 Millionen Euro sei dies im Vergleich mit dem ursprünglichen Haushaltsplan eine Abweichung von nur 0,22 Prozent.
Sprecher aller Fraktionen stützten diese Einschätzung des Landrates. Ralf Seekatz (CDU) wertete die Investitionen in Schulen und Kindergärten als einen wichtigen Beitrag zur Bildungsförderung. Ebenso seien die Investitionen aus den Mitteln des Konjunkturprogramms eine bedeutsame Stütze für die heimische Wirtschaft in Krisenzeiten.
Für die SPD mahnte Dr. Tanja Machalet einen übersichtlichen Haushaltsplan an und warnte vor neuen Belastungen für den Kreis, die sich durch Beschlüsse der Bundesregierung ergeben könnten. Dies werde dazu führen, „dass es auch 2011 wieder einen Nachtragshaushalt geben wird“, befürchtete sie und kritisierte außerdem, dass 380.000 Euro aus Landeszuweisungen für den ÖPNV nicht genutzt worden seien.
Peter Müller hob für die FWG die hohen Personalkosten bei den Kindertagesstätten in Höhe von rund 35 Millionen Euro hervor, die sich gegenüber dem Haushaltsplan somit um 700.000 Euro erhöht hätten. Gleichzeitig nannte er die Maßnahmen im Bereich der Tagesstätten und das damit verbundene Betreuungsangebot für Kinder einen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der auch für den Westerwald ein wesentlicher Standortfaktor sei. Mit Blick auf die Zuschüsse für Baumaßnahmen im Bereich der Kindertagesstätten fragte er allerdings kritisch an, „ob die vorgegebenen Standards in vielen Fällen nicht deutlich überzogen sind“. Positiv wertete er die zurückgegangenen Aufwendungen für Hartz-IV-Leistungen, was vor allem auf die positiven Entwicklungen am heimischen Arbeitsmarkt zurückzuführen sei.
Für die FDP wertete Klaus Koch den Nachtrag als Beispiel für die „solide Haushalts- und Finanzpolitik“ des Kreistags. Mit dem Fehlbetrag von rund 411.000 Euro habe der Kreis im Ergebnishaushalt „wesentlich weniger Gesamtsaldo zu stemmen als im vergangenen Jahr“. Koch sprach von einer erfreulichen Minderung des Gesamtkreditbedarfs. Dennoch sei der Kreis weiter zum Sparen gezwungen. Der FDP-Sprecher kritisierte das Defizit beim Betrieb des Stöffelparks als eine „Baustelle“, bei der den Ausgaben von rund 300.000 Euro Einnahmen von nur 60.000 Euro gegenüber stünden. Er forderte den Ausstieg des Kreises aus dem Zweckverband.
Nur wenige kritische Anmerkungen gab es auch auf Seiten von Bündnis 90/Die Grünen, für die Eva Ehrlich-Lingens Zustimmung zum Zahlenwerk des Nachtragshaushalts signalisierte. (art)
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