Aus Personalmangel auf der COVID-Station
Wie Pflegeschülerinnen in der Pandemie die Praxis lernen - Auszubildende in der Pflege werden durch Personalmangel deutlich mehr belastet - Der Praxisanleitung bleibt weniger Zeit für Betreuung der Auszubildenden - Pflegeschüler/innen werden durch große Eigenverantwortung motiviert.
Altenkirchen/Asbach/Hachenburg. Personalmangel am DRK-Krankenhaus in Altenkirchen: Michelle Hübner, 22, im zweiten Lehrjahr ihrer Pflegeausbildung, wird gefragt, ob sie auf der isolierten COVID-Station einspringen kann. Zunächst hat sie Bedenken, mit den COVID-positiven Patienten zu arbeiten. Doch die Sorgen verfliegen schnell: „Wir müssen den Patienten schließlich helfen“, sagt Hübner realistisch.
Auf der COVID-Station geht ihr Arbeitsalltag zunächst normal weiter – nur hinter dicken Schutzmasken. „Wenn man zwei Stunden lang unter der massigen Schutzkleidung das Frühstück verteilt, schwitzt man schon unglaublich“, sagt Hübner. Dazu kommt die psychische Belastung. Patienten kriegen kaum Luft, flehen nach Schmerzmitteln, viele sind über Monate allein auf der Station. Einige sterben. Patienten mit Demenz geraten in Panik, weil sie sich vor Hübner in der Schutzkleidung erschrecken. Das nimmt auch die Pflegeschülerin mit. Am Ende ihres Einsatzes am DRK Krankenhaus in Altenkirchen ist sie erschöpft. „Es war wirklich hart. Auch auf der normalen Station war der Personalmangel enorm“, berichtet Michelle Hübner nach ihrem letzten Tag.
Weniger Zeit für Betreuung
Aktuell bleibt zu wenig Zeit für die Betreuung, findet Anette Hönscheid von der DRK Kamillus Klinik in Asbach. Sie arbeitet als Krankenschwester auf der neurologischen Station und ist Praxisanleitung und lehrt mehrere Pflegeschülerinnen und Pflegeschüler an. „Viele von ihnen leiden darunter, dass sie durch den Fernunterricht weniger Erfahrung haben, wie man mit Patienten umgeht“, erklärt Hönscheid. Zum Beispiel putzen sie den Patienten die Zähne, ohne dies je zuvor an Modellen geübt zu haben. Ein paar Auszubildende seien überfordert. Ohne praktische Übung würden die Schüler/innen oft ins kalte Wasser geworfen.
Auch in Asbach sind viele Pflegekräfte an die isolierte COVID-Station gebunden. Dadurch bleiben einige Auszubildende ohne Betreuung zurück. „Viele Schülerinnen gehen super damit um und greifen uns Pflegekräften toll unter die Arme, manche machen sich aber auch einen Lenz.“
Höhere Eigenverantwortung gefordert
Unterstützen, wo sie nur kann: Das ist ein Wunsch von Susanne Voth. Sie ist froh, schon in der Ausbildung beim Kampf gegen die Pandemie zu helfen. „Wir Schülerinnen werden oft vergessen“, erzählt die 20-Jährige, „doch auch wenn wir nicht auf der COVID-Station arbeiten, nehmen wir den Pflegekräften unheimlich viel Arbeit ab.“ Stolz erzählt sie, wie oft sie den Pflegekräften bei Corona-Verdachtsfällen schon helfen konnte. Durch die Pandemie sei schon von den Schüler/innen viel mehr Verantwortung gefordert. Das spornt Voth an. Auf ihren nächsten Einsatz auf der psychiatrischen Station in Andernach.
Währenddessen geht die Ausbildung am DRK Bildungszentrum in Hachenburg weiter. Schulleiterin Corinna Kronsteiner-Buschmann sind die Herausforderungen der Schülerinnen und Schüler bewusst: „Die Situation in der pflegerischen Praxis kann sich nur entspannen, wenn mehr Pflegeinteressierte ausgebildet werden.“ Um den Pflegenotstand zu überwinden, sei die Ausbildung das wichtigste. (PM)
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