Leiter von Intensivstation: „Der nächste Schlag ins Gesicht“
Von Daniel-David Pirker
Im Dezember hatte Dirk Lang einen ausführlichen Facebook-Beitrag geteilt, der eine riesige Resonanz-Welle ausgelöst hatte. Nun gab der Leiter der Hachenburger Intensivstation erneut einen Einblick in den Alltag seiner Einrichtung, der auf großes Interesse stieß. Die Kuriere sprachen mit ihm.
Hachenburg/Region. Den Termin für das vereinbarte Gespräch mit den Kurieren musste Dirk Lang verschieben. Kurzfristig musste er für eine Kollegin den Nachtdienst übernehmen, wie der Leiter der Hachenburger Intensivstation erklärt. Die Extraschichten seien kein Einzelfall – im Gegenteil. Gerade der Nachtdienst sei ein Problem.
Der gut vernetzte Krankenhausmitarbeiter berichtet zwar, dass die Belegungen von Corona-Patienten in den Intensivstationen tendenziell nach unten zeigten. Doch in Hachenburg ziehe die Belastung wieder an. Dirk Lang rechnet damit, dass sich dieser Trend verfestigt. Der Grund: Die Mutationen des Corona-Virus, die ansteckender sind. Momentan seien die Hälfte der Betten seines Bereichs mit Covid-19-Patienten belegt, die immer schwer krank und damit hochgradig betreuungsintensiv seien.
Letztlich erledigten die kleinen Kliniken wie Hachenburg die gleiche Arbeit wie die großen Einrichtungen mit der Ausnahme eines Lungenersatzverfahrens (ECMO). Die Arbeitsbelastung sei also immer noch immens für ihn und sein Team. Die Corona-Patienten müssten mittlerweile zusätzlich zum Regelbetrieb versorgt werden. Hinzu kommt: Die im ersten Lockdown aufgeschobenen OP-Termine würden nun nachgeholt. Das ganze System stünde dadurch vor dem „Überlaufen“.
Langs Zwischenfazit: „Im Großen und Ganzen hat alles ganz gut funktioniert – aber nur dank des Ausnahme-Einsatzes des Personals. Die Mitarbeiter wünschen sich, irgendwann wieder in normales Fahrwasser zu kommen.“ Seit 30 Jahren ist Dirk Lang in der Intensivmedizin tätig. Schon zu seinen Berufsanfängen habe es einen Mangel an Fachmitarbeitern gegeben. Seinen Arbeitgeber nimmt er hier in Schutz. Man versuche neues Personal anzustellen, doch der Markt sei schlicht leergefegt. Gerade Nachwuchskräfte seien schwer aufs Land zu locken. In Hachenburg könne man insofern zufrieden sein, da es gelungen sei, jüngere Pfleger aus dem Siegerland oder dem Rheinland anzulocken. Seine Intensivstation sei noch vergleichsweise gut besetzt, auch wenn man sich natürlich immer mehr Unterstützung wünsche.
Doch diese Einschätzung darf nicht über das hinwegtäuschen, was Lang nun in einem neuen Facebook-Post anprangerte. Darin schrieb er: „Wir haben bis heute keine Prämie erhalten, die unzähligen Überstunden werden besteuert oder für kleines Geld ausgezahlt. Und jetzt der nächste Schlag ins Gesicht.“ Damit zielt der Leiter der Intensivstation auf die Impfsituation für das Personal ab. Ein Hoffnungsschimmer hätte die zugesagte Versorgung mit den hochwirksamen Impfstoffen von Biontech oder Moderna sein können, erklärt er den Kurieren. Immerhin waren er und seine Mitarbeiter„massiv Aerosolen ausgesetzt, haben abgesaugt, bronchoskopiert , das alles in wasserdichter Schutzkleidung und FFP 3 Maske. Nonstop im Dreischichtbetrieb und wenig Personal. 365 Tage/ 24h“, wie er auf Facebook anschaulich beschrieb.
Doch laut der Impfverordnung des Bundes-Gesundheitsministeriums sollen nun die 18- bis 64-jährigen Krankenhausmitarbeiter bis auf Weiteres mit dem Vektorimpfstoff von Astra Zeneca geimpft werden. Nachweislich wirke dieser Impfstoff deutlich schlechter und greife nur unzureichend bei den Mutationen, mit denen in den nächsten Wochen zu rechnen sei.
Ärgerlich sei zudem, dass sich einige Krankenhausträger frühzeitig Biontech-Impfstoffe gesichert hätten. Wie auch immer das vonstattengegangen sei. Jedenfalls greife der Solidaritätsgedanke nicht und es seien Mitarbeiter aus Verwaltung und medizinfremden Bereichen geimpft worden. Seiner Meinung nach hätte man in den Kliniken zunächst alle Mitarbeiter impfen sollen, die in den kritischen Bereichen arbeiten, also Notaufnahme, Intensivstation und Isolierstation. „Wir sind enttäuscht und frustriert. Das passt nicht, Herr Spahn, wie so vieles nicht“, heißt es abschließend in seinem Facebook-Post.
Dirk Lang ergänzt den Kurieren gegenüber, dass er sich gewünscht hätte, übrig gebliebenen Impfstoff solidarisch unter den Einrichtungen zu verteilen. Lange mussten seine Mitarbeiter auf den immunisierenden Piks warten. Nun, in dieser Woche, stünde lediglich Astra-Zeneca-Wirkstoff zur Verfügung. Noch vor kurzem habe die Impfbereitschaft seines Teams bei 90 Prozent gelegen. Nun sei sie aus Frust auf 0 Prozent gesunken. Den Mitarbeitern bleibe nichts anderes übrig, als die Faust in der Tasche zusammenzuballen und sich das schlechter wirkende Serum spritzen zu lassen. Sein demoralisierendes Fazit: „Es bleibt ein fader Beigeschmack.“ (ddp)
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