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Nachricht vom 05.11.2010 |
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Kultur |
Geschichte eines Westerwälder Kriegsverbrechers vorgestellt |
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Geschichten von Kriegsverbrechern kennen wir nicht allzu viele. Meist werden die Opfer des Dritten Reiches thematisiert. Carsten und Wolfgang Gerz aus Oberrod schrieben nun ein Buch über einen Westerwälder Kriegsverbrecher: Wilhelm Dörr aus Emmerichenhain. Der junge Mann war SS-Oberscharführer. Am Freitagabend stellten die Autoren ihr Buch vor. |
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Rehe. „Ein Schuss in den Hinterkopf“ – so lautet der Titel des neuen Buches von Carsten und Wolfgang Gerz. Es erzählt die Geschichte eines jungen Mannes aus Emmerichenhain, der im Dritten Reich SS-Oberscharführer war und nach Kriegsende hingerichtet wurde. Am Freitagabend stellten sie ihre jahrlange Forschungsarbeit im Dietrich Bonhoeffer-Haus in Rehe der Öffentlichkeit vor.
Wilhelm Dörr wurde im Jahr 1921 in Merenberg geboren. Ab 1928 wuchs er in Emmerichenhain auf. Hier arbeitete er als Landwirt auf dem Hof seines Vaters. 1940 meldete er sich freiwillig bei der deutschen Wehrmacht, bei der er zunächst abgelehnt wurde. Daraufhin bewarb er sich bei der Waffen-SS. Dörr wurde im KZ Oranienburg bei Berlin stationiert und Anfang des Jahres 1944 in das Arbeitslager Mittelbau-Dora bei Nordhausen in Thüringen versetzt. Seit September 1944 war er im Außenlager von Mittelbau-Dora Kleinbodungen tätig. Dort waren rund 620 Häftlinge zur Zwangsarbeit inhaftiert. Vor den herannahenden Alliierten evakuierte Dörr zusammen mit dem Lagerführer Xaver Stärfel die Häftlinge in das KZ Bergen-Belsen nördlich von Hannover. Auf diesem langen Fußmarsch soll Dörr einige Häftlinge, die versuchten zu fliehen, erschossen haben. Am 11. April 1945 kam der Evakuierungstransport in Bergen-Belsen an, vier Tage später befreiten die Briten das KZ und verhafteten Wilhelm Dörr. Im Herbst des Jahres 1945 wurde Dörr wegen seiner Verbrechen zum Tode verurteilt. Im Dezember 1945 wurde er hingerichtet.
Während Wolfgang Gerz sein neues Buch vorstellte, berichtete er auch, wie schwierig und langwierig teilweise die Recherchearbeit gewesen sei. Sein Sohn Carsten und er gingen die Strecke, die Dörr im Frühjahr 1945 mit den Häftlingen marschiert war, ab und suchten nach Zeitzeugen. Sie forschten in verschiedenen Archiven und studierten Prozessprotokolle. Dies alles trugen sie nun in ihrem Buch „Ein Schuss in den Hinterkopf“ zusammen.
Musikalisch umrahmt wurde der Abend von Saxophonstücken der Musikerin Dajana Jones. Pfarrer Uwe Herrmann von der Evangelischen Kirche in Rennerod sprach eingangs einige nachdenkliche Worte. Tanja Kaminski von der Katholischen Kirche Elsoff trug zwei sehr traurige Gedichte vor. Carsten Gerz versuchte zu verdeutlichen, welche Menschen das waren, die wie Wilhelm Dörr im Dritten Reich gehandelt haben. Sein Fazit: „Das waren Menschen, wie wir.“ Es seien keine Unmenschen gewesen. Die Geschichte könne sich heute ähnlich abspielen, wenn wir nicht immer wieder für Demokratie kämpften. Abschließend referierte Dr. Georg Lilienthal, Leiter der Gedenkstätte Hadamar, wo im Dritten Reich so genannte geistige Kranke ermordet wurden. Er nahm sich der Frage an, warum immer wieder über dieses Thema gesprochen werden müsse. Viele Familien, deren Vorfahren in Hadamar ermordet worden seien, interessierten sich nun für dieses Thema. Im Anschluss entstanden bei einem Glas Wein angeregte Gespräche unter den Gästen.
Das Buch von Carsten und Wolfgang Gerz, Ein Schuss in den Hinterkopf. Die Geschichte des Kriegsverbrechers Wilhelm Dörr, kann bei der Schreibwerkstatt Schrift:gut in Westernohe unter Tel. 02664/ 99 19 248 erworben werden. (jut) |
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Nachricht vom 05.11.2010 |
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