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Nachricht vom 05.05.2021 |
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Region |
Experten-Forum: Rettung für die Sieg? |
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Ein Online-Forum der SGD Nord befasste sich mit dem aktuellen Zustand der Sieg und deren Zuflüssen. Demnach schnitt die Sieg nur mäßig ab, Nister, Heller und Hanfbach fielen komplett durch. Auch der Daadenbach hat sich noch nicht erholt. Die Kuriere waren für Sie dabei. |
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Region. Ende 2020 veröffentlichten die Struktur- und Genehmigungsbehörden (SGD) Nord und Süd einen Entwurf zu den geplanten Maßnahmen 2022 bis 2027 zur Umsetzung der Europäischen Waserrahmenrichtlinie. Seither können sich interessierte Mitbürger per Onlinedialog informieren und eigene Anregungen oder Ideen beitragen. Jedes Dialogforum behandelt einen anderen Flusslauf in Rheinland-Pfalz. Bei der 13. Veranstaltung dieser Reihe, die gleichzeitig die siebte Veranstaltung durch die SGD Nord war, wurde die Sieg und deren Einzugsgebiet thematisiert.
Aktuell wird der Zustand der Sieg mit „Mäßig" bewertet, die Zuflüsse Mittlere Nister und Heller sogar mit "Ungenügend". Dabei galt gerade die Nister noch Ende der 1980er Jahre als eines der gesündesten Fließgewässer Deutschlands. Seitens der chemischen Belastung fällt der Hanfbach negativ auf, hier seien die anderen Sieg-nahen Gewässer noch im grünen Bereich.
Fachleute stellten sich dazu Fragen aus der Bevölkerung. Mehrere Dutzende interessierte Anwohner meldeten sich an und diskutierten mit oder hörten und sahen per Videostream einfach zu.
Moderator Barry Hackh führte die interessierten Besucher technisch durch die verschiedenen virtuellen Räume. Ein einleitender Kurzfilm wies darauf hin, dass ein gesundes Ökosystem gerade in den Flüssen die Artenvielfalt erhöhe, was wichtig sei, um als natürliches System die Gewässer rein und lebendig zu halten. Hauptverursacher der Gewässerschäden seien Überdüngung der Böden und die Industrie.
SGD-Abteilungsleiter Wasserwirtschaft, Joachim Gerke, und Dr.Thomas Lenhart (Regionalstellenleiter Wasserwirtschaft in Montabaur) führten in die Thematik ein. Seit 20 Jahren gebe es die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bereits, um die lebenswichtige Ressource Wasser für den Menschen und die Natur zu schützen. Vor etwa zehn Jahren wurden die ersten Maßnahmen in Rheinland-Pfalz unter der Leitung der SGD Nord und Süd umgesetzt. Eine halbe Milliarde Euro wurde dafür bereit gestellt. Die SGD arbeitet an der Realisierung der Richtlinie in enger Zusammenarbeit mit der Schiffsverwaltung, der Industrie und Landwirtschaft, sowie mit den Kommunen und Verbandsgemeinden.
Die erste Etappe bis 2015 stand unter einem guten Stern, denn die Werte verbesserten sich im gleichen Zeitraum etwas. Dann jedoch wurden die Zahlen während der zweiten Etappe bis heute wieder schlechter. Gerke begründete dies in erster Linie mit dem Klimawandel und den Dürresommern 2018/19. Aber auch dichtere Messungen und strengere Umsetzung der Richtlinie würden sich in den Zahlen spiegeln.
Über die Zustandsbewertung der Gewässer erklärte Gerke, dass mehrere Parameter getrennt voneinander untersucht würden. Um die Qualitäten vergleichen zu können, sind in einer Norm Grenzwerte zum chemischen und ökologischen Zustand festgelegt. Die schlechteste Bewertung eines einzelnen Parameters ergibt die Endnote. Wird also nur ein Parameter mit Mangelhaft bewertet, gilt der Gesamtzustand ebenfalls als mangelhaft.
Die Besonderheit der Sieg sei geprägt durch den Bergbau in der Vergangenheit, die lokal spezifische Natur und die mittelgebirgstypische Hanglage. Die Umsetzung der Maßnahmen wird erschwert, da verschiedene Verwaltungseinheiten entlang des Flusses zusammenarbeiten müssen. Die nördlichen Zuflüsse sind ja sogar im Verwaltungsbereich Nordrhein-Westfalen, also eigentlich außerhalb der Zuständigkeiten der SGD.
Die Besucher des Forums konnten nach dieser Einleitung in unterschiedliche Diskussionsgruppen switchen. Jeder Fachbereich wurde von einem Experten betreut. Schwerpunktthemen waren "Gewässerstruktur" mit Gerhard Schlösser, „Durchgängigkeit" mit Thomas Meuer, „Stoffeinträge in Oberflächengewässer" mit Henning Heine und „Grundwasser" mit Dr. Friedhelm Fritsch.
Gewässerstruktur
In der Vergangenheit machte sich der Mensch daran, Flüsse zu begradigen, Ufer zu befestigen und die Flüsse in ein künstliches Bett zu zwingen. Heute wissen wir längst, dass dieser Eingriff in die Natur ein Fehler war. Die Artenvielfalt wurde dezimiert, Flüsse treten immer wieder über die Ufer, das reicht hin bis zu fatalen Überschwemmungen. Die Renaturierung der Sieg, in Fachkreisen als Morphologie bezeichnet, mache inzwischen Fortschritte, wie Gerhard Schlösser aufzeigte. Dazu gehören Strukturverbesserungen, naturnahe Ufergestaltung und Beschattungen, auch um dem Klimawandel paroli zu bieten. „Man muss nicht immer alles aufräumen“, konstatierte Schlösser, umgestürzte Bäume oder Totholz könnten ohne weiteres zur Renaturierung beitragen, solange sie nicht weggeschwemmt werden könnten und dadurch zum Risiko würden. Manchmal sei es sinnvoll, die Natur sich selbst zu überlassen. So können wir auch von ihr lernen. Kritik hingegen kam von den Besuchern vor allem wegen der Flächennutzung direkt neben der Sieg. Die Zuständigkeiten bei der Vergabe von Industrieflächen oder landwirtschaftlicher Nutzung seien manchmal zu unübersichtlich. Schlösser bejahte zwar, dass die Einflussmöglichkeiten nur begrenzt seien, hingegen müssten alle vergebenen Flächen die Regularien einhalten.
Durchgängigkeit
Thomas Meuer zeigte anhand einiger Beispiele auf, wie die Durchgängigkeit der Gewässer in den letzten Jahren optimiert wurde. Die Durchgängigkeit ist für Lachse existentiell wichtig. Dieser Fisch, der im Meer gefangen wird, kehrt zum Laichen nämlich immer wieder zurück an seine Geburtsstätte in den Oberläufen der Bäche und Flüsse. Kann er diese nicht erreichen, hat die gesamte Population ein mächtiges Problem. In der Vergangenheit wurde dieser Zusammenhang nicht erkannt. Überall versperren zum Teil noch heute Mühlen und industrielle Wehre den Fischen den Zugang. Umgehungsgerinne oder Fischrampen ermöglichen es den Tieren die Wehre zu passieren. Allerdings braucht die Natur zusätzliche Zeit, um sich zu erholen. Obwohl die Durchgängigkeit der Wehranlage im Daadenbach längst umgesetzt wurde, sei der ökologische Zustand noch immer schlecht. Dies werde sich in den nächsten Jahren ändern, bis 2027, so schätzt Meuer, werde sich die Population erholt haben. Dies zeige, dass sich die Erfolge nicht zeitnah einstellen ließen, Langfristig werde sich die Natur aber zu bedanken wissen. Die Besucher drängten daraufhin auf entsprechende Umsetzung bei den Wehranlagen Euteneu und Freusburger Mühle.
Stoffeinträge
Henning Heine musste sich einer heißen Debatte stellen. Vor allem die Phosphate in den Fließgewässern ließen die Emotionen der Besucher zum Teil überkochen. Einige waren gut vorbereitet und untermauerten ihre Argumente mit Fakten, mit denen Heine offensichtlich nicht gerechnet hatte. So konnten zwar nicht alle Einwände zufriedenstellend beantwortet werden, aber die Prämisse war klar: Demnach leiten derzeit zwei Kläranlagen ihre Abwässer direkt in die Sieg ein. Weitere Kläranlagen leiten ihre Abwässer in die Zuflüsse ab. All diese Kläranlagen sollen bis 2027 umgerüstet werden, um den Phosphoreintrag in die Sieg deutlich zu reduzieren. Schon jetzt aber, stellte Heine klar, seien die Abwässer keineswegs eine Kloake, sondern klares Wasser, auch wenn es belastet sei.
Grundwasser
Dr. Friedhelm Fritsch wurde aus Rheinhessen zugeschaltet. Er hat jahrelang als Düngerberater fungiert und machte auch keinen Hehl daraus, dass er sich im Oberwesterwald und im Einzugsbereich der Sieg nur wenig auskenne. Lange galt die Region um die Sieg herum im Vergleich zur Eifel als unproblematisch und war auf Landesebene wenig im Gespräch. Daher begrüßte Fritsch es besonders, dass sich der Blick darauf jetzt ändere.
Als Joachim Gerke zuvor allgemein verkündete, dass die Grundwasserentnahme noch immer Rheinland-Pfalz-weit geringer sei, als die Grundwasserneubildung, meldeten sich einige Besucher zu Wort, die am Beispiel Hachenburg auf die knappen Wasserbestände in den Dürresommern hinwiesen. Demnach sei der Grundwasserpegel in Hachenburg um 25 Prozent gefallen. Dr. Fritsch bestätigte die sinkenden Pegel anhand von Statistiken. Mit einer Tabelle verglich er die Mittelwerte einmal aus den Jahren 1952 bis 2002 im Gegensatz zu den Mittelwerten der Jahre 2003 bis 2021. Hier zeigt sich tatsächlich ein Temperaturanstieg von einem Grad, ein verringerter Niederschlag von acht Prozent, sowie ein sinkender Grundwasserpegel um 25 Prozent. Bei zunehmendem Klimawandel werden hier ganz sicher weitere Maßnahmen erforderlich.
Daneben habe die Tierhaltung einen erheblichen Einfluss auf die Nitratkonzentration der Böden und damit auch im Grundwasser. Auch unter diesem Aspekt habe es erst jüngst Neuerungen gegeben. So verpflichtet zum Beispiel die Düngeverordnung von 2020 die Landwirte dazu, die tatsächliche Düngung aufzuzeichnen.
Resümee
Trotz aller engagierten Maßnahmenergreifung sind bei weitem in Rheinland-Pfalz viele Ziele noch nicht umgesetzt worden. Im Bereich der Morphologie fehlen 79 Prozent und im Bereich der Durchgängigkeit 58 Prozent. Der ursprüngliche Zeitplan der Wasserrahmenrichtlinie, der schon jetzt in der Verlängerung ist, wird nur schwer einzuhalten sein.
Immerhin sieht Joachim Gerke in den aktuellen Beschlüssen der Bundesregierung auch eine Chance für die Wasserqualität. So prognostizierte er, dass die Quecksilberverunreinigungen einiger Gewässer nach dem Abschalten der Kohlekraftwerke zurückgehen werden.
Die SGD wird auch weiterhin im Zuge der Öffentlichkeitsarbeit Onlineforen anbieten. Unabhängig davon kann jeder Mitbürger Äußerungen und Stellungnahmen noch bis zum 22.Juni 2021 an folgende E-Mail-Adresse richten: wrrl@sgdnord.rlp.de
Weitere Informationen unter www.wrrl-rheinlandpfalz.de (Thomas Sonnenschein)
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Nachricht vom 05.05.2021 |
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