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Nachricht vom 28.05.2021
Politik
Sozialforum warnt vor verfestigter Ungleichheit
Einmal arm, immer arm! Die Corona-Pandemie verschärft auch im Westerwald die soziale Ungleichheit weiter. Dies ist eine auch durch den neuen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung bestätigte Tatsache.
Prof. Dr. Christoph Butterwegge mit MdB Gabi Weber im Gespräch bei einer Veranstaltungen des Forums Soziale Gerechtigkeit in Montabaur. Fotos: privat
	
Montabaur. Das Forum Soziale Gerechtigkeit nimmt den Bericht besorgt zur Kenntnis und fordert auch auf kommunaler Ebene in der Region sich dieser für unser Gemeinwesen gefährlichen Entwicklung entgegenzustellen.

Schon zum Jahreswechsel 2020 hatte das Forum Soziale Gerechtigkeit in einem „Bericht zur sozialen Lage im Westerwald“ darauf hingewiesen, dass aus der lange andauernden Corona-Krise auch bei uns eine soziale Krise zu werden droht. Denn schon vor Veröffentlichung des „Bundesarmutsberichtes“ war erkennbar, dass die Krise die Ärmsten besonders hart trifft! Schon wiederholt hat das Forum in den vergangenen Jahren unter Beteiligung vieler Expertinnen und Experten auf die zunehmende gesellschaftliche Ungleichheit hingewiesen. So war unter anderem der wohl bundesweit bekannteste Armutsforscher Prof. Dr. Christoph Butterwegge bei zwei Veranstaltungen dabei und hat schon vor Corona eindringlich auf die bestehenden Gefahren für unsere Gesellschaft hingewiesen.

„Die Entwicklung ist trotz eines Jahrzehnts mit stabilem Wirtschaftswachstum und Rekordbeschäftigung im Westerwald besorgniserregend“, stellt Forumssprecher Uli Schmidt fest. Dies habe nicht spürbar zu einer Verringerung der lokalen Armut geführt, sondern die Situation aktuell noch verschärft. Es brauche jetzt und für die Zeit nach Corona eine entschlossene Stärkung des Sozialstaates und wirksame Investitionen in den sozialen Zusammenhalt auf allen Ebenen, auch wenn die Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene begrenzt seien. Hoffnungsvoll ist, dass die Hilfsbereitschaft bei vielen Wällern offensichtlich zunimmt. Dafür gibt es jedoch keine belastbaren Zahlen.

Verschärft wird die Situation durch wachsende Risiken auf dem heimischen Arbeitsmarkt für bestimmt Gruppen. So ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Westerwaldkreis im Jahresvergleich um 56, 6 Prozent auf 1.112 Betroffene gestiegen. Auch bei Jugendlichen und jungen Migranten sieht es schlecht aus. Hier landet durch die Pandemie möglicherweise der Lebensweg von vielen Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern in einer Sackgasse. Insbesondere junge Menschen mit geringen Unterstützungsmöglichkeiten im privaten Umfeld drohen mit lebenslangen Folgen abgehängt zu werden!

Bedrohlich wächst im Westerwald auch die Altersarmut. Ein Beleg dafür sind die steigenden Ansätze im Kreisetat für die Grundsicherung im Alter, die nach der Corona- Krise explodieren könnten. Auch der Kreisaufwand für die „Hilfe zur Pflege“ fällt immer mehr ins Gewicht: der Ansatz steigt von 10,63 Millionen in 2020 auf 11,56 Millionen Euro im nächsten Jahr. Dies betrifft Menschen, die den Eigenanteil für die notwendigen Pflegeleistungen nicht mehr selbst aufbringen können. Daneben ist zu erwarten, dass die Zahl der verschuldeten Senioren, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, dramatisch zunimmt. Auch steigende Mieten werden in der Region zunehmend problematisch.

Das Forum Soziale Gerechtigkeit hofft, bald in Präsenzform zu weiteren Veranstaltungen zu den sozialen Schieflagen im Westerwald einladen zu können. Doch zunächst wird in Kooperation mit der Friedrich-Ebert-Stiftung zu einem digitalen Vortrag mit Diskussion zum Thema “Das Gift der Ungleichheit“ eingeladen. Referent ist Dierk Hirschel als ehemaliger Chefökonom des DGB und heute in gleicher Funktion bei Verdi tätig. Er liest und referiert aus seinem ganz aktuellen gleichnamigen Buch. Termin ist am Dienstag, 22. Juni 2021 um 18 Uhr. Weitere Infos dazu und allgemein zum Forum Soziale Gerechtigkeit unter uli@kleinkunst-mons-tabor.de. (PM)
 
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