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Nachricht vom 22.03.2022
Politik
Sitzung des Kreisausschusses in Wirges
Das Bürgerhaus in Wirges war am 21. März Treffpunkt des fast vollständig erschienenen Kreisausschusses und des Ausschusses für Verkehr und Wirtschaft, der erst nicht-öffentlich tagte. Ein Nachmittag, in dem es viel um Zahlen ging, aber auch das aktuelle Thema "Flüchtlinge aus der Ukraine" beleuchtet wurde.
Sitzung des Kreisausschusses im Bürgerhaus in Wirges. (Foto: Elke Stockhausen)Wirges. Bereits vor Eröffnung der Sitzung trafen die Ausschussmitglieder ein und wer die Chance hatte, den Verbandsbürgermeister Montabaur Ulrich Richter-Hopprich zu begegnen, der wusste direkt, dass die momentane Situation mit der direkten Hilfe für die eintreffenden Flüchtlinge aus der Ukraine in den Köpfen der Verantwortlichen steckte.

Zu Beginn der öffentlichen Sitzung, geleitet von Landrat Achim Schwickert und der ersten Kreisbeigeordneten Gabriele Wieland, erhielt man einen Überblick über die derzeitige Flüchtlingssituation. Von den geschätzt 400.000 bundesweit erwarteten Menschen aus dem Kriegsgebiet seien bereits rund 250.000 angekommen. Weder die Bundesregierung noch der Westerwaldkreis könne jedoch genaue Zahlen abschätzen. Nach dem Königsteiner Schlüssel wären 1.000 Flüchtlinge für den Westerwaldkreis einzuplanen, 50 Personen je 1.000 Einwohner. Bereits 569 Personen sind im Westerwaldkreis von der Einwohnermeldebehörde erfasst (Stand Freitag, 18. März), die tatsächliche Zahl der bereits eingetroffenen Hilfesuchenden ist jedoch unklar. Der Landrat hierzu: “Wir wissen es einfach nicht.“ Viele Ukrainer können bei Verwandten untergekommen und nicht registriert sein. Die vorhandenen Erstaufnahmeplätze werden freigehalten, damit die Ankommenden, die von Berlin aus umverteilt oder mit den Zügen aus Polen eintreffen, dort aufgenommen werden können.

Fast alle Flüchtlinge sind bisher über private Kontakte oder ehrenamtliche Helfer in den Westerwald gekommen. Hier findet Gabriele Wieland lobende Worte für die Initiative dieser Mitbürger. An erster Stelle stehe momentan die Wohnungsfrage und hier nicht nur das Finden von Wohnraum, sondern auch dessen Einrichtung. Hier ist die ehrenamtliche Tätigkeit vieler eine große Hilfe. Auch der finanzielle Zuschuss, die direkte Hilfe für die Ukrainer, sei notwendig. Das mitgeführte Bargeld könne nämlich nicht umgetauscht werden.

Der Ablauf der Flüchtlingsaufnahme im Kreis
Das Sozialamt, die erste öffentliche Anlaufstelle, meldet dem Einwohnermeldeamt, dem Sozialamt und der Ausländerbehörde des Kreises die Erfassung eines Eintreffenden, sodass schnell geholfen werden kann. Die folgenden erkennungsrechtlichen Gespräche finden zurzeit im Testcontainer für Corona der Kreisverwaltung statt. 40 Minuten werden für jede Erfassung benötigt. Diese wird von der Ausländerbehörde durchgeführt. Für den Notfall stellt der Kreis 60 Plätze in einer Notunterkunft zur Verfügung, sodass auch nachts schnell reagiert werden kann, wenn ein Bus aus der Ukraine eintrifft.

In Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden versucht man ein Betreuungskonzept für die Kinderbetreuung zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit mit den Bildungsträgern und dem Jobcenter steht und es werden Lösungen gefunden, damit alles funktioniert.

Die finanzielle Situation für den Kreis wird durch 848 Euro pro Person von Land und Bund bis zur Erteilung des vollständigen Aufenthaltsstatus, der erste Entscheid des Asylantrages, unterstützt. Dann entfällt dieser rückwirkend für den betreffenden Monat. Hier baut Landrat Schwickert auf das Asylleistungssystem, aus dem der Kreis 1,3 Millionen Euro erhalten würde. Gegebenenfalls würde diese Summe erhöht werden. Was passieren würde, wenn die Hochrechnung nicht stimme und mehr als weitere 1.000 Ukrainer eintreffen würden? Schwickert wusste: “Dann müssen wir uns nach der Decke strecken.“

Es gäbe eine “Zeitenwende“, so Schwickert, der momentane verwaltungstechnische Arbeitsaufwand sei groß. Die Beanstandung des Landesrechnungshofes zur Vorhaltung von Wohnungen für Flüchtlingen, deren Vorhaltungskosten bemängelt und die Abstoßung des Wohnraumes gefordert wurden, sei seit vergangener Woche “vom Tisch“.

Die Tagesordnung
Die öffentliche Sitzung umfasste die Punkte zwölf bis 27 und wurde in allen Punkten einstimmig angenommen.

Die Umsetzung von sieben Linienbündeln im Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) stand zur Debatte. Diese wird in zwei Schritten erfolgen. 2024 sollen vier Linienbündel, 2028 dann drei Linienbündel im Nahverkehrsplan umgesetzt werden. Der Landrat wird hier im Wettbewerbs-offenen Verfahren den Auftrag dem wirtschaftlichsten Anbieter zusprechen. Beide teilnehmende Gremien, der Ausschuss für Verkehr und Wirtschaft und der Kreisausschuss, stimmten dem zu.

Der Schüler- und Kindergartenverkehr stehe kurz vor dem Kollaps. Steigende Lohnkosten und die Preissteigerung der Betriebsstoffe würden hier zu möglichen Insolvenzen der Auftragnehmer führen. 3,4 Millionen Euro für 130 Linien wären zurzeit veranschlagt. Diese Summe reiche nicht mehr aus, um den freigestellten Schüler- und Kindergartenverkehr zu gewährleisten. Geld müsse in das System, so der Landrat. Der jeweilige Tagessatz wird ab März um 13 Prozent erhöht, eine Investition von rund 40.000 Euro. Für Schwickert eine Notreparatur.

Tagesordnungspunkte wie die Sanierung des Forschungsinstitutes für Anorganische Werkstoffe sowie die Freigabe des Jahresprogramms der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Westerwaldkreis mbH für das Jahr 2022, deren Wirtschaftsplan öffentlich einsehbar ist, wurden ohne Gegenstimmen angenommen. Auch die großen Zahlen, die Übertragung von Ermächtigungen aus dem Haushaltsjahr 2021 in das Haushaltsjahr 2022 gemäß Paragraf 17 Gemeindehaushaltsverordnung, bei der es um 5.395.890 Euro ging, sowie die Kenntnisnahme der gesetzlichen Übertragung zur Investitionstätigkeit in Höhe von 98.373.040 Euro – ein Topic in der Mathematik die Wirtschaftlichkeit trifft.

Anstehende Vergaben zur Bewirtschaftung der Mensen an diversen Schulen des Kreises, nach bereits erfolgter Prüfung, wird dem jeweiligen Anbieter zugesprochen und durch Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages gesichert. Sanierungsmaßnahmen an der BBS Montabaur, die Vergabe von Elektroinstallationsarbeiten an der Berufsbildenden Schule Montabaur, waren schnell abgehandelt. Auch der Ausbau des Mentoren-Konzepts im allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes und die Schaffung einer Halbtagsstelle im Sozialen Dienst des Jugendamtes wurde verabschiedet.

Die Erörterung der Änderung des Bedarfsplans 2021 im “Überörtlichen Brandschutz, überörtliche Allgemeine Hilfe und Katastrophenschutz des Westerwaldkreises“ nahm mehr Zeit in Anspruch. Es ging hier mehr um erklärende Stellungnahmen als um ein Infrage stellen der Notwendigkeit.

Zwei geländetaugliche Kommandowagen sollen angeschafft werden, die Mittel sind im Haushalt 2022 bereits berücksichtigt. Das bereits in der Beschaffung befindliche Mehrzweckfahrzeug für die Schnelleinsatzgruppe Verpflegung wird geländefähig bestellt. Weitere Topics wie ein Stromaggregat für Notstrom, der Abrollbehälter bei Starkregen und die Unterbringung der Technischen Einsatzleitung des Westerwaldkreises wurden besprochen.

Die Flutkatastrophe im Ahrtal zeigte, dass das System überholt und teilweise funktionslos ist. Der Bedarfsplan war bereits für die Jahre 2021 bis 2025 erstellt und bedürfe nun einer Anpassung. Die Erkenntnisse der Flutkatastrophe forderte ein Umdenken, wieder warf der Landrat die “Zeitenwende“ ein.

Die ursprünglichen Bundessirenen hat der Bund aufgegeben und auf den Dächern belassen. Die noch vorhandenen könnten mit neuer Technik nicht mehr angesteuert werden. Die Bundesregierung stellt dem Land Rheinland-Pfalz vier Millionen Euro zur Verfügung, vom Land selbst werden 4,1 Millionen Euro beigesteuert. Der Westerwaldkreis hat von diesem Förderprogramm bereits 340.000 Euro bewilligt bekommen, mit denen sich 31 Anlagen stellen lassen. Dies sei in keiner Relation mit den im Westerwald befindlichen 200 Sirenen, “die aber eigentlich nicht mehr funktionstauglich sind“, so Schwickert. 52 Orte besäßen keine Sirene. Das Förderprogramm ermögliche die Installation der 31 Anlagen auf öffentlichen Gebäuden. Die nicht in der Zuwendung des Förderprogramms realisierbare Erweiterung des Sirenenwarnnetzes bedinge weitere Kosten. Dies trage die Verbandsgemeinde zu einem Drittel und der Landkreis zu zwei Dritteln. Eine präzise Kostengröße des Projektes sei momentan noch nicht kommunizierbar, könne jedoch mit mindestens vier Millionen Euro beziffert werden.

Die Sitzung, geführt in Konzentration und konstruktiver Kommunikation, fand einen lockeren Ausklang. Trotz der Verantwortung und der momentan arbeitsreichen Zeit fand Achim Schwickert die Zeit, von seinem persönliches “Öl-Erlebnis“ zu berichten. Zufällig erhaschte er beim Einkaufen eine Flasche, als eine Kundin neun ihrer zehn auf dem Band stehenden Flaschen nicht kaufen durfte und er bei der Verteilung des seltenen Nahrungsmittels zugriff.
     
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