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Nachricht vom 10.06.2022 |
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Vom Polizeidienst zu Drogensucht und Volksverhetzung? 26-Jähriger steht vor Gericht |
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Unlängst begann vor dem Schöffengericht in Montabaur der Prozess gegen einen 26-jährigen Mann aus dem Westerwaldkreis, dem seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgeworfen wird, verfassungsfeindliche Symbole und Schriften öffentlich in Verkehr gebracht zu haben. Pikantes Detail: Der Mann hatte zuvor im Polizeidienst gestanden. |
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Montabaur. Zu der Volksverhetzung kommen weitere Vorwürfe: So wird der Angeklagte beschuldigt, Betäubungsmittel in seinem Besitz gehabt zu haben, um damit Handel zu treiben. Sogar an Jugendliche soll der Beschuldigte Betäubungsmittel verkauft haben, sehr wohl um deren Alter wissend.
Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte der Angeklagte, dass er das Abitur erreicht habe und in den Polizeidienst eingetreten sei. Er habe begonnen, für den gehobenen Dienst zu studieren, während der Studienzeit aber Drogen konsumiert. Als dies bekannt wurde, beantragte er selbst seine Entlassung aus dem Polizeidienst. Zurzeit absolviere er eine andere Ausbildung.
Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitestgehend eingeräumt
Der Verteidiger des Angeklagten verlas eine schriftliche Erklärung, in der eingeräumt wird, dass der Angeklagte Betäubungsmittel größtenteils zum Eigenbedarf erworben habe, aber auch für Bekannte aus Gefälligkeit beschafft hatte. Wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung durch Verwendung verfassungsrechtlicher Symbole und Schriften räumt der Angeklagte sein Fehlverhalten ein und betont, dass er nicht beabsichtigt habe, die Bevölkerung aufzuhetzen. Ihm sei im Nachgang klar geworden, dass er sich strafbar gemacht hab, und dass er diese Taten zutiefst bereue. Er sei absolut clean und konsumiere keine Drogen mehr, was durch ärztliche Atteste belegt werden könne.
Der Angeklagte stimmte der Verteidigererklärung zu: „Zu den Drogen kam ich bereits in jungen Jahren, wenn wir mit unserer Clique am Wochenende Kirmessen besuchten oder Partys feierten. Ecstasy, Amphetamine oder Marihuana wurden konsumiert, jedoch nie Crystal Meth. Wo meine Dealer die Drogen herhatten, weiß ich nicht.“
Der Verteidiger des Angeklagten erklärte, dass die Fälle, die im Zusammenhang mit Drogengeschäften stehen, eingeräumt werden, bis auf die Abgabe von Betäubungsmitteln an den Jugendlichen.
Mitglied bei der Bismarck-Jugend aus "humoristischen Gründen"?
Zum Thema der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen und Schriften erklärte der Angeklagte: „Es ist zutreffend, dass ich in den Chatgruppen 'Bismarck-Jugend' und 'Rechte Spur' Mitglied war. Obwohl ich politisch sehr interessiert bin, distanziere ich mich von allem rechtsradikalen Gedankengut. Meine Äußerungen und Kommentare in diesen Gruppen waren nur humoristisch gemeint, ich habe das nur zur allgemeinen Belustigung gepostet. Wegen meines Studiums bei der Bundespolizei konnte ich an keinen Aktionen oder Demonstrationen teilnehmen, weil ich das mit meinem Beruf nicht vereinbaren konnte.“
Nachdem verschiedene Urkunden in die Beweisaufnahme eingeführt worden, begann die Vernehmung von mehreren Zeugen. Beamte vom Staatsschutz-Dezernat beim Polizeipräsidium Koblenz erklärten, dass sie durch einen Hinweis seitens des Innenministeriums auf den Angeklagten aufmerksam gemacht wurden, weil dieser im rechtsradikalen Milieu chattete. Die ausgewerteten Chatverläufe auf dem beschlagnahmten Handy und Laptop bestätigten die rechtsradikale Tendenz des Angeklagten. Fotos von Adolf Hitler wurden ausgetauscht, ein Video zeigt Adolf Hitler zusammen mit Nazis, wobei das Video mit Rap-Musik unterlegt war. Zudem wurden Aufkleber festgestellt mit Parolen wie „Refugees not welcome“, „Bitte flüchten Sie weiter, es gibt hier nichts zu wohnen“ und „Asylbetrüger nicht willkommen“.
Eine weitere Zeugin, die mit dem Angeklagten befreundet war, gab dem Staatsschutz Hinweise auf die rechtsradikalen Neigungen des Angeklagten. „Ich war der Meinung, dass er rechtsradikal eingestellt war, weil er mir erzählte, dass er auch zu rechtsradikalen Veranstaltungen gehen würde. Er rauchte sogar eine Zigarettenmarke, die bereits im Dritten Reich konsumiert wurde. Auf meinem Vorhalt hin sagte er mir, dass seine rechtsradikale Einstellung keinen Einfluss auf seine Ausbildung bei der Polizei habe“, so die Zeugin.
Im Verlauf des Nachmittags wurden weitere Zeugen vernommen, deren Aussagen jedoch nicht viel Erhellendes hervorbrachten. Auch der minderjährige Zeuge konnte auf Frage des Verteidigers nicht den Preis für ein Gramm Kokain benennen. Ein Zeuge berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht, da er sich bei wahrheitsgemäßer Aussage nicht selbst belasten muss.
Die Beweisaufnahme wurde unterbrochen und soll am 23. Juni fortgesetzt werden. Möglicherweise ist dann bereits mit den Plädoyers und einem Urteil zu rechnen. (Wolfgang Rabsch) |
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Nachricht vom 10.06.2022 |
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