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Nachricht vom 03.05.2023 |
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Region |
Im Kreis und in der Region: Transformationsnetzwerk steht Unternehmen zur Seite |
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Die Förderung in Höhe von 2,44 Millionen Euro aus der Kasse des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ist vor Weihnachten des vergangenen Jahres bestätigt geworden. Nun gilt es, das Transformationsnetzwerk Altenkirchen/Westerwald mit Leben zu erfüllen.
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Wissen/Region. Es ist keine neue Einheit der Bundeswehr, die gegründet wurde, um das Geld aus dem 100-Milliarden-Sonderprogramm der Bundesregierung für die Aufpäppelung der deutschen Streitkräfte zu verpulvern. Die Abkürzung TraForce steht vielmehr für Transformationsnetzwerk Altenkirchen/Westerwald, das die unentgeltliche Unterstützung von Unternehmen im Landkreis Altenkirchen und darüber hinaus bei der (digitalen) Transformation zum Ziel hat und das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 2,44 Millionen Euro (in erster Linie für Personalkosten) unterstützt wird. Die Umbruch- und Veränderungsprozesse in der Wirtschaft erfordern eine aktive Anpassung der Firmen, insbesondere aus der Automobilzulieferindustrie, um langfristig auf dem (globalen) Markt erfolgreich zu bleiben. „Transformation ist viel mehr als nur der Umstieg zur E-Mobilität“, führte Altenkirchens Landrat Dr. Peter Enders am Donnerstagnachmittag (4. Mai) im Wissener Kulturwerk in die TraForce-Auftakt-Veranstaltung vor knapp 100 Abgesandten heimischer Unternehmen ein. „Wir befinden uns bereits mitten im Prozess“, ergänzte er, „wir müssen einen Strategiewechsel auf allen Ebenen einleiten. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Region. Die Herausforderungen machen an den Kreisgrenzen nicht halt“, bezog Enders zudem auch Nachbarregionen in die Umwälzungen mit ein. Alle würden von diesem Schulterschluss profitieren.
TIME ist der „Chef“
Alexander Schweitzer, Minister für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz, hoffte in einer aufgezeichneten Videobotschaft, dass sich „bald erste Erfolge zeigen. Da bin ich mir ganz sicher. Viele Unternehmen stehen vor Veränderungen. Es ist ein starker Ansporn, TraForce zu gestalten. Wir brauchen wichtige Akteure vor Ort“. Die Bestätigung der Förderung hatte Schweizter kurz vor Weihnachten 2022 noch selbst überbracht. Konsortialführer, also das führende Institut, ist das Technologie-Institut für Metall und Engineering GmbH (TIME) in Wissen; ihm zur Seite stehen unter dem Slogan „Wir schweißen die Region zusammen“ die Wirtschaftsförderung Kreis Altenkirchen und die IG Metall Betzdorf. Die Förderperiode endet am 30. Juni 2025. Bereits jetzt wird über eine wie auch immer geartete Verlängerung nachgedacht. Das Transformationsnetzwerk dieser Machart ist das einzige in Rheinland-Pfalz. Die Veranstaltung moderierte Dr. Frauke Lohr, Beratung und Consulting, aus Schwabenheim an der Selz (Rheinhessen).
Vom automobilen Wandel betroffen
Die Ausgangslage stellt sich so dar: Der Kreis Altenkirchen, grundsätzlich als strukturschwach anerkannte Region, gehört nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zu den 40 am stärksten vom automobilen Wandel betroffenen Regionen Deutschlands und steht damit vor der Herausforderung eines tiefgreifenden strukturellen Wandels. Um Betriebe in der Region aktiv beim Prozess der Neuausrichtung auch wegen der immer stärker fortschreitenden Digitalisierung zu unterstützen, wird TraForce aktiv, wie TIME-Geschäftsführer Dr. Ralf Polzin darstellte. Neben dem immensen strukturellen Wandel in der Automobilindustrie (vor allem im Bereich der Zulieferer) nannte er den Fach- und Arbeitskräftemangel, die geringe Innovationsfähigkeit, die schlechte Verkehrsinfrastruktur als auch den demografischen Wandel als Herausforderungen. Demgegenüber stehen diese Standortvorteile: günstiges Wohnen mit einer hohen Lebensqualität, den Aufbau einer guten Breitbandversorgung, die schweißtechnische Kompetenz (ist im Landkreis dreimal so groß wie im Bundesdurchschnitt) und die vielen gesunden mittelständischen Unternehmen.
Regionale Wertschöpfung stärken
„Wir wollen durch die Vernetzung, den Wissenstransfer, Kooperationen und gemeinsame Ideenräume die regionale Wertschöpfung stärken und breiter aufstellen sowie durch Qualifizierungsmaßnahmen die Beschäftigung langfristig in der Region sichern wie ausbauen“, beschrieb Polzin das, was am Ende des Prozesses als Resultat stehen soll. Als konkrete bisher gesammelte Ideen nannte er die Gründung regionaler Arbeitskreise für: Automobil, Qualifizierung, Digitalisierung, Strategie sowie Energie- und Ressourceneffizienz. Zudem stellte Polzin die Sensibilisierung und Begleitung zur proaktiven strategischen Weiterentwicklung von Unternehmen heraus. Auch von den Besten könne gelernt werden. Wie funktionierten Zuliefernetzwerke, die automatisierte Fertigung bei kleinen Losgrößen, die Fachkräfterekrutierung in ländlichen Regionen und die virtuelle Fachkräfteausbildung?
Spannend und zugleich verstörend
„Wie wird sich die Welt von übermorgen darstellen und wie die Lebenswirklichkeit angesichts dessen, was gerade passiert?“ Die beiden Fragen nahm Jörg Heynkes (Wuppertal), Unternehmer und Autor, als Einstieg, um in beinahe 80 Minuten, sowohl teils äußerst spannend als auch teils relativ verstörend, einen Ausblick zu geben, worauf sich die Menschen seiner Ansicht nach einstellen müssen. Er arbeitete beispielsweise die beiden aktuellen Megatrends, die Digitalisierung und den Klimawandel, heraus und konstatierte einen großen Nachteil: „Sie und ich haben keinen Einfluss darauf. Es passiert einfach.“ Er mahnte globale Lösungen an, die auch vor Ort umgesetzt werden müssten. Nachhaltiges Wirtschaften werde zur Pflicht - für jedes Unternehmen. Viele hätten noch gar nicht begriffen, „was auf uns zukommt“, postulierte Heynkes, verglich das Geschehen mit dem Tsunami im Jahr 2004 in Südostasien und beschrieb: „Eine solche Veränderung hat es in der Geschichte der Menschheit noch nicht gegeben.“
In der vierten industriellen Revolution
Zudem „befinden wir uns in der vierten industriellen Revolution, die viel größer ausfallen wird als die drei vorherigen zusammen“, war sich Heynkes sicher. Die Herausforderungen dieser vierten industriellen Revolution seien die Ernährung, die Energie und die Mobilität. Die Künstliche Intelligenz (KI) und Robotics machten exponentielle Fortschritte. Speziell an die Firmenvertreter gerichtet, warnte Heynkes: „Bei jedem Transformationsprozess gibt es Gewinner und Verlierer.“ Alles verändere sich jetzt, „es gibt kein, „Weiter so!‘“ Er appellierte, Kollaborationen einzugehen, „denn kein Unternehmen kommt alleine durch diesen Transformationsprozess. Es gilt, die Kräfte zu bündeln.“ Parallel forderte er, die Menschen „bei all dem“ mitzunehmen, die Geschwindigkeit nehme ständig zu, „wir brauchen Digitalkompetenz. Alle!“ Und schließlich sprach Heynkes gewiss vielen Zuhörern aus dem Herzen: „Wir müssen den Föderalismus reformieren und ihn auf vernünftige Beine stellen. Wir bürokratisieren uns zu Tode“, ehe er nachschob: „Wir sind ein Volk der Angsthasen.“ In dem gesamten Prozess gebe es „gigantische Risiken“ und prophezeite: „Es wird ruppig werden. Wir werden Verteilungskämpfe erleben. Und der Wohlstand wird kleiner werden.“
Aussteller mit von der Partie
Mehrere Aussteller zeigten jeweils ihr Angebot im Bereich Transformation/Digitalisierung: DigiMit2 Koblenz: Kompetenzzentrum digitale Technologien Mittelstand für die Region Mittelrhein-Westerwald (angesiedelt an der Hochschule Koblenz); Mittelstand-Digital-Zentrum Ländliche Regionen Siegen: angesiedelt an der Universität Siegen; European Digital Innovation Hub (EDIH) Südwestfalen: angesiedelt an der Universität Siegen, Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Förderung des Know-hows von Fach- und Führungskräften durch den Einsatz und die Entwicklung fundierter Digitalisierungskompetenzen; Mittelstand Digitalzentrum Wertenetzwerke Köln: Unterstützung von Digitalisierungsvorhaben im Verbund mit anderen Mittelständlern; „Speeding Scientits Siegen“: Formula Student Rennteam an der Universität Siegen. Die Formula SAE ist ein internationaler Konstrukteurswettbewerb, bei dem Studententeams aus der ganzen Welt mit selbst konstruierten und gefertigten Rennwagen gegeneinander antreten; Fahrzeuginitiative RLP Kaiserslautern: Branchen-Netzwerk von Akteuren aus Industrie, Politik und Wissenschaft, die ihr Wissen mit dem Ziel bündeln, die Fahrzeug-Industrie in Rheinland-Pfalz voranzubringen. (vh) |
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Nachricht vom 03.05.2023 |
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