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Nachricht vom 04.09.2023
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Urteil im Messermord-Prozess: Angeklagter soll lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen
Nachdem am letzten Hauptverhandlungstermin die Plädoyers der Prozessbeteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgetragen worden waren, wurde am 5. September vor der 14. Strafkammer des Landgerichts Koblenz, unter dem Vorsitz von Richter Rupert Stehlin, das Urteil gesprochen: Wegen Mordes wird der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Foto: Wolfgang RabschKoblenz. Dem 32-jährigen Angeklagten wird seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz zur Last gelegt, am Abend des 9. Dezember 2022 auf einem Pendlerparkplatz bei Neuhäusel seine ehemalige Lebensgefährtin aus Verärgerung, weil sie ihm keine weitere Chance hinsichtlich einer Liebesbeziehung mehr geben wollte, nach einem Streit mit 23 Messerstichen getötet zu haben. Wir berichteten mehrfach.

Wie eingangs erwähnt, hat die Öffentlichkeit und damit auch die Presse, nicht erfahren, welche Anträge in den Plädoyers gestellt worden waren, da die Öffentlichkeit ausgeschlossen war. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägervertreter eine Verurteilung wegen Mordes beantragt haben, während die Verteidigung, was auch in den letzten Verhandlungstagen sich herauskristallisierte, möglicherweise auf Totschlag plädiert hat. Zudem hat sich herausgestellt, dass möglicherweise der Tatort nicht der Pendlerparkplatz in Neuhäusel gewesen ist, sondern der Mord in der von Witzleben-Straße in Koblenz geschah.

Zum Urteil und zur ausführlichen Begründung war die Öffentlichkeit wieder zugelassen. Das große mediale Interesse an diesem Fall wurde durch die Anwesenheit von mehreren Journalisten und einem Fernsehteam dokumentiert.

Der Urteilsspruch lautete folgendermaßen:

Der Angeklagte wird wegen Mordes, wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und wegen Verkehrsunfallflucht zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Zudem wird eine Sperrfrist von fünf Jahren zur Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis ausgesprochen. Weiterhin bleibt der Haftbefehl des Amtsgerichts Koblenz aufrechterhalten und in Vollzug.

Die Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden
In der Urteilsbegründung stellte Richter Rupert Stählin fest, dass die Kammer inzwischen auch der Meinung sei, dass die Tat nicht auf dem Pendlerparkplatz bei Neuhäusel geschehen ist, sondern in der von Witzleben-Straße in Koblenz, in der Nähe der Gneisenau-Kaserne. Die Kammer schenkte dem Angeklagten auch keinen Glauben, dass er mit der Trennung von seiner damaligen Freundin einverstanden war und lediglich die geschäftlichen Beziehungen im Hinblick auf eine Pornoplattform fortführen wollte.

Am Tattag wollte der Angeklagte die Hängepartie mit seiner Freundin so oder so beenden. Für ihn gab es nur zwei Alternativen, entweder nehme sie ihn wieder zurück, oder er würde mit der geliebten Person in den Freitod gehen. Vor dem Treffen mit seiner damaligen Freundin lebte er einige Gewaltfantasien aus, indem er Bilder aus dem Horrorfilm " American Psycho" anschaute und der Hit "Bitter Sweet Symphonie" von „The Verve“ hörte.

Bis zuletzt hatte der Angeklagte daran geglaubt, dass er seine Freundin zurückgewinnen könne. Erst beim Halt in der von Witzleben-Straße realisiert er, dass es endgültig aus und vorbei war und sie die Beziehung mit ihm nicht mehr fortführen wollte. Das war der Auslöser für die Tat, die ersten Stiche versetzte der Täter dem Opfer, als es sich ahnungslos nach seinem Handy umdrehte, welches er ihr vorher aus der Hand geschlagen hatte. In Panik verließ das Opfer das Auto, er folgte der Frau und stach mehrmals in ihren Rücken, dabei stürzte sie und zog sich die Schürfwunden an Knien und Händen zu. "Symbolträchtig", so der Vorsitzende wörtlich, zog er das Opfer ins Auto und setzte es auf den Beifahrersitz. Der Angeklagte, der zu Narzissmus neige, gab dem Opfer die Schuld an dem Scheitern der Beziehung. Es habe auch keine Notwehr seitens des Angeklagten vorgelegen, da er sich die Verletzungen am eigenen Körper selbst beigebracht hatte. Die Kammer schloss auch kategorisch die Anwendung der Paragrafen 20, 21 Strafgesetzbuch aus (Verurteilung wegen Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit). Es habe keinen Anlass gegeben, von einer Verurteilung wegen Mordes abzusehen.

Zwei Mordmerkmale, die zu einer Verurteilung wegen Mordes führen können, wären klar vorhanden gewesen: Heimtücke und niedere Beweggründe. Somit musste zwingend eine Verurteilung wegen Mordes erfolgen. In der lebenslangen Haftstrafe sind zwei Einzelstrafen von drei Jahren wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und von sechs Monaten wegen Verkehrsunfallflucht einbezogen. Der Haftbefehl bleibt aufrechterhalten.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung wurde von keinem der Prozessbeteiligten eine Erklärung zum Urteil abgegeben. (Wolfgang Rabsch)
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