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Nachricht vom 31.01.2024
Region
Amtsgericht Montabaur - 18-Jährige fährt Auto ohne Führerschein und beleidigt mit "Stinkefinger"
Jugendrichter Erich Massow hatte sicherlich schon schlimmere Fälle zu verhandeln als den, der am Donnerstag, dem 1. Februar vor dem Jugendgericht beim Amtsgericht Montabaur stattfand. Trotzdem war es ein interessanter Fall, mit einem Delikt, das häufig als "Jugendsünde" abgetan wird aber auch mit schlimmen Folgen enden könnte.
Symbolfoto: Wolfgang RabschMontabaur. Die Angeklagte soll im April 2022 als 18-Jährige am Straßenverkehr teilgenommen haben, ohne im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis gewesen zu sein. Bei der Ausfahrt von einer Tankstelle in Ransbach-Baumbach soll die Angeklagte durch fehlerhaftes Fahrverhalten einen Beinahezusammenstoß mit einem anderen Auto verursacht haben. Anschließend soll die Angeklagte den anderen Autofahrer mit dem ausgestreckten Mittelfinger, dem sogenannten "Stinkefinger", beleidigt haben.

Tanzen während des Autofahrens, eventuell mit Headbanging?
Die Angeklagte sagte aus: "Zunächst habe ich bestritten, dass ich gefahren wäre. Ich habe eingesehen, dass diese Schutzbehauptung falsch war. Den "Stinkefinger" habe ich jedoch nicht gezeigt. Beim Losfahren von der Tankstelle habe ich zusammen mit meiner Freundin im Auto "getanzt". Zur Hardcore-Musik von "Frei Wild" und deren Hit "F*ck Dich, verp*ss Dich" haben wir mit dem Oberkörper gewackelt und Arme und Hände in die Luft geworfen. Es kann sein, dass der Autofahrer dabei meine Hand gesehen hat und darum meinte, ich hätte ihm den Mittelfinger gezeigt."

Die Angeklagte schilderte weiter, dass sie sich von dem früheren Freundeskreis nach dem Vorfall getrennt habe, weil die nur Party machen wollten. Ihr sei nach der Sache an der Tankstelle bewusst geworden, was alles hätte passieren können, wenn sie ohne Führerschein in einen Unfall verwickelt worden wäre.

Die damalige Freundin, die als Beifahrerin mit im Auto saß, hatte plötzlich Erinnerungslücken bei ihrer Aussage. Sie habe nicht gewusst, dass ihre Freundin keinen Führerschein besaß und zudem sei ihr nicht aufgefallen, dass diese einem anderen Verkehrsteilnehmer den "Stinkefinger" gezeigt habe.

Eine weitere Zeugin, die im gefährdeten Auto saß, bekundete, dass sie die Fahrerin kenne, da beide früher in dieselbe Schule gegangen waren. Die Zeugin habe eindeutig erkennen können, dass die Fahrerin den Mittelfinger in ihre Richtung zeigte, das habe nicht so ausgesehen, als wenn sie tanzen würde.

Der Fahrer des gefährdeten Autos wollte zunächst keine Anzeige wegen der Beleidigung stellen. Als er erfuhr, dass die Angeklagte ohne gültige Fahrerlaubnis Auto fahre, unternahm er doch diesen Schritt, auch um das Mädchen zu schützen. Er kannte sie vom Sehen, da sie mal im gleichen Dorf gewohnt hatten. An der Tankstelle habe er bremsen müssen, weil es sonst zum Zusammenstoß gekommen wäre. Der "Stinkefinger" sei deutlich zu sehen gewesen. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass die Angeklagte im Auto gesungen oder getanzt habe.

Zu Ihrer persönlichen Situation gab die Angeklagte zu Protokoll, dass sie jetzt in einer festen Beziehung sei und in der 23. Woche schwanger. Im Alter von 19 Jahren sei sie zu Hause ausgezogen, weil ihre Eltern an schweren Depressionen leiden würden und sie sich nicht mehr an ihre Kindheit erinnern möchte. Nach der Elternteilzeit will sie auf jeden Fall eine Arbeit aufnehmen.

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe regte an, die Angeklagte zu verwarnen und ihr Sozialstunden aufzuerlegen, da Reifeverzögerungen vorlägen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft beantragte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Beleidigung, eine Verwarnung auszusprechen und der Angeklagten 20 Sozialstunden aufzuerlegen. In ihrem letzten Wort beteuerte die Angeklagte, dass sie sich für das Geschehene entschuldigen möchte.

Urteil im Namen des Volkes
Die Angeklagte wird wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Beleidigung verwarnt. Ihr wird auferlegt, innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils, 20 Sozialstunden nach Weisung der Jugendgerichtshilfe abzuleisten.

Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung erklärten die Staatsanwaltschaft und die Angeklagte Rechtsmittelverzicht. Anschließend wurde die Verwarnung erteilt. Wolfgang Rabsch
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