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Nachricht vom 29.10.2024
Region
100 Tage im Amt: Melanie Leicher zieht Bilanz als Stadtbürgermeisterin von Montabaur
Unlängst war Melanie Leicher, die neue Stadtbürgermeisterin von Montabaur, 100 Tage im Amt. Anlass genug für den WW-Kurier, sich mit der Stadtchefin zu einem Interview zu verabreden, um die ersten 100 Tage Revue passieren zu lassen.
100 Tage ist Melanie Leicher bereit im Amt (Foto: Wolfgang Rabsch)Montabaur. Die "100-Tage-Frist" bemisst die Zeitdauer, die nach einer Faustregel des Journalismus einem neuen (politischen) Amtsinhaber, oder einer neuen Regierung, zugestanden wird, um sich einzuarbeiten und erste Ergebnisse vorzuweisen. Danach kommt es zu einer ersten Bewertung, der sogenannte "100-Tage-Frist". 100 Tage sollen neue Entscheider nutzen, um sich mit den Abläufen ihres Amtes vertraut zu machen, wesentliche Personalentscheidungen zu treffen und erste Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Für Melanie Leicher, Stadtbürgermeisterin von Montabaur, ist diese "100-Tage-Frist" nun abgelaufen und gibt einen Einblick in diese Zeit.

Das Treffen fand im Amtszimmer der Stadtbürgermeisterin statt.

Was hat Sie bewogen, Ihren Hut als Kandidatin zur Stadtbürgermeisterin in den Ring zu werfen? Seit Menschengedenken haben in Montabaur, bis zu Ihrer Wahl, nur Mitglieder der CDU das Amt ausgeübt. Sind Sie vor der Wahl 2024 vielleicht Ihrem Gefühl gefolgt, dass die Bürger für einen Wechsel stimmen könnten?
Tatsächlich hat die FWG Montabaur e.V. schon vor über drei Jahren den Entschluss gefasst, mich als Bürgermeisterkandidatin aufzustellen. Grundsätzlich lebt Demokratie vom Wechsel. In der Kommunalpolitik geht es meiner Ansicht nach mehr um den Menschen, der das Amt ausübt. Es sollte sich bei der Bürgermeisterwahl jeder der Wähler die Frage stellen: Wer ist der Kandidat und wer ist besser geeignet? Und sich nicht die Frage stellen: Aus welcher Fraktion kommt der Kandidat? Denn letztere Frage ist, bei Demokraten meines Erachtens bei der Bürgermeisterwahl irrelevant.

Wie aufregend waren die ersten Tage im neuen Amt?
Es ist immer noch aufregend, jeden Tag passiert etwas Neues und Unerwartetes, jede Stunde muss man sich um ein völlig neues Thema kümmern. Hier ist enorme Flexibilität und Konzentration gefordert, so habe ich es in meiner bisherigen beruflichen Zeit noch nicht erlebt, da man immer "nur" auf einem bestimmten Gebiet Experte ist. Somit ist es der abwechslungsreichste Arbeitsplatz, den ich jemals hatte.

Wie kann sich der Bürger und damit auch der Wähler, die Übergabe eines solch wichtigen Amtes vorstellen?
Ich hatte einige Übergabegespräche mit Gabi Wieland im Bürgermeisterbüro, auch schon vor der konstituierenden Sitzung am 10. Juli. Natürlich kann man sich nicht auf jede Situation vorbereiten, aber es hilft ungemein, wenn man jemanden hat, den man fragen kann. Auch alle Mitarbeiter der VG sowie der VG-Bürgermeister sind sehr hilfsbereit. Vor allem aber meine Mitarbeiterinnen im Vorzimmer sind enorm engagiert und kompetent, ohne sie wäre ich nur halb so viel wert.

Stand Ihnen Gabi Wieland, die ehemalige Stadtbürgermeisterin, hilfreich und beratend zur Seite, weil in der Übergangsphase sicherlich angestoßene Projekte weitergeführt werden sollen? Wird man durch die Vorgängerin oder Mitarbeiter der Verwaltung "angelernt"?
Es ist tatsächlich ein "learning by doing". Zusätzlich zur Vorbereitung durch Gabi Wieland stehen mir alle Mitarbeiter und Leiter der Fachbereiche der Verwaltung hilfreich zur Seite und kennen die Antworten auf meine Fragen.

Was war die bisher größte Herausforderung in Ihrer bisherigen kurzen Amtszeit?
Das Interview mit dem SWR: Der SWR kündigte sich morgens erst an, kam um 10 Uhr, nahm ein Interview mit mir auf und abends wurde der Bericht in den SWR-Nachrichten im Fernsehen gebracht. Die Vorbereitungszeit war sehr kurz und man steht nicht jeden Tag vor der Kamera.

Hat das neue Amt Auswirkungen auf Ihr privates Umfeld?
Ich habe eine Wochenarbeitszeit im Ehrenamt von 50 bis 60 Stunden. Das hat natürlich sehr große Auswirkungen für mein privates Leben. Wenn ich jetzt durch die Stadt gehe, dann nicken mir viele Menschen freundlich zu und grüßen mich. Das gefällt mir sehr, ich fühle mich gut aufgehoben und das stärkt mich in meinem Tun.

Wie stellen Sie sich die Zukunft von Montabaur vor?
Grüner und damit noch lebenswerter. Ich würde mich sehr freuen, wenn Montabaur den Zuschlag für die Landesgartenschau 2032 erhalten würde. Expandieren kann ich nur, solange die Infrastruktur es zulässt. Hier sind wir mittlerweile an unsere Grenzen gekommen und ich versuche mit viel Kommunikation und Beharrlichkeit, bereits bestehende versiegelte Flächen für Gewerbe oder Wohnraum verfügbar zu machen.

Ihre Partei, die FWG, verfügt im Stadtrat von Montabaur nicht über die absolute Mehrheit, Sie sind also auf Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen angewiesen, um bestimmte Projekte durchzusetzen. Wie ist Ihr Resümee der bisherigen Zusammenarbeit im neuen Stadtrat?
Meiner Meinung nach kommt es in der Kommunalpolitik nicht auf die Fraktionen, sondern auf die Menschen an. Hier sollte jeder der 32 Ratsmitglieder seine eigene demokratische Meinung haben und demzufolge abstimmen. Mir ist jede Idee recht, die gut für Montabaur ist, ganz egal aus welcher Fraktion die Idee kommt. Das vermittle ich auch genauso den Stadtratsmitgliedern. Unsere bisherige Arbeit im Stadtrat war geprägt von gegenseitiger Unterstützung und einem guten Miteinander, so soll es bleiben.

Wie sieht Ihr eigenes, persönliches Fazit der ersten 100 Tage als Stadtbürgermeisterin von Montabaur aus?
Herausfordernd, aber es macht mir viel Spaß und ich bin sehr, sehr gerne Stadtbürgermeisterin von Montabaur.

Das Interview führte Wolfgang Rabsch.
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