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Nachricht vom 02.11.2024 |
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Kultur |
Buchtipp: "Es wird Nacht, Señorita. Gedanken über die Beglückungen der Gegenwart" von Harald Martenstein |
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Der Buch-Titel bezieht sich auf ein hintergründig-witziges Lied von Udo Jürgens mit Schluss-Pointe. Genauso ist Martensteins Schreibstil: humorvoll, persönlich, geistreich und pointiert. Der prämierte Kolumnist schreckt vor keiner Peinlichkeit und keiner Konfrontation zurück. Seine Themen reichen von Anne Franks Brüsten bis zur Queen Mary 2. |
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Dierdorf/München. Seine Schreib-Motivation zieht der in Mainz geborene Autor aus der Erfahrung, dass er innerhalb der Familie keinen Satz zu Ende reden konnte. Das, was er kurz mal sagen will, schreibt er nun auf. Als ehemaliger Werbetexter sieht er Ähnlichkeiten zwischen Werbung und Kolumnen: "Es wird nicht als große Kunst akzeptiert, manche schauen auf einen herab, es sind nur kurze Texte. Aber man gibt alles, falls man ein Profi ist."
Von Lesern wird Martenstein häufig auf seinen Kampf gegen das Gendern reduziert. Darüber hinaus gehören die Cancel Culture, Wokeness und Political Correctness zu seinen Lieblingsthemen. Festzustellen zum Beispiel in den Texten "Virtue Man", "Krieg und Frieden" oder "Die geschlechtergerechte Pizza". In "Hä" geht es um angeblich rassistische Wörter wie "Häuptling" oder "Schmetterling". "Ein falsches Wort" von Hervé Le Tellier empfiehlt der Autor als Lektüre zur Musik von Janis Joplin "Freedom’s just another word for nothing left to lose". Überhaupt: "Das Mittelalter meldet sich auf breiter Front zurück, könnte man sagen. Aber daran sind nicht die Fanatiker schuld, deren Zahl ist überschaubar. Es liegt an der Feigheit all derer, die nicht den Mut haben, für ihre Freiheit und die aller anderen zu kämpfen."
Dem Waschprozess der Cancel Culture fielen Bücher von Roald Dahl und Karl May und Gemälde von William Turner zum Opfer. Ebenso die Autoren Colson Whitehead, Strindberg und Geoffrey Chaucer. Sensitivity Reading schützt weltweit ganz unterschiedliche Personen und Ansichten. Es "ist ein globaler Trend, einer, den Deutschland mal nicht verschläft, sondern wo es vorne mitmischt."
Ein Einbruch in sein Auto, aus dem selektiv diverse Artikel gestohlen wurden, generiert in Martenstein die Erkenntnis: "Unsere Berliner Diebe sind eben etwas ganz Besonderes." Besonders sind auch weibliche Führungskräfte, die bei der Partnersuche große Ansprüche und Probleme haben, sodass sie eine Spezialagentin engagieren, gegen horrendes Honorar.
"Lob der Lüge", "Selbstbestimmt altern" und "Kochen leicht gemacht" sind sicherlich allgemein interessante Themen, während "Mein Spleen" höchstens zu "Wetten dass" taugt und somit zu "Gottschalk" führt. Über "Sex der Zukunft" und "Fuck-you-Money" kann selbst der belesene Autor nur spekulieren, während Tipps aus einem gedruckten Erziehungsberater de facto am Kind scheiterten. Kapitalismus für Grundschüler ist durchaus zu befürworten, während die leistungsbezogenen Bundesjugendspiele out sind, damit auch die Zukunft des Fußballs.
Martensteins Erfahrungen mit seinen Eltern, "Tiefe", "Dunkelheit" und "meine Mutter" beweisen seine Sensibilität. Den Kontakt mit der Kirche verarbeitet er in "Vergebung leicht gemacht" und "Katholikentag". Für den gesamtgesellschaftlichen Trend "Silent Quitting" zeigt er wenig Verständnis und Überflüssiges in der Wohnung findet er gemütlich. Ungemütlich findet er dagegen seine Heimatstadt, speziell deren Flughafen.
Zum Abschied wünscht sich Martenstein einen Ritt in den Sonnenuntergang, dazu das Lied "Es wird Nacht, Señorita." Es sei ihm gegönnt, mit den vielen unterhaltsamen Kolumnen hat er sich diesen romantischen Abschied verdient.
Das gebundene Buch mit 72 Texten ist bei Bertelsmann erschienen, ISBN 978-3-570-10559-7. htv
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Nachricht vom 02.11.2024 |
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