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Nachricht vom 06.01.2025
Wirtschaft
Freizeit-Cannabis vs. medizinisches Cannabis: Was sind die Unterschiede?
RATGEBER 18+ | Hinweis: Dieser Artikel ist für ein erwachsenes Publikum bestimmt und behandelt Themen (beinhaltet ggf. Links), die sich an Personen ab 18 Jahren richten. Forschern zufolge nutzt die Menschheit bereits seit über 4.000 Jahren Cannabis als Medizinpflanze, und auch für die Textilherstellung spielte Hanf schon früh in der Geschichte eine große Rolle. Ebenso wurden getrocknete Blätter für religiöse Rituale eingesetzt, bevor sich der Gebrauch als Rauschmittel immer mehr verbreitete.
AI generatedObgleich Cannabis damit alles andere als neu ist, löst es doch weiterhin sehr kontroverse Diskussionen aus. Während die Wirkstoffe hierzulande bereits seit Frühling 2017 zur medizinischen Behandlung eingesetzt werden dürfen, wurde im April 2024 mit dem neuen Cannabisgesetz schließlich auch der Anbau und Besitz zum Eigenbedarf in eng vorgegebenem Rahmen legalisiert.

Zwar wird sowohl zum puren Genuss als auch zur Linderung von Krankheitssymptomen prinzipiell auf die gleichen Substanzen zurückgegriffen, deren Wirkstoffgehalt und Qualität unterscheiden sich jedoch. Umso wichtiger ist daher, beide Arten des Cannabis-Konsums klar voneinander abzugrenzen und Missverständnissen vorzubeugen.

Der Zweck: Freizeitlicher Konsum versus medizinische Anwendung
Die drei wichtigsten Arten Sativa, Indica und Ruderalis variieren in der Konzentration ihrer Inhaltsstoffe, der sogenannten Cannabinoide, sodass je nach Anwendungsgebiet abweichende Effekte auf Körper und Geist herbeigeführt werden können.

Der Hauptzweck von Freizeit-Cannabis dient ganz klar der eigenen Entspannung und dem Erleben eines angenehmen Hochgefühls bis hin zu euphorischen Zuständen. Man macht sich also die psychoaktiven Effekte zunutze, die auch mit intensivierten Sinneswahrnehmungen und gesteigerter Kreativität einhergehen können.

Zudem verändert sich bei den meisten Menschen das Zeitgefühl. Es wird weder ein medizinisches Ziel verfolgt, noch liegt ein therapeutischer Ansatz zugrunde und die Konsumenten dosieren nach eigenem Dafürhalten.

Demgegenüber setzen Ärzte medizinisches Cannabis gezielt zur begleitenden Behandlung verschiedener Krankheitsbilder ein. Krebspatienten bekommen es beispielsweise verschrieben, um unter anderem ihre Übelkeit während der Chemotherapie abzumildern.
Doch auch bei Spastiken, Multipler Sklerose und vielerlei chronischen Schmerzen können die Wirkstoffe ihre schmerzlindernden, entzündungshemmenden Eigenschaften sehr gut entfalten. Die Einnahme findet mit kontrollierter Dosierung innerhalb des Therapiekonzepts statt.

Die Inhaltsstoffe und ihre Wirkung im Vergleich
Unter den in Hanf enthaltenen Cannabinoiden sind vor allem die folgenden zwei von Bedeutung, die in verschiedener Weise Einfluss auf unser Nervensystem und damit unter anderem auf die Stressverarbeitung und Schmerzempfindlichkeit nehmen.

THC (Tetrahydrocannabinol)
Bei Freizeit-Cannabis steht ein hoher THC-Gehalt im Vordergrund, weil genau dadurch die psychoaktive Wirkung herbeigeführt wird. Medizinisches Cannabis wird währenddessen mit kontrollierter THC-Konzentration gezüchtet, um Brechreiz zu dämpfen, die muskuläre und psychische Entspannung zu unterstützen sowie Schmerzen gezielt zu reduzieren.

CBD (Cannabidiol)
Da CBD keinerlei berauschenden Effekt hat, ist der Anteil bei Freizeit-Cannabis entsprechend unbedeutend, dafür jedoch bei medizinischem Cannabis umso höher. Hier macht man sich dessen krampflösende, beruhigende sowie entzündungshemmende Wirkung zunutze und setzt CBD bewusst als bewährten Angstlöser ein.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen und ihre Auswirkungen
Im internationalen Vergleich gibt es große Abweichungen dahingehend, wie einzelne Länder den Gebrauch von Cannabis bewerten und juristisch einordnen.

Während manche Staaten wie Kanada oder die Niederlande schon früh eine Entkriminalisierung von Cannabis vorgenommen haben, gilt es vielerorts weiterhin als illegal und kann damit auch strafrechtlich verfolgt werden. Die lokalen Gesetze bestimmen auch, ob die Produktion und Qualität in irgendeiner Weise kontrolliert werden.

In Deutschland ist medizinisches Cannabis bereits seit 2017 legal für therapeutische Zwecke einsetzbar, sofern die entsprechende Indikation vorliegt, tatsächliche Erfolgsaussichten durch die CBD-Einnahme bestehen und andere Behandlungsmethoden nicht anwendbar sind.

Die Therapie muss ärztlich verschrieben und streng dokumentiert werden, eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist möglich. Wer sich über die genauen Optionen informieren möchte, sollte am besten einen Cannabis Arzt in der Nähe aufsuchen.

Anbau und Produktion: Unterschiede in Qualität und Kontrolle
Auch was den Anbau, die Reinheit und exakte Zusammensetzung des konsumierten Cannabis angeht gibt es selbstverständlich große Unterschiede.

Medizinisches Cannabis wird in Deutschland aus speziell entwickelten Sorten unter Aufsicht der Cannabisagentur produziert oder aber aus streng regulierten Ländern importiert. Dabei müssen strikte Qualitätsanforderungen an den kontrollierten THC- und CBD-Gehalt, die pharmazeutische Reinheit sowie die Schadstofffreiheit eingehalten werden. Erst nach Laborprüfung und offizieller Zertifizierung dürfen die Produkte an Apotheken gehen.

Leider findet die Produktion von Freizeit-Cannabis zum Großteil illegal statt, was oft zu Verunreinigungen führt und hohe Risiken für die Verwendung von Streckmitteln und Pestiziden birgt. Selbst im semi-regulierten Anbau wird meist mit unklaren Produktionsmethoden vorgegangen.

Wichtig: Sollten in legalisierten Märkten gewisse Standards eingehalten werden, so sind diese mit den Bedingungen für medizinisches Cannabis keinesfalls vergleichbar.

Anwendungsformen und Konsumerfahrung im Vergleich
Auch in der Art der Anwendung sowie der Dosierung finden sich große Differenzen bei den beiden Varianten.

Typischerweise wird Freizeit-Cannabis als Joint, im Verdampfer oder der essbaren Version als Magic Brownies und Gummibärchen konsumiert, schwankt die Dosierung abhängig vom jeweiligen Wirkstoffgehalt und der individuellen Dosierung. Der Effekt kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfallen.

Beim medizinischen Cannabis sieht es anders aus. Neben Fertigarzeimitteln wie Kapseln kommen sowohl die Cannabisblüten, als auch Pflanzenextrakte in Form von Tropfen oder Ölen zum Einsatz. Wie häufig und in welcher Konzentration diese verabreicht wird, hängt von der Symptomatik und dem festgelegten Therapieziel ab.

Sicherheit und Risiken: Warum die Nutzung so unterschiedlich bewertet wird
In jeden Fall ist es entscheidend, eventuelle Nebenwirkungen und Risiken zu kennen. Dank engmaschiger ärztlicher Überwachung ist das Missbrauchsrisiko bei medizinischem Cannabis jedoch gering. Eine individuelle Anpassung der Therapie senkt unerwünschte Nebenwirkungen.

Durch Überdosierung von THC können psychische Begleiterscheinungen wie Paranoia, Angstattacken oder Orientierungsverlust auftreten. Als Langzeitfolgen sind Beeinträchtigungen der Gedächtnisfunktion sowie weiterer kognitiver Fähigkeiten bekannt, zudem besteht ein unumstrittenes Abhängigkeitspotenzial.

Gesellschaftliche Wahrnehmung von Cannabis
Die Gesellschaft ist weiterhin sehr zwiegespalten, was die Akzeptanz von Cannabis anbelangt. Obwohl es weiterhin mit Drogenmissbrauch und illegalen Aktivitäten in Verbindung gebracht wird und somit sehr negativ behaftet ist, lässt sich ein zunehmender Wandel durch die Legalisierung feststellen.

Dank wissenschaftlicher Beweise und zahlreicher überzeugender Erfahrungsberichte von Patienten wird medizinisches Cannabis als Therapieoption sehr positiv wahrgenommen. Dennoch bedarf es weiterer Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung.

Ausblick zu Cannabis in Deutschland
Innerhalb des legalen Marktes werden mit steigender Regulierung immer hochwertigere Produkte angebaut, wobei eingetragenen Anbauvereinigungen ebenfalls mehr Aufmerksamkeit bekommen dürften.

Zum Einsatz bei psychischen Erkrankungen und neurologischen Störungen wird bereits eifrig geforscht. Zudem verbessert man die Anbautechniken und entwickelt praktische Fertigarzneimitteln mit spezifischen Wirkstoffprofilen weiter. (prm)
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