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Nachricht vom 24.01.2025
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Schreck in Bad Marienberg: Junger Weißkopfseeadler büxt beim Training aus
Wer sich Mitte Januar in Bad Marienberg über einen Weißkopfseeadler gewundert hat, der am heimischen Himmel seine Kreise drehte, der litt nicht etwa unter Halluzinationen. Tatsächlich war der Falknerei im Ort beim Training ein Tier entkommen. Glücklicherweise ging das Abenteuer aber gut aus.
Der acht Monate alte Morpheus (Foto: Falknerei Bad Marienberg)Bad Marienberg. Einen Weißkopfseeadler sieht man im Westerwald in der freien Natur wohl eher selten: Der Greifvogel, der eine Spannweite von mehr als zwei Metern erreichen kann, ist in Nordamerika beheimatet und dort sogar das Wappentier der USA. Doch Morpheus aus Bad Marienberg hat nun auch ein kleines bisschen Europa kennengelernt. Das Jungtier war am 14. Januar beim Training in der Falknerei in Bad Marienberg entkommen. Glücklicherweise ließ er sich aber wenige Stunden später wieder einfangen.

Morpheus ist acht Monate alt, wird also immer größer, stärker und abenteuerlustiger. Wie ein typischer Teenager "fängt er gerade an, seine Flugkreise zu erweitern", erklärt Luisa Weich von der Falknerei, wie es zu dem Vorfall kam. "So weit ist er gar nicht gekommen, nur etwa 300 Meter. Er hat sich aber so gut im Wald versteckt, dass wir ihn zunächst nicht wieder finden konnten." Die Falknerin ist überzeugt davon, dass der Vogel auch von alleine zurück gefunden hätte. "Nach vier Stunden aber riefen Anwohner bei uns an. Sie hatten Morpheus auf einem Hausdach in der Nähe des Wildparks entdeckt."

Freiwillig zurückgekehrt
Den Jungadler wieder einzufangen, war unkompliziert, aber mit Geduld verbunden. Denn natürlich ist Morpheus auf seine Falknerin und vor allem deren auffälligen Handschuh trainiert. Als Luisa Weich also am Haus eintraf, wo der Vogel munter auf dem Dach saß, habe er sich "zwar gefreut, mich zu sehen. Aber er dachte sich wohl, er bleibt noch ein bisschen dort oben." Nach einer Stunde, als die Dämmerung einsetzte, sei Morpheus dann zu ihr hinunter geflogen.

"Das kann durchaus schon mal passieren, dass uns ein Vogel wegfliegt", erklärt Weich. Drohnen seien immer eine Gefahr, denn diese erschrecken die Vögel. Doch auch vom starken Wind können die Tiere weggetragen werden. Und anders als Tauben besitzen sie keinen inneren Kompass, mit dem sie zurückfinden. Wenn sie also einmal ihr gewohntes Gebiet verlassen haben und keine Anhaltspunkte mehr erkennen können, fliegen sie immer weiter. "Vor einigen Jahren ist unsere Molly, ein Falke, erst wieder an der französischen Grenze eingefangen worden", erzählt Weich. Ein Falkner habe dort gerade mit seinen Vögeln trainiert, als er das fremde Tier entdeckte. Molly wiederum erkannte den typischen Falknerhandschuh und ließ sich auf diesen herab. Über Aufrufe im Internet und weil man in der Szene gut vernetzt ist, konnte Molly dann zugeordnet und zurück nach Bad Marienberg gebracht werden.

Keine Gefahr durch Morpheus
"Morpheus hat sogar einen GPS-Tracker, über den wir ihn auf jeden Fall hätten finden sollen", so Weich weiter. "Aber natürlich ging der ausgerechnet an diesem Tag nicht." Die Falknerin ist daher froh, dass der "Ausflug" so glimpflich abgelaufen ist. Ihr ist wichtig zu betonen, dass von dem Weißkopfseeadler keine Gefahr ausging, "aber erschrecken kann man sich schon vor so einem Tier mit seinen 5,3 Kilo". Vor allem, weil Morpheus mit der Hand aufgezogen wurde und deswegen die natürliche Distanz zu Menschen bei ihm weniger ausgeprägt sei.

Und wie soll man sich konkret verhalten, wenn man selbst einmal einen ungewöhnlich großen Vogel sieht, der darüber hinaus vielleicht sogar die typischen Lederriemen an den Füßen trägt? "Auf jeden Fall melden!", weiß Luisa Weich. "Selbst wenn es beim nächsten Jäger ist. Durch die Vernetzung weiß man oft, wo gerade ein Vogel entkommen ist oder als Falkner kann man sowieso helfen, ihn einzufangen." Hilfreich seien auch immer Bilder und Videos, denn egal, wie unscharf diese seien - als Falkner erkennt man seine Tiere. (rm)
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