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Nachricht vom 26.04.2013 |
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Region |
Wilfried Kehr erhielt Preis der Ev. Hochschulgesellschaft |
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Der Diakonie Leiter Wilfried Kehr setzt sich in seiner Masterabeit kritisch mit dem Thema Tafelarbeit auseinander. Diesen ehrlichen Blick mit dem Titel: "Hilfe unter Protest!?" würdigte die Evangelische Hochschulgesellschaft Darmstadt mit einem Preis. |
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Westerwaldkreis. Mehr als 900 Tafeln mit 3000 Ausgabestellen gibt es bundesweit. Einrichtungen, die Woche für Woche bedürftigen Menschen gute Lebensmittel zukommen lassen. Und die damit eigentlich ein falsches Signal setzen. Zumindest glauben das deren Kritiker: Sie bemängeln, dass die Ausgabestellen einen gesellschaftlichen Skandal verdecken und Betroffene ruhigstellen, statt sie zum Protest zu ermutigen.
Das Diakonische Werk im Westerwald ist der Träger der regionalen Tafelarbeit. Dessen Leiter, Wilfried Kehr, kennt die Vorwürfe – und kann sie durchaus verstehen. In seiner Masterarbeit „Hilfe unter Protest!?“ hat er sich ihnen gestellt und den Anspruch der Tafeln in kirchlich-diakonischer Trägerschaft mit der Wirklichkeit verglichen. Eine schwierige Gratwanderung, für die Kehr nun von der Evangelischen Hochschulgesellschaft Darmstadt ausgezeichnet worden ist.
Seit acht Jahren ist Wilfried Kehr Leiter des Diakonischen Werks im Westerwald. Ein Job, in dem er oft mit dem Für und Wider der Tafelarbeit konfrontiert wird. „Ich habe mich in den vergangenen Jahren häufig gefragt, ob die Tafeln sozialpolitisch überhaupt vertretbar sind; ob sie nicht Armut verfestigen und den Sozialstaat aus der Verantwortung entlassen. Und was ist mit der Würde der Menschen, die zur Tafel kommen? Schließlich müssen sie erst einmal nachweisen, ob sie überhaupt ,förderwürdig' sind. Ist das moralisch in Ordnung?“
Fragen, die den Diakonieleiter lange bewegen und denen er 2008 schließlich auf den Grund geht. Er beginnt neben seiner Arbeit im Westerwald das Studium der Diakoniewissenschaft an der Universität Heidelberg, das er 2011 mit der Masterarbeit beendet. In ihr beschäftigt er sich mit einer Entwicklung, die er die „Vertafelung der Gesellschaft“ nennt: „Die Tafeln sind inzwischen ein Massenphänomen“, sagt Kehr. „Sie tauchen sowohl in Talkshows als auch im ,Tatort' auf, haben bundesweit mehr als 50.000 ehrenamtliche Helfer und erreichen über 1,5 Millionen Bedürftige. Kurz: Sie sind allgegenwärtig. Deshalb werden sie auch hinterfragt und stehen mitunter in der Kritik – etwa wenn es um die Hilfe zur Selbsthilfe geht, die zwar postuliert wird, aber nicht immer stattfindet.“
Trotzdem (oder gerade deswegen) kommt Kehr in seiner Masterarbeit zu dem Schluss, dass ein Ausstieg aus dem Tafel-Modell der falsche Weg ist. „Die Herausforderung ist doch, mit dieser Kritik so umzugehen, dass sie für unsere Arbeit eben nicht zutrifft. Nicht, um sich ihrer zu entziehen. Sondern um die Probleme anzupacken.“
Für den Diakonie-Leiter bedeutet das im Klartext, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter gut geschult werden und den Bedürftigen stets respektvoll begegnen sollen. Außerdem geht es seiner Ansicht nach darum, auf gesellschaftliche Missstände öffentlich hinzuweisen, statt nur deren Symptome zu lindern: „Wenn wir beispielsweise das Jubiläum einer unserer acht Ausgabestellen feiern, ist das nicht nur ein Grund zur Freude. Denn die Tafel zeigt einen gesellschaftlichen Skandal auf. Und das betonen wir als Träger bei jeder Gelegenheit.“
Dass es freilich nicht nur bei Worten bleibt, zeigt unterdessen die Ausgabestelle Montabaur-Wirges. Dort gibt es während der Ausgabezeiten eine von einem Förderverein finanzierte, kostenlose Sozialberatung. Sie stellt für die Betroffenen den Kontakt zur Familien- oder Schuldnerberatung her und baut Brücken in Vereine oder Jugendhäuser. Darüber hinaus arbeiten rund 60 Kunden der „Westerwaldkreis Tafel“ ehrenamtlich und aktiv mit.
Doch Vorstöße wie diese sind erst ein Anfang. Und sie zeigen Kehr immer wieder die Grenzen der Arbeit auf: „Die Organisatoren der Tafelarbeit sind am Limit“, sagt er. „Solche Initiativen, die über das Tagesgeschäft hinausgehen, brauchen neue Kräfte. Ich kann diese Kräfte aber nicht aus den vorhandenen Beratungsangeboten herausziehen. Deshalb hoffe ich, dass uns gerade die Landeskirche künftig noch stärker unter die Arme greift und zusätzliche Stellen geschaffen werden, die die weiterführende Beratung möglich machen.“ (bon)
Zusatz:
Das Preisgeld der Evangelischen Hochschule Darmstadt für Wilfried Kehrs Masterarbeit kommt der Arbeit der „Westerwaldkreis Tafel“ zugute.
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Nachricht vom 26.04.2013 |
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