WW-Kurier
Ihre Internetzeitung für den Westerwaldkreis
Nachricht vom 05.05.2013
Region
Infotag der ARGE Nister zeigte die Gefährdung des Flusses
Die Nister gilt als bedrohtes Juwel unter den kleinen Flüssen in Deutschland, denn es gibt Arten und Lebewesen in ihrem Wasser und Flussbett, die es sonst kaum noch gibt. Beim Infotag der ARGE Nister in Stein-Wingert gab es einen Blick auf die Projekte und die Sorgen, denn das schöne Flüsschen ist gefährdet. Dabei geht es nicht nur um den Erhalt der Edelkrebse.
Noch finden Flusskrebse ihren Lebensraum in der Nister, sie sind nicht zu verwechseln mit den eingeschleppten Wollhandkrebsen, die sich rasant in den Flüssen vermehren. Fotos: Maja WagenerStein-Wingert. Auf den Kormoran, "Vogel des Jahres 2010", sind die Stein-Wingerter Manfred Fetthauer und Horst Schneider nicht gut zu sprechen: Nicht nur sie machen den fliegenden Räuber für den akuten Fischrückgang, das verstärkte Algenwachstum und damit den drohenden Exitus des Westerwälder Fließgewässers stark mitverantwortlich.
Bei einem gut besuchten Informationstag der ARGE Nister in Stein-Wingert erfuhren die mehr als 70 interessierten Besucher an diesem Wochenende, dass wissenschaftliche Forschungen an der Nister diese Vermutung untermauern. Daneben präsentierten die aktiven Naturschützer die gesamte Bandbreite ihrer Arbeit.

Die ARGE Nister widmet sich seit ihrer Gründung 1997 dem Gewässerschutz. Konkrete Projekte wie die Rückkehr des ehemals heimischen Lachses in die Nister, der Erhalt des Edelkrebses sowie der Flussperl- und Bachmuscheln gehören genauso dazu wie wissenschaftliche Arbeit mit Hochschulen und der Kontakt zu Jägern, Anglern, Umweltschützern, Kommunen und Ministerien. So begrüßte Manfred Fetthauer, erster Vorsitzender der ARGE, neben Gabriele Greis, erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde Hachenburg, auch Friedrich Esser, ehemaliger Forstamtsleiter in Hachenburg, Ute Beckhaus vom BUND in Hachenburg sowie viele Jäger, Angler und andere Interessierte.

Schon 2002 bemerkten Ortskundige eine Veränderung an der Nister, berichtete Fetthauer. 2005 meldete die ARGE Nister erstmals, dass der Fluss stirbt, wenn weiterhin so viele Fische entnommen würden. "Nicht von den Anglern", betonte Fetthauer mit ernstem Unterton.
"1945 wurde die Nister gesprengt und hat sich erholt. In den 60ern leiteten die vielen neuen Waschhäuser die Brühe in die Nister, und sie hat sich erholt. Auch die Flussbegradigung in den 70ern hat die Nister überstanden. Erst mit dem Kormoran ist die Nister gekippt. Und dann wird er Vogel des Jahres 2010. Aber wir sind ja alle dumme Bauern", empörte sich Jäger Horst Schneider.

Die Forschung gibt dem alten Westerwälder recht: Zusammen mit Dr. Carola Winkelmann und Doktorandin Daniela Mewes von der Universität Koblenz-Landau sowie Dr. Jörg Schneider und Dr. Dirk Hübner von der Bürogemeinschaft für fisch- und gewässerökologische Studien wird in den kommenden Jahren der Beweis geführt, dass sich weder innere noch äußere Bedingungen in den vergangenen zehn Jahren entscheidend verändert haben – bis auf den Einzug des bisher in den Mittelgebirgen nicht heimischen Kormorans. Damit bestätigt sich das, was die Wäller Naturschützer schon längst wussten: Die Nister kippt vor allem deshalb, weil in zu kurzer Zeit zu viele Fische aus dem Fluss verschwunden sind. Vor allem der Rückgang der Nase, eines algenfressenden Fisches, ist dramatisch. Darauf machte Fetthauer bereits 2010 aufmerksam.

Eutrophierung nennt sich der Effekt, wenn aufgrund von zu viel Phosphor und Stickstoff im Wasser Algen überhand nehmen. Sie verbrauchen den wertvollen Sauerstoff, den Fische ebenso wie Kleinstlebewesen zum Überleben brauchen. Diese werden verdrängt – das Gewässer stirbt. Zwei Gläser, in denen ein gesundes und ein gekipptes Bachbett simuliert wurden, machten den Unterschied sichtbar: Während der eine Behälter glasklares Wasser enthielt, schwamm in dem anderen eine trübe grün-braune Suppe.

Neben dem bisher vergeblichen Kampf gegen den Kormoran zeigte Fred Duscha vom Büro für Neophytenregulation und Gewässerökologie einen Erfolg: Dank seiner kontinuierlichen Arbeit im Rahmen eines Modellprojekts konnte der Hachenburger in den vergangenen sieben Jahren den Vormarsch der für Menschen hochgiftigen Herkulesstaude aufhalten. Zählte er 2007 noch 49.200 Einzelpflanzen, waren es 2009 nur noch 7.687 Stauden. Heute fände er nur noch Einzelexemplare, berichtete Duscha.

Neben den Vorträgen zeigte Daniela Mewes anhand von Schaubildern und Mikroskopproben, welche Arten in lebendigen Abschnitten der Nister vorkommen. Eine winzige Flussperlmuschel aus der Nister präsentierte Heidi Selheim von der biologischen Station Aachen am Elektronenmikroskop, während Albert Lerner stolz vier Edelkrebse aus einem der großen Wasserbehälter fischte. Besuche an der nahegelegenen Nister in Gesellschaft von vier Kormoranen rundeten den Informationstag ab. (Maja Wagener)
       
Nachricht vom 05.05.2013 www.ww-kurier.de