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Nachricht vom 03.12.2013 |
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Region |
Experten durchleuchteten den Westerwälder Arbeitsmarkt |
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Sie sind auch im Westerwald die Verlierer des vermeintlichen „Jobwunders“: die Langzeitarbeitslosen. Obwohl der heimische Arbeitsmarkt noch immer aufnahmefähig ist, fällt es den derzeit registrierten 1.040 Langzeitarbeitslosen schwer, einen passenden Arbeitsplatz zu finden. Mit Ursachen und Maßnahmen beschäftigte sich auf Einladung des Forums Soziale Gerechtigkeit eine Expertenrunde in Montabaur.
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Westerwald. „Die Oberfläche ist blank poliert, doch darunter gibt es noch zu viele Probleme die bekämpft werden müssen“, stellte Forumssprecher Uli Schmidt (Horbach) mit Blick auf den heimischen Arbeitsmarkt bei der Begrüßung fest. Er würdigte aber, dass auch viele Langzeitarbeitslose und Langzeitleistungsbezieher bereits vom positiven Arbeitsmarkt und einer intensiven Betreuung profitiert haben. Eine noch intensivere Betreuung und damit noch mehr Erfolge erschwerten die vom Bundesgesetzgeber zu verantwortenden einschneidenden Mittelreduzierungen.
Für die gastgebende Gesellschaft zur Förderung Beruflicher Integration (GFBI) stellte dessen Geschäftsführer Stephan Reckmann das innovative Projekt JUWEL zur Arbeitsmarktintegration junger Leute vor, in dessen fast voll besetztem Tagungsraum die Veranstaltung stattfand. „An den verschiedenen Standorten in der Region haben wir bisher versucht 1.100 jungen Menschen eine soziale und berufliche Orientierung zu geben.“ Reckmann konnte bei denen, die die volle Projektzeit durchgehalten haben, eine Erfolgsquote von 58 Prozent vermelden.
Über den Arbeitsmarkt im Westerwaldkreis und die Situation der Langzeitarbeitslosen referierte Heike Strack, Chefin der Agentur für Arbeit Montabaur. „Wer seit Jahren nicht mehr im Berufsleben steht, hat es nicht leicht, einen Job zu finden“, stellte sie fest. „Viele Langzeitlose haben veraltetes oder nur geringes Fachwissen, mancher hat gesundheitliche oder soziale Probleme, viele sind über 50 Jahre alt. Es ist kein Wunder, dass dies zu Resignation und Frustration führt. Umso wichtiger ist es, diese Menschen intensiv zu betreuen und zu beraten und ihnen Perspektiven zu eröffnen.“ Heike Strack nannte Wege aus der Langzeitarbeitslosigkeit: Qualifizierung, Zuschüsse bei Arbeitsaufnahme, Probezeiten in Betrieben. Wichtig sei auch, Vorurteile bei Arbeitgebern und in der Gesellschaft zu bekämpfen.
Ein Großteil der Langzeitarbeitslosen im Westerwaldkreis ist in Betreuung des Jobcenters. Dessen Leiter Peter Hahn wies in seinem Vortrag auf die stark reduzierten Mittel hin, um für die Langzeitleistungsbezieher im Hartz IV – System geeignete Arbeitsmarktmaßnahmen anbieten zu können. „Trotzdem“, so Hahn, „ist es uns seit 2009 gelungen, von damals 3.900 Langleistungsbeziehern schon 900 Menschen in Arbeit zu bringen“. Das seien 900 Einzelschicksale, die man zumindest positiv habe beeinflussen können. Hahn dankte dem Land Rheinland-Pfalz und dem europäischen Sozialfond für die geleistete Unterstützung, mit der zumindest ein Teil der weggefallen Eingliederungsmittel hätten aufgefangen werden können. Neben den Jugendlichen stünden künftig besonders die Zielgruppe der Älteren im Mittelpunkt. Bei den Jungen sei man mit JUWEL, bei den Älteren mit dem Beschäftigungspakt „Perspektive 50 Plus – Hand drauf“ auf einem guten Weg. Der Chef des Jobcenters wies abschließend darauf hin, dass viele „Langleistungsbezieher“ einer Arbeit nachgehen und nur als „Aufstocker“ Mittel erhalten.
Mit viel öffentlichem Geld wurden in den zurückliegenden Jahren die Berufsförderungswerke (BFW) zu modernen und leistungsfähigen Ausbildungsstätten für Menschen mit einem Handicap ausgebaut. Der Geschäftsführer des BFW Koblenz in Vallendar, Heinz-Werner Meurer, stellte das vielfältige Angebot seiner Einrichtung von Metall- bis zu Sozialberufen vor. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen zu lange ohne Arbeit sind“, so Meurer. Dazu könne und wolle das BFW künftig noch mehr beitragen.
In der Diskussion wurde mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin von der Politik gefordert, die Weichen wieder so zu stellen, dass nicht nur bei denjenigen Geld investiert wird, bei denen eine schnellstmögliche Integration in den Arbeitsmarkt zu erwarten ist. Die heimische Landtagsabgeordnete Dr. Tanja Machalet regte an, insbesondere auch Alleinerziehende im Blick zu haben und Einrichtungen wie das Sozialkaufhaus in Montabaur fortzuführen. Leider blieb nur wenig Zeit um zu überlegen, wie für vom Arbeitsmarkt und der Gesellschaft dauerhaft ausgegrenzte Personen mehr Möglichkeiten der Erwerbsarbeit in einem Sozialen Arbeitsmarkt geschaffen werden können.
Uli Schmidt kündigte für Januar 2014 gemeinsam mit dem AWO-Kreisverband in der 2014 startenden neuen Reihe „Westerwalddialog Sozial“ eine kritische Bestandsaufnahme des regionalen Hartz IV-Systems an. „Wir dürfen es nicht zulassen, dass wegen falscher politischer Weichenstellungen unnötig viele vergessene Arbeitslose auf der Strecke bleiben, weil sie auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligt sind“, so der Forumssprecher.
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Nachricht vom 03.12.2013 |
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