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Nachricht vom 20.05.2015 |
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Region |
Artenschutzprojekt bereitet Stadtbachsanierung vor |
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Wer dieser Tage in Montabaur auf dem Kappesgärtenweg vom Schwimmbad zum Stadtteil Horressen spaziert, wird sich vielleicht über die neuen Einzäunungen rechts und links des Weges wundern. Sie sind das sichtbare Zeichen für ein besonderes Artenschutzprojekt, das die Stadt Montabaur in diesem Bereich begonnen hat. |
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Montabaur. Auf den dort gelegenen Feuchtwiesen lebt nämlich ein seltener Schmetterling, der Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Dieser soll nun zum Umzug bewegt werden, damit die Stadt auf dem Gelände zwischen dem Kappesgärtenweg und dem Biebrichsbach ein naturnahes Hochwasserrückhaltebecken anlegen kann. Dieses wiederum ist die Voraussetzung dafür, dass die dringende Sanierung der Stadtbachverrohrung in Angriff genommen werden kann.
Das Projekt: Der Wiesenknopf-Ameisenbläuling lebt auf beiden Seiten des Kappengärtenweges. Das wurde in einem Artenschutzgutachten eindeutig festgestellt. Nun soll er durch gezielte Schnitt- und Pflegemaßnahmen dazu bewegt werden, sich ausschließlich auf die Grünflächen Richtung Wohngebiet Christches Weiher zurückzuziehen. Das geht so: Für sein Überleben braucht der Wiesenknopf-Ameisenbläuling zwei Partner: Eine Wiesenblume namens Wiesenknopf und die Rote Ameise (siehe Infokasten). Der Wiesenknopf gedeiht auf halbhohen Feuchtwiesen, die ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden können. Im Rahmen des Projektes darf diese Mahd (Wiesenschnitt) allerdings keinesfalls zur Paarungs- und Brutzeit des Bläulings im Juli und August passieren. Gemäht wird ausschließlich in dem eingezäunten Bereich auf der Wegeseite Richtung Christches Weiher, um hier ein optimales Lebensumfeld für den geschützten Falter zu schaffen. Auf der anderen Wegeseite, wo das Hochwasserrückhaltebecken entstehen soll, wird hingegen nicht gemäht, so dass die Wiese dort so hoch wird, dass die anderen Pflanzen den Wiesenknopf überragen und schließlich zurückdrängen. Dies steht jedoch den Gewohnheiten des Wiesenknopf-Ameisenbläulings entgegen, der im hohen Gras Schwierigkeiten beim Landeanflug auf die Blüten hat.
„Wir hoffen, dass der kleine Falter sich dann aus diesem Bereich zurückzieht und auf die andere Wegeseite umzieht, wo die Bedingungen für ihn wesentlich besser sind“, erläutert Projektleiterin Christine Kirchhöfer von der Verbandsgemeinde Montabaur das Ziel der auf zwei Jahre angelegten Maßnahme. Der Erfolg dabei steht und fällt mit der Einhaltung der genauen Schnitt- und Pflegevorgaben. „Damit keiner der Nachbarn aus Versehen die Projektflächen befährt oder gar mäht, haben wir die Bereiche sicherheitshalber eingezäunt. Schon eine einzige Störung kann erheblichen Verzug verursachen“, so Kirchhöfer weiter. Das Artenschutzprojekt ist Resultat aus dem Genehmigungsverfahren für das Hochwasserrückhaltebecken und wurde von der unteren Naturschutzbehörde beim Westerwaldkreis angeordnet.
Das Hochwasserrückhaltebecken: Der Stadtbach wird auf einer Länge von rund 1.600 Metern in einem Rohrsystem unter der Innenstadt entlang geführt. Diese Verrohrung ist inzwischen rund 80 Jahre alt und muss dringend umfassend saniert werden. Um diese Arbeiten unterirdisch durchführen zu können, muss allerdings sichergestellt sein, dass bei lang anhaltendem Regen oder Unwetter nicht wesentlich mehr Wasser als normal durch die Verrohrung fließt. Sonst besteht Lebensgefahr für die Arbeiter, die von zu viel und zu schnell fließendem Wasser mitgezogen werden könnten. Der Stadtbach wird unter anderem vom Biebrichsbach gespeist, der nahe der Oderstraße in den Stadtbach fließt. Gerade der Biebrichsbach, der von der Montabaurer Höhe her kommt, führt bei starkem Regen sehr viel Wasser, das – wenn es nicht zurückgehalten wird – ungebremst in den Stadtbach und damit in die Verrohrung schießt. „Deshalb setzen wir mit dem Hochwasserrückhaltebecken kurz vor dem Mündung des Biebrichsbachs in den Stadtbach an“, erklärt Christine Kirchhöfer. Das eigentliche Becken könne man sich wie eine große Überschwemmungsfläche vorstellen, eine Art „Wiesenbecken“, das zum Kappesgärtenweg hin abgegrenzt wird. Dazu wird ein zwei bis drei Meter hoher Damm angeschüttet, auf dem dann der neue Kappesgärtenweg an bestehender Stelle verläuft. „Der Kappesgärtenweg wird aber als Spazierweg erhalten. Auch die Wiesen rechts und links bleiben unverändert“, versichert die Projektleiterin.
Nach dem jetzigen Stand der Planungen soll die Sanierung der Stadtbachverrohrung im Jahr 2018 beginnen und mindestens ein Jahr dauern. Da der Stadtbach in weiten Teilen von Innen saniert wird, verringert sich der Querschnitt des neuen Rohres. Daher wird das Hochwasserrückhaltebecken auch nach der Sanierung erhalten bleiben, um bei Starkregen die erste Flut abzufangen und anschließend kontrolliert an den Stadtbach abzuleiten.
Der Wiesenknopf-Ameisenbläuling: Raffiniert! Anders kann man die Überlebensstrategie des eher unscheinbaren Falters nicht bezeichnen. Die Paarungszeit der Bläulinge fällt in die Blütezeit der Wiesenknöpfe. Die Falter ernähren sich vom Nektar der Pflanze, schlafen, balzen und paaren sich darauf und legen ihre Eier in den Blüten ab. Wenn die Raupen geschlüpft und durch die Nektarmahlzeiten reichlich gewachsen sind, lassen sie sich auf den Boden fallen und damit ihren Feinden, den Roten Ameisen, direkt vor die Füße. Diese fressen normalerweise Raupen aller Art. Die Raupen des Wiesenknopf-Ameisenbläulings allerdings tricksen die “feindlichen“ Ameisen aus: Mit ihren Honigduftdrüsen und Honigdrüsen produzieren sie verführerische Düfte, denen die „vernaschten“ Ameisen offensichtlich nicht widerstehen können. So „adoptieren“ sie die Raupen und schleppen sie in ihre unterirdischen Bauten, gewissermaßen als beständige Honigquelle. Dort überwintern die Raupen und ernähren sich inzwischen von den Larven der Ameisen. Die Raupen halten die Ameisen durch Honigabsonderungen „bei Laune“, bis sie sich schließlich verpuppen. Zur Paarungszeit im Juli / August verlassen dann die fertigen Schmetterlinge unter Anwendung weiterer Tricks die Ameisenbauten und der Zyklus beginnt von neuem. Wiesenknopf-Ameisenbläulinge haben eine zimtbraune Färbung mit schwarzen, weiß umrandeten Augen darauf. Bei den Männchen schimmert die Oberseite der Flügel blau, woher der Name Bläuling rührt. Die Falter erreichen eine Spannweite von 35-40 Millimeter. Die Schmetterlinge werden meist nur zwei bis drei Wochen alt. Aufgrund ihrer hochspezialisierten Überlebensstrategie gelten die Falter als Besonderheit und sind deshalb durch EU-Recht streng artenschutzrechtlich geschützt. Quellen im Internet: BUND Hessen und NABU Baden-Württemberg. Pressemeldung der Verbandsgemeindeverwaltung Montabaur.
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