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Nachricht vom 22.10.2015
Region
Die Kirchen setzen leuchtendes Zeichen für Menschlichkeit
Die evangelischen Dekanate Bad Marienberg und Selters nahmen ebenso wie die katholischen Pfarrgemeinden an der Kundgebung für eine Willkommenskultur teil. Da gab es bewegende Momente, als Pfarrer Oliver Salzmann zur Schweigeminute für die Menschen aufrief, die auf der Flucht starben. Da wird das Bild der kleinen toten syrischen Jungen am Strand vor so manchem geistigen Auge lebendig geworden sein.
Ein Lichtermeer als Zeichen gegen Fremdenhass: Vertreter der evangelischen und katholischen Kirchen verteilten Hunderte von Kerzen an die Teilnehmer der Kundgebung. Fotos: Peter BongardWesterwaldkreis. Viele, sehr viele sind dem Aufruf des Wäller Bündnisses für Menschlichkeit und Toleranz gefolgt: nach Bad Marienberg, wo zwischen 2000 und 3000 Menschen eine lebendige Willkommenskultur für Flüchtlinge im Westerwald gefordert haben. Auch die evangelischen Dekanate Bad Marienberg und Selters nahmen mit Pfarrern, Mitarbeitern und Ehrenamtlichen an der Kundgebung teil.

Und sie sorgten gemeinsam mit ihren katholischen Geschwistern für einen besonders eindrücklichen Moment: In seiner Rede rief der Bad Marienberger Pfarrer Oliver Salzmann zu einer Schweigeminute für diejenigen auf, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben. Währenddessen entzündeten die Teilnehmer Hunderte Kerzen, die die Katholiken und Protestanten zuvor verteilt hatten.

Das Friedenslicht war ein hell leuchtendes Ausrufezeichen für das, was die zahlreichen Rednerinnen und Redner an diesem Abend immer wieder betonten: Der Westerwald ist ein weltoffenes, tolerantes Fleckchen und wird auch die rund 1500 Flüchtlinge willkommen heißen, die im naheliegenden ehemaligen Truppenübungsplatz Stegskopf mittelfristig untergebracht werden sollen. „Wir werden die Situation gut bewältigen und die Bedenken ernst nehmen. Wir brauchen das gute Miteinander – und nicht das Schüren von Ängsten“, unterstrich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Pfarrer Oliver Salzmann griff den Gedanken in seiner bewegenden Rede auf: Für ihn ist es entscheidend, im Gespräch zu bleiben, aber dennoch klare Linien zu ziehen: „Politische Debatten müssen in diesem Kontext sicherlich erlaubt sein. Aber über die Frage, wie wir uns als Christen den Flüchtlingen gegenüber zu verhalten haben, die bei uns Schutz und Hilfe suchen kann und darf es keine Diskussion geben.“

Auch die Bibel findet oft eindeutige Worte, wenn vom Miteinander der Einheimischen und Fremden die Rede ist. Salzmann zitierte Verse aus dem 3. Buch Mose, die auffordern, den Fremden im eigenen Land „nicht zu bedrücken“, sondern ihn „wie sich selbst zu lieben“: „Ich wünschte, noch mehr Menschen würden sich diese Zeilen zu Herzen nehmen und wären erfüllt vom Mitleid und der Barmherzigkeit, mit der auch Jesus auf die Not des Einzelnen blickt“, sagte Salzmann und betonte, dass es niemals dem Geiste Christi entspricht, Notleidenden mit Ablehnung zu begegnen. „Denjenigen, von denen Gewalt und Hass ausgeht, aber auch der gesamten Öffentlichkeit im Westerwald, werden wir als Kirche mit Worten der Barmherzigkeit und Menschenliebe in den Ohren liegen.“

Was am Ende des beeindruckenden Abends in Bad Marienberg bleibt, sind wichtige Worte und viele Signale, die zeigen, das sich Herzenswärme selbst im kalten Wäller Wind ausbreiten kann. „Im Matthäus-Evangelium sagt Jesus Christus: "Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.", zitierte der stellvertretende Dekan des Dekanats Selters, Wilfried Steinke, am Rande der Demonstration. „Dieser Satz beinhaltet für mich die Verpflichtung, sich für die einzusetzen, die in unserem Land Schutz suchen. Und er bedeutet für mich, dazu beizutragen, dass Fremde bei uns Heimat finden. Eine Heimat, in der sie sich nicht nur willkommen, sondern geschützt und geborgen fühlen.“ (bon)
 
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