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Nachricht vom 05.04.2016 |
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Region |
Ministerin Irene Alt entschuldigte sich für mangelhafte Kommunikation |
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Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt entschuldigte sich öffentlich für die mangelhafte Kommunikation der Landesregierung, speziell ihres Ministeriums. In Daaden fand die Veranstaltung am Dienstag, 5. April statt, zu der wenige Stunden zuvor eingeladen worden war. Es ging um den Stand-by-Modus für die Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge Stegskopf. Für die Verantwortlichen gab es zum Teil harsche Kritik. |
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Daaden. „Ich entschuldige mich bei ihnen“. Diese Worte sprach Ministerin Irene Alt im Verlaufe der abendlichen Veranstaltung am Dienstag (5. April) noch weitere Male aus und sie hatte allen Grund dazu. Es war ein ordentlicher Fauxpas, den sich die Landesregierung in Mainz da erlaubt hatte, als sie am 24. März eine Pressemeldung herausgab und darin verkündete, dass die AfA Stegskopf in Kürze nicht weiter belegt und in den „Stand-by“ Modus versetzt werde. Weder die Angestellten, noch der DRK Kreisverband Altenkirchen, der Landrat, die Vertragspartner (Sicherheitsfirma und Catering) und schon gar nicht die Ehrenamtliche Flüchtlingshilfe Heller-Daadetal (EFH) waren im Vorfeld von dieser Entscheidung informiert worden.
Sie alle erfuhren aus den Medien davon. Dies sorgte verständlicher Weise bei den oben genannten für Irritation, Verärgerung und viele offene Fragen. So richtete die EFH am 30. März einen offenen Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und bat um Stellungnahme bezüglich der Pressemeldung. So war es also an Irene Alt, Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen in Rheinland-Pfalz, das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen. Zum Termin am Dienstag waren in erster Linie also die Ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer eingeladen. Es würden weitere Termine folgen, mit den hauptamtlich Beschäftigten, dem DRK Kreisverband Altenkirchen und dem Landrat, kündigte Alt an.
Der EFH versicherte die Ministerin, dass man in Mainz durchaus um das große Engagement vor Ort Bescheid wisse und allen dafür ein herzliches Dankeschön ausspreche. Auch diese Worte wurden im Verlauf der Veranstaltung noch einige Male in ähnlicher Form wiederholt. Das Land stehe zu seinen Verpflichtungen, ganz besonders im Hinblick auf die Angestellten der AfA Stegskopf. Man wolle allen entsprechende Alternativangebote machen. Der Grund für die Entscheidung der Landesregierung, den Stegskopf erst einmal nicht weiter zu belegen, liege in der stark zurück gegangenen Flüchtlingszahl. In den Monaten Oktober und November 2015 seien 500 bis 800 Menschen pro Tag nach Rheinland-Pfalz gekommen. Im Januar wären es 4.700, im Februar 3.000 und im März nur noch 1.700 gewesen. Alle Aufnahmeeinrichtungen des Landes seien zusammen nur noch zu 50 Prozent ausgelastet. Die AfA Stegskopf sei von der Entscheidung nicht alleine betroffen. Man habe abwägen müssen. Als entscheidende Nachteile der hiesigen AfA habe man die hohen Transportkosten (Pendelverkehr zur BaMF) und die immensen Brandschutzkosten gesehen.
Beides wäre gegenüber anderen Einrichtungen unverhältnismäßig teuer. Eine Werksfeuerwehr sei für die AfA Stegskopf gesetzlich vorgeschrieben und müsse auf Grund der Größe europaweit ausgeschrieben werden. Einen politischen Hintergrund, also ein Nachgeben auf die Gegendemonstrationen in der Region, habe die Entscheidung keineswegs. Das Land werde weiterhin für eine Instandhaltung und Bewachung der AfA sorgen, damit diese im Bedarfsfall wieder in Gang gesetzt werden könne.
Detlef Placzek, Leiter des Führungsstabs Flüchtlingshilfe, erinnerte daran, dass man vor einem halben Jahr schon einmal im Bürgerhaus Daaden gesessen und damals um Verständnis in der Bevölkerung für die Einrichtung der AfA Stegskopf geworben habe. Er appellierte an die freiwilligen Helfer ihr Engagement nicht zurück zu nehmen, weil seitens der Verantwortlichen in Mainz ein Fehler gemacht worden sei. „Wir brauchen sie in der Region“. Immerhin seien etwa 3.000 Flüchtlinge dem Landkreis zugewiesen worden und benötigten weitere Unterstützung.
Placzek bot an, die Hilfe in den Kommunen zu unterstützen und sprach eine Einladung der Ministerpräsidentin in die Staatskanzlei aus. Moderatorin Ilse Thomas (Leiterin Projektgruppe Fluchtlingsaufnahme) gab danach grünes Licht für die Fragen aus dem Publikum.
Clemens Lück (EFH) fragte, warum die Menschen vor Ort nicht in die Entscheidung mit einbezogen worden wären und hob die Vorteile der AfA Stegskopf hervor. In Windhagen würden Container aufgestellt und die Gebäude auf dem Stegskopf stünden leer. Alt nahm die Kritik an und gab ihm Recht bezüglich der Einbeziehung der Menschen vor Ort. Placzek erklärte, dass die Sache mit den Containern eben auch ein Fall von Vertragseinhaltung seitens des Landes bedeute. Man habe Verträge geschlossen, die eingehalten werden müssten.
Anna Köbberling, Vizepräsidentin der ADD bestritt, dass die Entscheidung der Landesregierung ein längerer Prozess gewesen sei. Noch im März habe man Arbeitsverträge unterzeichnet. Erika Tielmann (EFH) meinte, sie habe sich von der Landesregierung mehr Weitblick gewünscht. Diese handle aber wie ein Wirtschaftsbetrieb ohne Rücksicht auf Verluste. Den Hauptamtlichen alternative Arbeitsplätze in Diez anzubieten werfe die Frage auf, ob man in Mainz nicht wisse wie groß die Entfernung sei.
Hans-Peter Richter (EFH) erklärte vorab, dass er die Entschuldigung der Ministerin annehme. Ihn wundere aber, dass niemand Gesicht zeige und den Mut habe zuzugeben, dass der Stegskopf geschlossen werden solle. Er wünschte sich von den Verantwortlichen mehr Ehrlichkeit. Ein BaMF gebe es im nahen Burbach und eine Werksfeuerwehr sei auf dem nahegelegenen Siegerlandflughafen ebenfalls vorhanden.
„Ich wäre froh, wenn ich Einfluss auf die BaMF hätte“, sagte Alt. Seitens der Landesregierung habe man sich bemüht die Flüchtlinge in NRW oder Hessen registrieren zu lassen. Das sei aber vom Bund nicht gewollt. Köbberling ergänzte dazu, dass es viele Bestrebungen für eine Registrierungsstelle auf dem Stegskopf gegeben habe. Der Bund aber für ganz Rheinland-Pfalz nur eine Einrichtung vorgesehen hätte. Die Entscheidung in Mainz sei nicht lange geplant gewesen und bezüglich der Werksfeuerwehr gebe es Gesetze die eingehalten werden müssten. Placzek ergänzte dazu, dass er am 21. März noch nicht gewusst habe, wie es mit der AfA Stegskopf weiter gehen werde. Aber geschlossen werde die Einrichtung nicht.
Kerstin Ginsberg (EFH) fragte, wie lange der Stand-by Status erhalten bleiben solle und ob bei einer neuen Belegung die EFH frühzeitig informiert werde. Sie plädierte dafür, die Flüchtlinge aus den überfüllten Lagern in Italien und Griechenland nach Deutschland kommen zu lassen. Manfred Weber (EFH) warf der Landesregierung sogar Dilettantismus vor und erklärte, dass er eine solche Entscheidung nie erwartet habe. Alt antwortete, dass die Landesregierung auch mit den Entscheidungen des Bundes, die dieser völlig autark treffe, leben müsse und diese umsetzen müsse. Man habe bei 24 Einrichtungen im Land nun mal entscheiden müssen, aber geschlossen werde keine. Für eine erneute Belegung der AfA Stegskopf sei nun mal auf Grund der Problematik mit der Werksfeuerwehr eine längere Vorlaufzeit nötig.
Hannah Eckhard (EFH) berichtete von einem Besuch einer Flüchtlingseinrichtung in Koblenz und schilderte die dortigen Bedingungen als entsetzlich und grausam. „Wäre ich doch noch mal am Stegskopf“, habe der junge Mann gesagt den sie dort besucht hatte. Nicole Schneider (EFH) erzählte von den vier tollen, vom feinsten eingerichteten Spielgruppen für die Kinder und das solle nun geschlossen werden. Friedhelm Meier (EFH) war der Meinung, dass nun alles auf die fehlende Feuerwehr abgeschoben werde und fragte, ob denn die vorherige Belegung illegal gewesen sei. Alt bestätigte die tolle Einrichtung der Spielgruppen auf dem Stegskopf, sagte aber auch, dass niemand mit den Grenzschließungen habe rechnen können und man der geringen Anzahl der Flüchtlinge nun mal Rechnung tragen müsse. Köbberling bestritt, dass alles auf die Situation mit der Feuerwehr geschoben würde. Fakt sei aber, dass es Gesetze gebe an die man sich halten müsse. Dieses Gesetz sähe eine Ausnahme in einer Notsituation vor, die im Herbst vergangenen Jahres vorgelegen habe.
Pfarrer Steffen Sorgatz (EFH) kritisierte die Delegation, dass sie nicht zuerst mit den Hauptamtlichen gesprochen habe. Für die EFH erklärte er, dass das Herzblut der Helfer an der Einrichtung hinge. In einem EFH-Treff am Vorabend habe man festgehalten: „Der Stegskopf ist tot, die Flüchtlingshilfe lebt“, und wolle das Engagement in den Kommunen fortführen. Dazu würden aber Räumlichkeiten gebraucht. „Am schönsten wäre, sie kaufen uns ein Haus“.
Köbberling wollte die stetigen Vorwürfe der Diskussionsteilnehmer im Saal bezüglich der Vermutung, dass man ihnen nicht die Wahrheit sage, nicht im Raum stehen lassen. „Wir sagen was wir wissen in größtmöglicher Offenheit“. Die AfA wird nicht geschlossen, weil wir nicht wissen, was passiert.
Ministerin Alt ergänzte dazu, dass vom Kabinett beschlossen worden sei, keine Einrichtung zu schließen und bot Unterstützung für die EFH bei ihrer Arbeit in den Kommunen an. Günter Knautz (EFH) sprach dem Gremium seinen Dank für die schnelle Reaktion auf den offenen Brief aus. Das Schönste wäre, wenn der Stegskopf weiterhin als AfA genutzt werde, doch das Unterstützungsangebot für die Arbeit vor Ort fand er gut. Wünschen für die Zukunft würde er sich aber generell eine andere Form der Kommunikation auch mit den Ortsgemeinden. (anna)
Kommentar
Hinsichtlich der Flüchtlingsfrage wird Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht müde von einer europaweiten Lösung zu sprechen. Nun ist sogar eine europaeinheitliche Flüchtlingsregelung im Gespräch.
Ein utopisch anmutendes Vorhaben, wenn man sieht, dass es innerhalb der Bundesrepublik nicht möglich ist, die Flüchtlinge länderübergreifend zu registrieren. Da hapert es angeblich schon an unterschiedlichen Computerprogrammen. Dabei ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Bundesbehörde und nur zehn Minuten vom Stegskopf entfernt.
Und dann die Sache mit der Werksfeuerwehr. Da ist eine europaweite Ausschreibung notwendig, um die deutschen Steuerzahler nicht über Gebühr zu belasten. Eine solche Einrichtung gibt es nur wenige Kilometer weiter in NRW.
Andererseits werden eben diese Steuerzahler zu immer höheren Abgaben gezwungen um die Arbeitslosen, die man mit derlei Gesetzen im eigenen Land produziert noch finanzieren zu können. Was für eine absurde Politik in schwierigen Zeiten. (anna)
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