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Nachricht vom 23.05.2016 |
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Kultur |
Rennerod liest: Bibliophile Besonderheit Leporello |
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Welch ein Glück mit Büchern und Kunst zu leben - und welch ein Glück, dass es ausgewiesene Experten und brillante Kenner dieser Leidenschaft gibt. Einen Buchliebhaber und weitgereisten Experten konnte die Buchhandlung Lang in ihrer 'Sims Werkstatt', inmitten der laufenden Ausstellungen mit den Bildmontagen von Konrad Schmidt, begrüßen. Bibliothekar Hans Eckert stellte seltene Leporellos vor. |
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Rennerod. Hans Eckert, Bibliothekar vom Team Antiquaria, der Abteilung für alte Drucke an der Senckenberg Universität Frankfurt am Main, stellte den interessierten Besuchern anhand seltener Werke aus seiner eigenen Sammlung eine der vielen bibliophilen Oasen am Beispiel des Leporellos vor.
Der Buchliebhaberei weht heute der digitale Wind frontal ins Gesicht, alte und seltene Bücher kauft der Sammler bei ausgewiesenen Internetportalen und immer seltener leibhaftig beim Antiquar. Fluch und Segen in einem: Nie war es so einfach, seltene Bücher zu erwerben und niemals vorher war es so selten, dass sich Buchliebhaber persönlich begegnen. Diesem Defizit versucht das Antiquariat Lang in Rennerod mit der Reihe: 'Rennerod liest' entgegenzuwirken und schon zu Beginn des Abends spürten die Anwesenden, dass Hans Eckert nicht nur von Berufs wegen, sondern auch im Privaten seine Passion für besondere Bücher lebt.
Die Eleganz eines Leporellos, oder Ziehharmonikabuchs, entfaltete sich im wahrsten Sinne des Wortes bereits von Beginn an. Die weit ausgebreiteten seltenen Exponate, sei es Friedrich Carl Vogels Panorama des Rheines von 1833 mit den detailgetreuen Zeichnungen des Rheinufers von Mainz bis Köln und der darauf befindlichen Schiffe oder die figürliche Präsentation der 'Deutschen Kaiser im Römer zu Frankfurt' von 1875, verblüffen durch ihre haptische Ästhetik und einhergehenden Sensibilität.
Ein ganzes Alpenpanorama, das des Emmentals in der Schweiz, entblättert sich in einer farbig gefassten Holzschnittfolge von Martin Thönen. Dieses in kleiner Auflage von 25 Objekten gedruckte und vom Künstler signierte Exemplar zeigte anschaulich die kunsthandwerkliche Einzigartigkeit. Mit dem Buch 'Stairs' von Jansma Reins demonstriert Hans Eckert die Schönheit und Anmut ausklappbarer Papierobjekte. Schnell wird deutlich, dass diese Bücher mehr sind als sprachliche Abbildungen der Wirklichkeit zwischen zwei Deckeln aus Pappe. Diese Dimension faszinierte und begeisterte und erweitert das Spektrum und die Vorstellung, was ein Buch sein kann.
Ein Leporello oder Künstlerbuch gibt nicht nur den Inhalt wieder, sondern spielt sogleich mit der Idee des Inhalts, wie an dem Werk 'Kafka' des Schriftenentwerfers und Grafikers Hans Schmidt (Offenbach) augenfällig erkennbar. Ohne den Inhalt des Romans 'Der Prozess' von Franz Kafka zu kennen, verdeutlicht dieses handgeschriebene Buch, Seite für Seite die immer größer werdende Not und ansteigende Bedrängnis des Protagonisten drastisch in Linienführung und Schriftbild. Buch- und Grafikkunst steigern sich in einer solchen Ausgabe zu Höchstleistungen.
Dies sind Bücher voller Grazie und Perfektion, zum Sammeln und Genießen, sinnlich wahrnehmbar mit einer enormen Experimentierfreudigkeit und mit gleichzeitig hohem Qualitätsanspruch. Hans Eckert beeindruckte das Publikum mit seinem Plädoyer für die Buchkunst und die Teilnehmer wünschen sich künftig noch mehr von dieser buchstäblichen Kunst in Rennerod zu erfahren.
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Nachricht vom 23.05.2016 |
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