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Nachricht vom 06.11.2016
Region
Weg zum „Evangelischen Dekanat Westerwald“ geebnet
Die Evangelischen Dekanate Selters und Bad Marienberg haben einen großen Schritt hin zum neuen Dekanat Westerwald gemacht: Auf ihrer ersten gemeinsamen Synode in Montabaur beschlossen die Vertreter der beiden Kirchenkreise die sogenannte Vereinigungsvereinbarung.
Präses Bernhard Nothdurft (Bad Marienberg) spricht über die anstehende Vereinigung der Dekanate Selters und Bad Marienberg, die in Montabaur zum ersten Mal gemeinsam getagt haben. Fotos: PrivatSelters. Das Papier legt die Ziele und Rahmenbedingungen des geplanten Zusammenschlusses beider Dekanate fest und ist von der Synode mit großer Mehrheit beschlossen worden. Dass aus den beiden Westerwälder Dekanaten eines wird, steht freilich schon länger fest. 2013 beschloss die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau eine Gebietsreform. Sie sieht vor, dass sich die Zahl aller Dekanate von 47 auf 25 reduziert. Für den Westerwald bedeutet das: Spätestens Anfang 2019 sollen die beiden Kirchengebiete Selters und Bad Marienberg zum flächenmäßig zweitgrößten der EKHN verschmelzen. Doch so lange möchten die Westerwälder nicht warten und wollen sich schon im Januar 2018 zum Evangelischen Dekanat Westerwald zusammenschließen.

Eine Entscheidung, die sich weder die Kirchenleitung noch die Wäller Protestanten leicht gemacht haben und über die in den vergangenen Jahren viel diskutiert worden ist. Um den Vereinigungsprozess möglichst transparent und zielorientiert zu gestalten, entschieden sich beide Westerwälder Dekanate deshalb für eine Vereinigungsvereinbarung – eine Art Fahrplan zum Zusammenschluss. Auf dessen sechs Seiten sind inhaltliche Schwerpunkte, gemeinsame Ziele und Formelles notiert. Unter anderem auch der Sitz des neuen Dekanats. Nach langen Planungen und Überlegungen fiel die Wahl des künftigen Zentrums schließlich auf Westerburg. Allerdings stellt der geplante Dienstsitz, das „Haus der Kirche“ in der Westerburger Neustraße, die Protestanten vor große Herausforderungen: Damit sämtliche kirchlichen Arbeitsbereiche dort genügend Platz haben, sind Umbaumaßnahmen und ein Erweiterungsbau nötig.

„Die Bauplanungen und die Gespräche mit der Stadt Westerburg über einen Grundstückserwerb haben begonnen. Die Finanzierung dieser Maßnahme, deren Kosten im Moment nur geschätzt werden können, wird die Leistungsfähigkeit beider Dekanate in Anspruch nehmen“, erklärt Präses Bernhard Nothdurft (Bad Marienberg) und ergänzt, dass dieses Thema demnächst intensiv mit der Landeskirche verhandelt wird. Denn die EKHN trägt einen wesentlichen Teil der Kosten des Umbaus. Bis das Finanzielle geklärt ist, wird es eine Übergangslösung geben. Wie diese aussieht, steht aber noch nicht fest. Obwohl die Standortfrage während der Synode viel Raum einnahm, ist sie nur einer von vielen Eckpunkten der Vereinbarung.

Im Dokument steht weiterhin, dass bei den Stellen alles beim Alten bleibt und bestehende Arbeitsverhältnisse vom neuen Dekanat übernommen werden. Neben solchen formellen Leitlinien legt das Papier vor allem auf Inhaltliches wert. Auf den Punkt gebracht: Die Vereinigung soll das evangelische Leben im Westerwald nach vorne bringen. Denn das neue Dekanat Westerwald möchte künftig mit einer Stimme sprechen, also noch deutlicher als Gesprächspartner erkennbar sein und sich stärker in die Gesellschaft einbringen.

Am Ende hat die gemeinsame Synode mit 80 Prozent der Stimmen für das Papier votiert – ein gutes Ergebnis für einen Plan, an dem eine eigene Vorbereitungsgruppe mehrere Jahre lang gearbeitet hatte. Ein Engagement, das die Dekanatsleitung noch einmal ausdrücklich lobte.
Tags zuvor trafen sich beide Dekanate freilich noch einmal an unterschiedlichen Orten. In Wölferlingen und Gemünden verabschiedeten beide Gremien ihre jeweiligen Haushaltspläne fürs kommende Jahr. Im Dekanat Bad Marienberg liegt dessen Volumen bei 914.200 Euro. Das sind knapp 35.000 Euro mehr als im Vorjahr, was in erster Linie an gestiegenen Personalkosten liegt. Im Dekanat Selters erhöht sich der Ansatz von rund 783.000 auf 955.400 Euro. Der Hauptgrund für diesen kräftigen Anstieg sind ebenfalls die gestiegenen Personalkosten, vor allem aber besondere Aktivitäten und große Freizeiten.

Zum Beispiel organisiert das Dekanat Selters für 125 Konfirmanden die Teilnahme am Konfirmanden-Camp in Wittenberg, ein Treffen von mehr als 1000 jungen Leuten. Alleine die Reisekosten dorthin betragen 10.000 Euro. Geld, das gut investiert ist, sagt Dekan Wolfgang Weik (Selters): „Diese Jugendcamps können eine ganze Generation prägen – davon sind wir als Dekanat fest überzeugt. Die jungen Menschen erleben dort Glauben in seiner lebendigsten Form, gute Gemeinschaft mit Gleichaltrigen und wichtige Impulse für ein Leben mit Gott.“

Die Bad Marienberger und Selterser Synodalen hatten den jeweiligen Plänen nur noch wenig hinzuzufügen und verabschiedeten sie ohne Gegenstimme. Das Ende dieses langen, wegweisenden Sitzungswochenendes war indes ein ausgesprochen musikalisches: Mit einem Gottesdienst im Anschluss an die gemeinsame Synode trat die neue Kantorin Eva Maria Mombrei nun auch ganz offiziell ihren Dienst an. Mombrei, die schon seit einigen Wochen in den Kirchengemeinden Höhr-Grenzhausen und Westerburg tätig ist, ist mehr als die „dritte Kirchenmusikerin im Dekanat“, wie der Selterser Dekan Wolfgang Weik betont: „Sie haben eine sehr positive Ausstrahlung und freuen sich darauf, in einem Team eingebunden zu sein“, lobt er. Eva Maria Mombrei liebt es, Kindern und Erwachsenen Zugängen zur Musik zu eröffnen und Menschen tiefere Einblicke in die Musik möglich zu machen. Und sie möchte eine Kirchenmusikerin zum Anfassen bleiben. „Ihr Wunsch ist es, qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten – aber nicht über die Köpfe der Menschen hinweg“, sagt Weik. „Dafür wünsche ich Ihnen Gottes Segen und sage: Herzlich willkommen im Westerwald!“


Kompakt: Das künftige Dekanat Westerwald – Fragen und Antworten

Wann geschieht was?
Beide Dekanate haben während der Herbstsynode die Vereinigungsvereinbarung verabschiedet – eine Art Fahrplan, in dem Ziele, ein gemeinsames evangelisches Profil und das Verfahren des Zusammenschlusses festgelegt sind. Bis Ende 2017 sollen diese Ziele schrittweise umgesetzt werden. Spätestens am 1. Januar 2019 müssen sich beide Dekanate offiziell zum Evangelischen Dekanat Westerwald zusammenschließen – so Gott will und die Vorbereitungen weiterhin so gut laufen wie bisher, auch schon Anfang 2018.

Was sind die zentralen Punkte der Vereinigungsvereinbarung?
Das Evangelische Dekanat Westerwald bezeugt das Evangelium von Jesus Christus durch die Gestaltung des vielfältigen kirchlichen Lebens in der Region. Dabei verpflichtet es sich folgenden Grundsätzen: Stärkung der Gemeinschaft; Gerechtigkeit; Nachhaltigkeit; Transparenz und Zuversicht im Sinne des Vertrauens auf die Verheißung Jesu Christi.
Der Zeitpunkt der Vereinigung soll der 1. Januar 2018 sein. Die Konstituierende Sitzung findet am 20. Januar 2018 statt. Auf ihr wird ein Dekan oder eine Dekanin sowie dessen beziehungsweise deren Stellvertreter oder Stellvertreterin gewählt. Darüber hinaus wird ein neuer Dekanatssynodalvorstand mit einer Vorsitzendem oder einem Vorsitzenden und Stellvertretung gewählt. Das Dekant Westerwald hat seinen Sitz in Westerburg, Neustraße 42 – im bisherigen „Haus der Kirche“. Die Mobile Jugendkirche „Way to J“ soll weitergeführt Die Arbeitsverhältnisse werden übernommen.

Was ändert sich für die evangelischen Christen im Westerwald?
Für die Kirchengemeinden und deren Mitglieder ändert sich im Grunde nicht viel: Ansprechpartner sind nach wie vor die jeweiligen Kirchengemeinden. Was sich ändern soll, ist die öffentliche Wahrnehmung der evangelischen Kirche in der Region: Künftig tritt die evangelische Kirche im Westerwald mit einer Stimme und als ein Gegenüber der Kommunen und der Katholischen Kirche auf.

Fallen Pfarrstellen weg?
Nein – zumindest nicht bis 2019. Denn solange gilt der aktuelle Pfarrstellensollplan. In drei Jahren wird ein neuer verabschiedet.

Wie groß wird das künftige Dekanat sein?
Die Fläche deckt eine Größe von rund 1000 Quadratkilometern ab – ungefähr so groß wie die Insel Rügen. Damit ist es das flächenmäßig zweitgrößte innerhalb der Landeskirche. Im Dekanat sind rund 58000 Protestantinnen und Protestanten in 33 Kirchengemeinden beheimatet.

Zusammengefasst: Was ist ein Dekanat?
Ein Dekanat ist ein Kirchenbezirk, in dem mehrere Kirchengemeinden organisatorisch zusammengefasst sind. Im künftigen Dekanat Westerwald werden das 33 sein. Es dient der Gestaltung des evangelischen Lebens in der Region, des Miteinanders der Gemeinden, der Zusammenarbeit unterschiedlicher kirchlicher Dienste, der Leitung der Kirche in der Region und des missionarischen Wirkens. Zu den Arbeitsbereichen, die im Dekanat beheimatet sind, zählen unter anderem die Familien- und Erwachsenenbildung, die Jugendarbeit, die Kirchenmusik, die Krankenhaus- und Notfallseelsorge oder die Öffentlichkeitsarbeit. Die Dekanatssynode – eine Art regionales Kirchenparlament – leitet das Dekanat. An dessen Spitze steht ehrenamtlich ein Vorsitzender/eine Vorsitzende, während ein Dekan oder eine Dekanin hauptamtlich die Geschäftsstelle leitet und die Personalverwaltung der Pfarrerinnen und Pfarrer betreut. In der Landeskirche, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, gibt es derzeit 47 Dekanate. Allerdings soll diese Zahl in den kommenden Jahren auf 25 sinken.

Das Evangelische Dekanat Selters hat eine neu gestaltete Homepage: Die Adresse lautet www.evangelischimwesterwald.de
   
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