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Nachricht vom 11.05.2017 |
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Region |
Im Westerwald darf niemand verloren gehen |
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„Schön, dass es Menschen wie Sie hier im Westerwald gibt, die sich für die sozialen Probleme in unserer Region interessieren und sich dafür einsetzen, dass etwas voran geht!“ Mit diesen anerkennenden Worten begrüßte Einrichtungsleiter Henning Dills im DRK-Seniorenzentrum „Sonnenhof“ die Teilnehmenden der diesjährigen Sozialrundreise des Forums Soziale Gerechtigkeit. |
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Montabaur. Erste Station war das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BWHW) am Standort Montabaur, wo gefragt wurde, was berufliche Rehabilitation für den Einzelnen leisten kann. „Sehr viel!“, meinte ein ehemaliger Rehabilitand, der jetzt bei dem Bildungsträger als Fachkraft eine feste Stelle bekommen hat. Nach einem schweren Arbeitsunfall als Schreiner mit kaputter Hüfte war er nach Jahren des Rumhängens und Hartz IV in eine Reha-Maßnahme des Bildungswerkes gekommen. „Jetzt kann ich den Teilnehmenden mit einem oft schweren Schicksal so helfen wie mir hier geholfen wurde“, meinte der 53-Jährige hoffnungsvoll bei der Schilderung seines eigenen Werdeganges.
In der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Dernbach wurde dann unter anderem der Fall einer 1983 geborenen jungen Frau vorgestellt, deren Mutter schon während der Schwangerschaft viel Alkohol konsumiert hatte. Nach Operationen als Dialysepatientin erkrankte sie an einer Depression und posttraumatischen Belastungsstörungen. Dazu beigetragen hatte bei der Patientin aus einer kaputten Familie Missbrauch durch den Stiefvater und eine Vergewaltigung als Jugendliche. Nach sieben aufeinander aufbauenden Behandlungen in der Tagesklinik wurde die Patientin immer selbständiger und konnte in eine eigene kleine Wohnung umziehen. Auch die körperliche Stabilisierung machte Fortschritte und jetzt strebt die Patientin einen Schulabschluss an und hofft darauf, anschließend im Arbeitsleben Fuß fassen zu können.
Beim inzwischen in 15 Grundschulen tätigen „Mobilen Sorgenbüro“ des Kinderschutzbundes in Höhr-Grenzhausen stehen familiäre Probleme mit weitem Abstand im Vordergrund: beispielsweise Trennung und Scheidung sowie Krankheit und Tod naher Angehöriger. Aber auch schulischer Leistungsdruck, den oft die Eltern übermäßig aufbauen, bis zu Gewalt und Missbrauch sind Ursachen für massive Probleme der Kinder. Ein Mädchen der 2. Klasse meinte zur Arbeit der Mitarbeiterin des Sorgenbüros: „Du bist die Einzige, der ich das erzähle. Es tut mir so gut, dass du mir zuhörst. Mit meinen Eltern kann ich nicht darüber sprechen, die verstehen mich nicht!“ Nur ein Bespiel von vielen dafür, dass von den 531 in 2016 beratenen Grundschulkindern hoffentlich keines verloren gegangen ist!
Besonders eindrucksvoll waren die Fallschilderungen in den Kliniken Wied als Facheinrichtung zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen. Drei Suchtabhängige schilderten dort selbst ihren Weg in die Sucht und wie sie durch den Aufenthalt in der Klinik wieder in ein weitgehend normales Leben zurückfanden. Darunter der Endfünfziger Harald, der 40 Jahre lang Kokain konsumiert und sich als Selbständiger nicht abhängig gefühlt hatte. Nach einer drogenbedingten Straftat und einem Gefängnisaufenthalt zieht er nach der Therapie bald in eine eigne Wohnung und kann auch wieder seiner geregelten früheren Arbeit nachgehen. Wie in den beiden anderen Fällen setzt er dabei auch auf den unterstützenden Kontakt in einer Selbsthilfegruppe.
Als Förderschule mit den beiden Schwerpunkten Lernen und Sozial-Emotionale Entwicklung ist die Burggarten-Schule in Hachenburg zuständig für den ganzen Westerwaldkreis. Thema war dort, wie Kinder mit einer solchen Beeinträchtigung zur Berufsreife geführt werden können und für den Arbeitsmarkt nicht verloren gehen. So wie die präsentierte Erfolgsgeschichte von Natalie, die so große Fortschritte machte, dass sie in eine Realschule wechseln konnte und derzeit vor dem Abschluss des Fachabiturs steht. Oder der Schüler Tobias, der sich nach einem mittelprächtigen Abschluss an der Förderschule nun als Auszubildender in einem Gartenbaubetrieb bewähren darf.
In der stationären Altenpflege gibt es nicht selten Bewohner und Bewohnerinnen, die nach dem Umzug ins Heim nochmal richtig aufblühen. Im DRK-Seniorenzentrum „Sonnenhof“ in Bad Marienberg wurde zum Abschluss des Tages die Geschichte eins fast 90-jährigen ehemaligen Handwerkers mit einer zunehmenden Demenz vorgetragen, der allein zu Hause gelebt und für sein Wohnumfeld wegen seiner Distanzlosigkeit immer mehr zu einem Ärgernis geworden war. Nach einer Anzeige erfolgte die stationäre Aufnahme ins Altenheim, was zunächst dort auch zu Problemen führte, da er viele Pflegekräfte ständig in Bewegung hielt. Doch irgendwann konnte er sich mit der Situation wohl anfreunden und macht kaum noch Probleme.
„Reiseleiter“ Uli Schmidt (Horbach) bedankte sich bei allen Gastgebern und Teilnehmenden sowie der AWO-Gemeindepsychiatrie, die einen Kleinbus zur Verfügung gestellt hatte, für einen mehr als lohnenden Tag: „Wir durften am Beispiel vieler geschilderter Einzelfälle erfahren, dass viele Menschen in verschiedenen Bereichen der sozialen Arbeit im Westerwald engagiert daran arbeiten, dass hier möglichst niemand verloren geht!“, so das Kreistagsmitglied. Klar war, dass auch 2018 wieder eine Sozialrundreise organisiert werden soll.
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Nachricht vom 11.05.2017 |
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