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Nachricht vom 17.08.2017
Region
Wer steuert die Zukunft der Stadt Hachenburg
Durch das aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewordene Ausscheiden von Karl-Wilhelm Röttig (SPD) ist eine Neuwahl zum Amt des Stadtbürgermeisters erforderlich geworden. Es stehen am 24. September zwei Kandidaten zur Wahl. Für die SPD geht die Ortsvorsteherin und Ratsmitglied Anne Nink ins Rennen. Die CDU möchte eine grundsätzliche Verjüngung und setzt alle Hoffnungen auf Ratsmitglied Stefan Leukel. Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet.
Die beiden Kandidaten Anne Nink und Stefan Leukel. Fotos: prHachenburg. In bisher veröffentlichten Statements ähneln sich die Aussagen der beiden Kandidaten, die sich für das Ehrenamt des Bürgermeisters der Stadt Hachenburg bewerben. Wir stellten im Interview den beiden Kandidaten einige Fragen, um den Wählern mit diesen persönlichen Antworten der Bewerber auf allgemein gültige Fragen Entscheidungshilfen zu geben.

Alle bisher realisierten Vorhaben in der Stadtpolitik fanden im Stadtrat eine einvernehmliche Mehrheit. Wie wollen Sie sich für die Umsetzung Ihrer persönlichen Vorstellungen in Sachentscheidungen bei diesen gegenwärtigen Mehrheitsverhältnissen im Rat durchsetzen?

Anne Nink (SPD): Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine kluge und weitsichtige Politik stets die Zustimmung im Stadtrat gefunden und die Stadt „nach vorne gebracht“ hat. Diese professionelle Arbeitsweise werde ich auch in Zukunft für meine Projekte nutzen wollen. Parteipolitik, um des Streites willen, ist nicht mein Ziel.

Stefan Leukel (CDU): Grundsätzlich habe ich nichts gegen Mehrheitsbeschlüsse im Stadtrat. Allerdings wurde auch eine Vielzahl der Entscheidungen von der akuten Situation getrieben, ohne detaillierte Analysen und ohne Ausrichtung an einer langfristigen Planung beschlossen. Nach meiner Meinung muss sich der politische Stil in Hachenburg verändern. Hierfür müssen wir eine offene und transparente Dialogkultur unabhängig der politischen Ausrichtung schaffen.

Sehen Sie eine Chance städtische Interessen auch dann durchzusetzen, wenn sie Vorhaben der übergeordneten VG-Verwaltung zuwider laufen?

Anne Nink: Verbandsgemeinde und Stadt haben grundsätzlich unterschiedliche Aufgaben. Anders als die Verbandsgemeinde hat die Stadt eine sogenannte „Allzuständigkeit“. Sie darf Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft wahrnehmen, die kraft Gesetzes keiner anderen Körperschaft zugeordnet sind. Die VG-Verwaltung führt im Namen und Auftrag der Stadt Vorgaben aus. Meine Erfahrung als Ortsvorsteherin und Ratsmitglied beweist mir, dass die Interessen Hachenburgs mit großer Fachkompetenz von der Verwaltung bisher und in Zukunft begleitet werden.

Stefan Leukel: Ich betrachte die VG-Verwaltung als fachlichen Ansprechpartner, der die Ziele der Stadt Hachenburg unterstützt. Ratschläge vom VG-Bürgermeister und den Mitarbeitern der Verwaltung sind bei mir jederzeit willkommen. Klar muss aber auch sein, dass die Entscheidungen vom Stadtrat und aus dem Büro des Stadtbürgermeisters getroffen werden. Selbstverständlich auch dann, wenn die Vorhaben der Zielsetzung nicht den Vorstellungen der VG-Verwaltung entsprechen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie den Moschee-Bau in der Trägerschaft der umstrittenen DITIB-Organisation für die Hachenbuger Bürgerschaft mehrheitsfähig zu machen?

Anne Nink: Toleranz gegenüber Andersgläubigen muss in Hachenburg niemand mehrheitsfähig machen, denn sie ist in unserer Stadt tief verwurzelt. Dennoch will ich nicht verleugnen, dass Integration eine bleibende Herausforderung ist. Vor diesem Hintergrund schmerzen mich die Auseinandersetzungen in der Stadt über die Trägerschaft der Moschee für alle Beteiligten sehr. Als Mitglied des „runden Tisches“ der Stadt Hachenburg bin ich guten Mutes, dass die weiteren Gespräche gegenseitiges Vertrauen schaffen. Im Falle meiner Wahl werde ich mich dafür einsetzen, dass sich die Bürger unserer Stadt stets in einem vertrauensvollen Klima begegnen können.

Stefan Leukel: Von der Hachenburger Bürgerschaft und meiner persönlichen Einschätzung wird der Bau einer weltoffenen und toleranten Moschee durchaus befürwortet. Toleranz ist aber keine Einbahnstraße, daher gilt es jetzt, dass der örtliche Moschee-Verein sich bewegt. Weiterhin gilt in Deutschland grundsätzlich die Trennung von Staat und Kirche. Unser Wertesystem beruht auf einer weltanschaulichen Neutralität des Staates und der Selbstbestimmung aller Religionsgemeinschaften. Dazu gehört erst recht, dass wir Abhängigkeit von einem ausländischen Staat nicht tolerieren können. Grundsätze unserer Verfassung sind für mich nicht verhandelbar. Der Zutritt aller dem Islam angehörigen Gruppen muss gewährleistet sein und die Predigten sollten in deutscher Sprache erfolgen.

Interessant wäre auch zu erfahren, welche Chancen Sie sehen, um geeignete Investoren für das geplante und noch nicht erschlossene Industriegebiet an der B 413 zu gewinnen. Normalerweise erschließt man ja ein Industriegebiet erst dann, wenn auch ein Verlangen seitens der Industrie vorhanden ist. Auch ist das Opfern von wertvoller landwirtschaftlicher Nutzfläche nicht im Sinne der Landesplanung. Zumal rings um das Stadtgebiet ehemals und nachträglich genehmigte Gewerbeflächen wie ein Flickenteppich feststellbar und anders als in der ursprünglichen Planung verwendet wurden.

Anne Nink: Die Erschließung eines Gewerbegebietes passiert nicht über Nacht, sondern bedarf einer langfristigen und sorgfältigen Planung. Eine kluge Stadtpolitik betreibt Vorsorge, damit örtliche aber auch überörtliche Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten haben. Für mich liegt dabei der Fokus eindeutig bei Unternehmen, die qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Was die Frage der Neuansiedlung von Unternehmen angeht, bin ich bei der Attraktivität unserer Stadt optimistisch. Der von der Stadt Hachenburg einstimmig gewählte Weg war richtig. Das angesprochene Ackerland wurde schon vor Jahren freiwillig an die Stadt verkauft. So entstand das einzige im Besitz der Stadt befindliche Gewerbegebiet an der B 413.

Stefan Leukel: Es hat im Laufe der vergangenen 20 Jahre Versäumnisse gegeben. Ich sitze seit 2014 im Stadtrat und mache mich für eine konzeptionelle Herangehensweise stark. Da mir dieses Konzept fehlt, habe ich auch gegen die Erschließung gestimmt. Ratsmitglied Volker Kunz und ich haben diese Situation zum Anlass genommen, unsere Ideen für ein Vermarktungskonzept näher auszuführen und den Gremien vorzustellen. Die Errichtung des Photovoltaikparks ist aus der Not heraus entstanden, weil man festgestellt hat, dass die ursprünglich geplante Gewerbefläche in der Gesamtgröße nicht zu vermarken sei. Deshalb wurde im hinteren Teilbereich die Photovoltaikanlage errichtet. Besser hätte man im Vorfeld überlegt und nach klarem Konzept nach einer Bedarfsanalyse geplant. Getroffene Entscheidungen sind stets zu hinterfragen und die daraus gewonnen Erkenntnisse bei künftigen Vorhaben zu beachten. Eine gesunde Fehlerkultur muss Grundlage des politischen Handelns werden.

Was sollte nach Ihrer persönlichen Meinung einen Wähler bewegen sich für Sie und nicht für ihren politischen Mitbewerber für das Amt des Stadtbürgermeisters zu entscheiden?

Anne Nink: Mit meinem Slogan „Anne für uns“ mache ich deutlich, dass ich eine den Menschen zugewandte Kandidatin bin. So kennen mich auch die Hachenburger. Aus meiner beruflichen Tätigkeit und als Ortsvorsteherin und Ratsmitglied kenne ich die Sorgen und Nöte meiner Mitmenschen. Meine Erfahrung in der Kommunalpolitik wird mir bei der von mir in Vollzeit angestrebten Ausübung des Bürgermeisteramtes – sofern ich gewählt werde – von Vorteil sein.

Stefan Leukel: Ich stehe für einen offenen und transparenten politischen Stil und einen Generationswechsel im Hachenburger Rathaus. Wichtig ist mir dabei dass die Politik für Hachenburg aus dem Rathaus und dem Stadtbürgermeisterbüro gemacht wird. Dabei müssen aber auch die Bürgerinnen und Bürger mehr in den Entscheidungsprozess und die Willensbildung eingebunden werden. Ich möchte eine solide und nachhaltige Finanzpolitik mit Gestaltungsmöglichkeiten für künftige Entscheidungen erhalten. Eine Finanzierung des Haushaltes über den Verkauf von städtischen Grundstücken ist für mich keine Alternative. Ich beharre auf die Erstellung der von uns seit längerem geforderten zukunftsweisenden Vision und Langzeitplanung. Die Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen hat für mich oberste Priorität, wobei die Digitalisierung und die Fortentwicklung des Kulturprogramms wichtig bleiben.

Die Fragen stellte Reinhard Panthel.
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