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Nachricht vom 11.12.2017
Region
„Solwodi“ - Solidarität und Hilfe für Frauen in Notsituationen
Sr. Annemarie Pitzl ADJC, Sozialarbeiterin, Dernbacher Schwester mit mehrjähriger Afrikaerfahrung in der Ordensniederlassung Nigeria ist seit 18 Monaten in der Nachfolge von Sr. Lea Ackermann im Leitungsteam von Solwodi tätig. Sie präsentierte sehr kompetent und eindrucksvoll der interessierten Zuhörerschaft einen Einblick in die Arbeit und Historie von Solwodi.
Sr. Annemarie. Foto: VeranstalterDernbach. Sr. Lea war vor 32 Jahren bei ihrer Arbeit in Kenia betroffen von der sexuellen Ausbeutung vieler in Slums lebenden Frauen durch den Sextourismus. Sie begründete damals ein zunächst regionales Hilfsangebot für diese Frauen, die von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsverheiratung, Ehrenmord oder anderen Formen von Gewalt betroffen waren. 1987 kehrte Sr. Lea nach Deutschland zurück. Das Thema Menschenhandel, Prostitution und Hilfebedarf von Frauen begleitete sie weiterhin und sie baute ein grenzüberschreitendes Netzwerk der Hilfe aus. Dieses beinhaltet Notfallhilfe, fachspezifische Beratung, psychosoziale Betreuung, integrationsfördernde Maßnahmen und anonyme Unterbringungen in Schutzwohnungen. In Rheinland- Pfalz unterhält Solwodi Beratungsstellen in Boppard, Mainz, Ludwigshafen und Koblenz sowie zwei Schutzwohnungen. Über ein eigenes Rückkehrerinnenprojekt gibt es Unterstützung bei der Rückkehr ins Heimatland und Starthilfe für ein neues Leben.

Erschreckende Fallbeispiele über die verschlungenen Wege von jungen Frauen nach Deutschland in die Prostitution – durch Madams, Menschenhändler, Loverboys mit dem Versprechen eines besseren Lebens, einer Arbeitsstelle – unfreiwillig, uninformiert, abhängig und indirekt gefördert von der gesetzlichen Regelung der Prostitution in Deutschland (`Eldorado für Freier und Zuhälter`). Diese Toleranz gegenüber der Prostitution und der Akzeptanz dieser Angebote unterscheidet sich von anderen europäischen Ländern, insbesondere Schweden, die durch rigide Antiprostitutions-Politik und Ausstiegs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen in den regulären Arbeitsmarkt den Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in der Prostitution eingedämmt haben.

In Deutschland existiert seit 2002 das Prostitutionsgesetz mit einer grundsätzlichen Anerkennung dieser Tätigkeit als Beruf, welches für die Selbstbestimmung der Frauen bezogen auf Einkommen, Versicherungsbedingungen und Gesundheitssituation keine Fortschritte gebracht hat. Seit Juli 2017 ist jetzt das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, welches zu Erfassung und Gesundheitsberatung der im sexuellen Dienstleistungsgewerbe Tätigen gegen Strafe verpflichtet. Das Gesetz beinhaltet ebenfalls eine Kondompflicht und Aufmerksamkeitspflicht gegenüber Menschenhandel von Freiern. Es stellt sich die Frage der Kontrollmöglichkeiten.
Stigmatisiert und unter neu entstandenem Gebühren- und Bußgelddruck sind die ausländischen Frauen, häufig ohne Orts- und Sprachkenntnisse, verängstigt und abhängig von ihren Zuhältern.

Die anonyme, freiwillige, kostenfreie medizinische Betreuung, bezogen auf Infektionsschutz, Impfungen, Schwangerschaftsverhütung, wie sie in Gesundheitsämtern (auch im GA Montabaur seit 30 Jahren) angeboten wird, erscheint als ein wertvolles Angebot, welche über die Gesetzesvorgaben hinaus erhalten und genutzt werden soll.

Zum Abschluss der beeindruckenden Schilderung und der vielen interessierten Nachfragen aus der Zuhörerschaft wurde die Gefährdung junger ausländischer Frauen und der sexuelle Missbrauch im Flüchtlingskontext sehr bewusst.

Dr. Rieke als ärztl. Leiterin der Katharina Kasper Stiftung (Initiatorin der Vortragsreihe Rund um das Leben in seiner Vielfalt, in Kooperation mit der Katholischen Familienbildungsstätte Westerwald/Rhein-Lahn) dankte der Referentin für die wichtigen Informationen in einem beeindruckenden Vortrag. Sie lud zu den weiteren Vortragsveranstaltungen der Katharina Kasper Stiftung in 2018 ein, die unter www.katharina-kasper-stiftung.de oder telefonisch: 02602/949480 zu erfahren sind.
(PM)
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