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Nachricht vom 24.01.2018
Region
Keine Digitalisierung ohne „Paradigmenwechsel in den Köpfen“
„Es ist schon eine Schicksalsfrage für den deutschen Mittelstand, wie er sich in der globalisierten Welt in Sachen Digitalisierung verhält“, so Rainer Jung, regionaler Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) bei der ersten Veranstaltung 2018 im Rahmen der Reihe „BVMW Meeting Mittelstand“. Er forderte deshalb, dass der Mittelstand eine Vorreiterrolle übernimmt.
Von links: Joachim Diehl, Andreas Kowol (beide Ingersoll GmbH), Referent Henning Heimann (BT Stemmer GmbH), Rainer Jung (BVMW).
Haiger. Die Januarveranstaltung fand bei der Ingersoll GmbH in Haiger statt, deren EDV-Leiter Andreas Kowol fast 50 Unternehmer begrüßte. Referent Diplom-Ingenieur Henning Heimann von der BT Stemmer GmbH aus Freudenberg erklärte zum Thema des Abends „Mit der Digitalisierung zu einer neuen Vision für‘s Unternehmen“ am Beispiel seines Unternehmens, warum die Digitalisierung weit mehr ist als Industrie 4.0 und wie ein Unternehmen visionär durch alle Abteilungen verändert werden kann.

Auf die Herausforderungen der Megatrends muss mit unkonventionellen Methoden reagiert werden. Wenn heute bereits weltweit 8 Milliarden IT-Geräte miteinander verbunden sind und dies nach Vorhersagen von namhaften Zukunftsforschern bis 2023 bereits 200 Milliarden sein werden, ist die nächste industrielle Revolution in vollem Gange. Doch Heimann sieht in der Digitalisierung einen Prozess, der uns die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Man sollte nicht jedem Trend hinterherlaufen, muss aber verstehen, was „draußen passiert“, und zwar in Bezug auf die Kunden. Denn die Geschwindigkeit von technischen Entwicklungen und Innovationen sowie deren Verbreitung und Vermarktung wird immer schneller. Tradition ist out und wird uns immer weniger weiterhelfen. Dies alles führt dann zu Unsicherheiten, denn 78 Prozent fühlen sich bedroht von neuen digitalen Startups, 49 Prozent haben keine Vorstellung, wie ihre Branche in drei Jahren aussehen wird und 45 Prozent sorgen sich, dass sie in fünf Jahren überflüssig sind.

Was ist die Antwort? Wenn Deutschland als Industrienation bisher viel richtig gemacht hat, so kann es sich doch Unternehmen wie Apple & Google als Vorbilder nehmen. Unsere Antwort auf die Digitalisierung: Smart Factory, bei der die Produktion nur ein Bruchteil der Wertschöpfung ist.

Mehrwert ist das Stichwort, wobei Mehrwert aus mehr an Service, verbesserten Nutzen, Vernetzung und Kooperationen entsteht. Das heißt: komplettes Umdenken, in Prozessen, nicht in Produkten. Hier kommt der Mitarbeiter zum Zuge. Bei seinem Unternehmen wurde die Umsetzung in fünf Phasen angegangen. Das „Why-Projekt“ fragte im Vorfeld: „Wenn du nicht weißt, warum du tust, was du tust, wie soll es dann jemand anderes wissen?“ Da die Phase 1, die Suche nach dem „Why“ auf Geschäftsführer-Ebene nichts brachte, ging man in Phase 2 durch Hinzuziehung eines externen Beraters andere Wege, der in Phase 3 die Mitarbeiter befragte. In Phase 4 kam eine Flut von Informationen von den Mitarbeitern. In Phase 5 schließlich kategorisierte ein Team aus objektiver Sicht die „Geschichten“ der Mitarbeiter.

Heraus kamen schließlich 6 Statements der Mitarbeiter zur Weiterentwicklung des Unternehmens: 1. Die Firma bietet mir das Umfeld, das ich für meine Entwicklung brauche. 2. Man muss bei sich selbst anfangen besser zu werden, um dann die Organisation besser zu machen. 3. Ich habe die Kraft und Fähigkeit, ein Problem zu lösen. 4. Zusammen sind wir stark. Hilfsbereitschaft macht uns gemeinsam stark, 5. Der Kunde ist die höhere Sache, der wir dienen. 6. Ich übernehme bewusst Verantwortung und stehe dafür ein.

Grundlage und Herausforderung dafür ist ein Paradigmenwechsel in den Köpfen, ein Wissensmanagement, dass das Management sich den Bedürfnissen der Mitarbeiter anpasst, Insellösungen beseitigt werden und Anreizsysteme geschaffen werden. Heimann: „Wir haben mit der Digitalisierung in der Organisation eine führungslose Struktur geschaffen und die Hierarchie durch ein Netzwerk ersetzt“. Selbstverständlich wurden auch die Kunden in die Praxis des „Dialogischen Führens“ mit einbezogen, denn schließlich erwarten sie einen Mehr-Nutzen.
Das Meeting schloss ab mit einer Betriebsbesichtigung und einen Get-together bei einem Imbiss.
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