John Wisser – Westerwälder Reit-Champion mit ungewöhnlichem Werdegang
Mehrere freundliche Hunde begrüßen jeden Besucher der „Take it easy Ranch“ am Rand von Enspel. Die Ranch ist Heimat und Arbeitsplatz eines sehr erfolgreichen jungen Mannes: John Wisser ist unter anderem Vize-Europameister mit der deutschen Nationalmannschaft der jungen Reiter (U 21) im „Reining“, einer atemberaubenden Westernreiter-Disziplin. Trainiert und gefördert von seinem Vater André Wisser, der – aus der Milchviehwirtschaft kommend - seinen Traum von einer Pferderanch verwirklicht hat. Dessen Philosophie „Nimm‘s leicht, sei locker“, zeigt Erfolge bei Menschen und Tieren.
Enspel. Sohn John lebte bis zu seinem 13. Lebensjahr bei der Mutter ohne Kontakt zu Pferden. Erst als er zu seinem Vater auf die Ranch zog, setzte er sich auf einen Pferderücken und fand dort seine Bestimmung. Denn er besitzt ein besonderes Gespür für die Tiere, erkennt ihre Probleme und Bedürfnisse, ein echter Pferdeflüsterer, der auch Problempferde wieder für Jedermann reitbar macht. Der Förderschüler hatte es wegen seiner Lernschwäche nicht leicht, aber zielgerichtet schaffte er die Ausbildung zum Pferdewirt, Spezialreitweise Westernreiter, in der normalen Lehrzeit.
Der junge Bereiter redet nicht viel, aber bei dem Thema „Pferde“ verliert er seine Scheu und beantwortet sicher und sachlich alle Fragen. Er erklärt, dass die Halle eine acht Zentimeter hohe gelenkschonende Sandauflage besitzt, die die spektakulären Stopps ermöglicht, bei denen die Vorderbeine laufen und die Hinterbeine rutschen. Weitere Aufgaben des Reinings sind drei schnelle und langsame Zirkel auf jeder Seite, drehen, zwei Galoppwechsel, rückwärtsgehen, zwei Roll-backs auf der Hinterhand, 180-Grad-Drehung.
Das einhändige Westernreiten sieht so lässig aus, setzt aber viel Übung und Vertrauen auf beiden Seiten voraus. Auf einem Pferderücken wandelt sich Johns Erscheinung: Voll konzentriert und fokussiert leitet er sein lebendes Sportgerät an. Nach wenigen Minuten geht das Pferd, auf dem er zum ersten Mal sitzt, versammelt und zeigt danach willig und präzise die Reining-Übungen. Zwei Talente in harmonischer Zusammenarbeit.
John Wisser zeigte eine außergewöhnliche Leistung bereits in seinem ersten Jahr bei den jungen Reitern (18-21 Jahren). Er erritt mit dem Paint-Horse-Wallach "Steppin Jacson" die Silbermedaille in der Reining-Equipe der jungen Reiter bei den FEI-Europameisterschaften in Lyon. Unter anderem ist Gina Maria Schumacher mit im Team der deutschen Nationalmannschaft. In Kreuth wurde der damals 17-Jährige Jugendmeister bei den EWU German Open im Reining-Reiten, in Laubach im Hunsrück wurde er 2017 zum dritten Mal hintereinander nach 2015 und 2016 Landesmeister und bei der WM in der Schweiz kam er bis in Einzelfinale. Des Weiteren war er bei der NRHA (National Reining Horse Association) regional erfolgreich mit Steppin Jacson:
- 1.Platz Südwest NON PRO Derby,
- 1. Platz Südwest Trophy
- Youth Jahreschampion Südwest.
John ist nicht nur Westernreiter, er kann auch englisch reiten, Dressur und Springen. „Westernreiten ist Dressurreiten“, sagt er, „die Pferde treten vom Gebiss weg Man muss halt die Biomechanik des Pferdes kennen und merken, ob es ein Problem hat, sich unwohl fühlt oder gar Schmerzen hat.“ Er weiß wie ein Pferd aufgebaut ist und wie es sich bewegen muss und er spürt sein Befinden. Bis zu 40 Pferde sind im Beritt des Stalls. Neben John und André Wisser arbeitet Valerie auf der Ranch. Auch sie ist eine erfolgreiche Westernreiterin. Alle orientieren sich an dem Verfahren des „Horsemanship“, dem natürlichen und stressfreien Umgangs zwischen Mensch und Pferd, unabhängig von der Reitweise.
Trotz seiner großen sportlichen Erfolge ist der junge Reiter nicht von Fernsehteams und Sponsoren umlagert. Die Nischensportart ist medial wenig präsent und mit seinem Nischentalent verdient John Wisser keine großen Summen. Im Gegenteil: Die Pferde für die Wettkampfauftritte muss er sich leihen, denn es steht kein millionenschwerer Stall mit mehreren Siegerpferden hinter ihm. Ein finanzstarker Sponsor könnte der Karriere einen Schub verleihen. Vater André ist sich sicher, dass dieser nicht enttäuscht würde, denn John war bereits mit 15 Jahren absolut zuverlässig und ehrgeizig.
In diesem Jahr wird John zum ersten Mal bei den Open Reitern dabei sein und sich mit den Cracks messen müssen. Während John sich auf der Schumacher-Ranch in der Schweiz für die Weltmeisterschaft qualifiziert, muss Vater André in Enspel auf der eigenen Ranch weiterarbeiten und Geld verdienen. Im Juli heißt es also für alle Wäller und Westernfans: Daumen drücken für das westerwälder Reittalent! htv
Hier sehen Sie John's Ritt bei dem Finale der German Open