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Nachricht vom 18.12.2019
Politik
Verbandsgemeindehaus Montabaur setzt auf erneuerbare Energien
Energie tief aus der Erde und hoch vom Himmel wird beim neuen Verbandsgemeindehaus in Montabaur zum Einsatz kommen. Das Energiekonzept sieht vor, dass das neue Gebäude fast vollständig mit Geothermie geheizt und gekühlt wird. Außerdem soll ein Teil des Strombedarfs über eine eigene Fotovoltaik-Anlage abgedeckt werden.
Am Tag nach der Ratssitzung unterzeichneten Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich (r.) und Architekt Ole Flemming die Bauanträge für das neue Verbandsgemeindehaus. Foto: Olaf NitzMontabaur. Das Energiekonzept ist Teil der Entwurfsplanung, die der Verbandsgemeinderat (VGR) einstimmig verabschiedet hat. Kosten und Zeitrahmen sind genau im Plan. Gleich am nächsten Tag unterzeichnete Bürgermeister Richter-Hopprich den Bauantrag. Damit beginnt jetzt die Phase der Ausführungsplanung; die ersten Bauarbeiten sind für März 2020 vorgesehen.

Geothermie
Beim Verfahren der Geothermie wird – vereinfacht gesagt – Wärme aus dem Boden gezogen um ein Gebäude zu beheizen. Oder es wird umgekehrt Wärme aus dem Gebäude an die Erde abgegeben um das Gebäude zu kühlen. „Wir haben umfangreiche geologische und geothermische Untersuchungen und Berechnungen machen lassen. Die Voraussetzungen für die Nutzung der Erdwärme sind sehr gut auf dem Grundstück am Gerberhof“, sagte Markus Felsing, Fachmann für Haustechnik und Sachgebietsleiter Gebäudemanagement bei der Verbandsgemeinde Montabaur. Wenn die Bauarbeiten im Frühjahr beginnen, werden zunächst Probebohrungen vorgenommen, um die Vorausberechnungen zu überprüfen. Wenn sich die Annahmen bestätigen, werden dann auf dem Grundstück verteilt insgesamt 20 Bohrlöcher 150 Meter tief ins Erdreich gesetzt und mit Spezialrohren ausgekleidet. Wenige Meter unter der Erdoberfläche werden diese Rohre miteinander vernetzt, so dass ein geschlossenes System mit einer Gesamtlänge von drei Kilometern entsteht. „Wenn sich die Prognosen für die Geothermie bestätigen, können wir auf einen Spitzenlastkessel zum Heizen oder zusätzliche Kühlaggregate verzichten. Dann sind wir beim Heizen und Kühlen weitgehend autark, kommen ohne fossile Energie aus“, so Felsing. Allerdings brauchen die Wärmepumpen für die Anlage Strom, der zugekauft wird. Und die Serverräume werden separat von einer speziellen Klimaanlage gekühlt, die ebenfalls über Strom läuft. Im Haus selbst werden Heiz-Kühl-Decken sowie eine kontrollierte Be- und Entlüftung in allen Räumen eingebaut. Das schafft ein angenehmes Raumklima, das sich an den Außentemperaturen orientiert. Auch der große Ratssaal, das Herzstück des neuen Gebäudes, wird über dieses System versorgt. Rund 840.000 Euro sind für die Geothermie im Kostenplan vorgesehen; darin sind die technischen Anlagen, die Erdbohrungen und das Verteilnetz im Haus enthalten.

Fotovoltaik
Zur Stromgewinnung aus Sonnenenergie wird das Verbandsgemeindehaus mit einer Fotovoltaik-Anlage ausgestattet. Allerdings sind die Möglichkeiten hierfür durch die Architektur und die Lage eingeschränkt. Auf der Rückseite des Gebäudes (Richtung Wilhelm-Mangels-Straße) sollen zwei längliche Flächen mit Fotovoltaik-Modulen bestückt werden, insgesamt rund 200 Quadratmeter. Damit können laut Berechnungen mindestens 23.000 KW Strom pro Jahr erzeugt werden, das entspricht gut 10 Prozent des Gesamtbedarfs. Der CO2-Ausstoß wird um 14 Tonnen pro Jahr reduziert und es werden mehr als 5.500 Euro Stromkosten gespart. Da die Fotovoltaik-Anlage 50.000 Euro kosten wird, hätte sie sich in weniger als zehn Jahren amortisiert. Kleiner Nachteil: Durch die Fotovoltaik-Flächen müssen die Fenster in den Toiletten entfallen. Eine zusätzliche Belüftung oder Beleuchtung wird allerdings nicht nötig sein, da beides ohnehin vorgesehen war.

Entwurfsplanung abgeschlossen:
Der Abschluss der Entwurfsplanung markiert einen Meilenstein auf dem Weg des Bauprojekts. Nun sind alle wichtigen Weichen gestellt, es ist im Wesentlichen klar, wie das Gebäude aussehen wird, wie und was gebaut wird. Im Vergleich zum Vorentwurf, den der VGR im Mai 2019 verabschiedet hatte, ist die größte Veränderung die, dass nun keine Tiefgarage sondern „nur“ ein deutlich kleinerer Keller gebaut wird, im dem hauptsächlich Technik und Lagerräume untergebracht werden. Außerdem wurde der Eingangsbereich im Hinblick auf Barrierefreiheit optimiert und so weiterentwickelt, dass Besucher sich leichter orientieren können. Es wird ein Eltern-Kind-Büro geben, damit Mitarbeiter bei akutem Bedarf (zum Beispiel weil die Kinderbetreuung ausfällt) ihre Kinder mit zur Arbeit bringen können. „Es wurden viele Details angepasst, verschoben. Aber im Großen und Ganzen entspricht der Entwurf noch dem, was uns die BOF-Architekten beim Wettbewerb im April 2018 vorgestellt haben. Das zeigt, von welch hoher Qualität diese Arbeit ist“, lobte Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich das Konzept und die gute Zusammenarbeit. Auch der Rahmenterminplan und der Kostenrahmen entsprechen noch den Annahmen vom Sommer 2018: Das Gesamtprojekt hat ein Volumen von rund 33,5 Millionen Euro, weitere 4,5 Millionen Euro stehen als Risikopuffer bereit. Der Umzug der Verwaltung in das neue Gebäude ist nach wie vor für den Sommer 2023 vorgesehen. „Das Projekt wird mit jedem Tag konkreter, damit lassen sich Kosten und Zeitrahmen immer konkreter fassen. Kurz vor Baubeginn ist alles im Plan“, fasste Richter-Hopprich den aktuellen Stand zusammen. Einstimmig verabschiedete der VGR die Entwurfsplanung, die Kostenberechnung und den Rahmenterminplan. Inzwischen arbeiten Planer der Fachrichtungen Architektur, Haustechnik, Statik, Brandschutz, Bauphysik, Raumakustik, Lichtplanung, Sicherheit für Serverräume und für die Gestaltung der Außenflächen an dem Projekt mit.

Verbandsgemeindehaus in Zahlen
Das neue Verwaltungsgebäude wird eine Nutzfläche von 5.100 Quadratmetern (inklusive Keller) haben. Das Gebäude ist gut 90 Meter lang, an der breitesten Stelle 25 Meter breit und der hohe Giebel ragt 25 Meter nach oben. Es entstehen 94 Büros, 16 Besprechungsräume und 11 Zwischenarchive. All diese Räume haben die gleiche Größe von knapp 15 Quadratmetern, so dass sie bei Bedarf flexibel anders genutzt werden können. Es gibt zwei Treppenhäuser, zwei Serverräume, ein großes Trauzimmer, eine Dachterrasse und vieles mehr. Herzstücke sind zum einen der große Ratssaal mit Besuchergalerie und der große Servicebereich mit Bürgerbüro direkt beim Haupteingang. Es entstehen 178 Büroarbeitsplätze, darin ist eine Reserve von 6-8 Plätzen enthalten; bei Bedarf können auch in den 11 Zwischenarchiven je zwei Arbeitsplätze eingerichtet werden.

Sonstiges in Stichworten
 Der städtebauliche Vertrag zwischen Stadt und VG zur Regelung der Parkplatzfrage ist inzwischen unter Dach und Fach. Danach wird die VG keine Tiefgarage unter das neue Verbandsgemeindehaus bauen und die für den Neubau erforderlichen Stellplätze in der städtischen Tiefgarage Nord nachweisen. Dafür zahlt die VG der Stadt bis zu 18.000 Euro für bis zu 68 Stellplätze, wenn die Stadt dafür in den nächsten zehn Jahren zentrumsnah neue Parkflächen schafft.
 Der städtische Bebauungsplan für das neue Verbandsgemeindehaus am Gerberhof ist fast fertig. Das B-Plan-Verfahren könnte im Januar abgeschlossen werden. Damit wäre dann Baurecht für den Neubau geschaffen.
 Zum Abschluss der Entwurfsplanung hat der VGR seinen Beschluss vom Sommer 2017 noch einmal bestätigt: Es wird kein Antrag auf Fördermittel für den Neubau beim Land gestellt. Das Antragsverfahren ist sehr aufwändig und würde das Projekt erheblich verzögern. Gleichzeitig sind die Aussichten der VG Montabaur, überhaupt Fördermittel zu erhalten, sehr gering, weil die Haushaltslage zu gut ist.
 Mit dem Abschluss der Entwurfsplanung liefen auch die Verträge mit den Planungsbüros aus. Die Verträge mit den Fachplanern für Architektur (BOF Architekten), Haustechnik (kbp Ingenieure), Statik (Brendebach Ingenieure) und Außenanlagen (AO Landschaftsarchitekten) wurden verlängert. Die Aufgabe „Projektsteuerung“ wurde neu ausgeschrieben; der Vertrag mit dem Büro Hitzler Ingenieure wurde nicht verlängert. „Es kam in der täglichen Arbeit immer wieder zu Unstimmigkeiten. Wir haben uns deshalb darauf verständigt, die Zusammenarbeit nicht fortzusetzen“, so der Bürgermeister. Bis zum Jahresende wird das Vergabeverfahren zur Projektsteuerung abgeschlossen sein und Anfang des neuen Jahres ein neuer Partner unter Vertrag stehen, so dass ein nahtloser Übergang gewährleistet ist. (PM)
 
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