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Nachricht vom 06.05.2020
Kultur
Klara trotzt Corona, XXVII. Folge
Die beliebten Limburger Pfarrhausermittler lassen sich nicht unterkriegen. Einmal wöchentlich erfreuen Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof mit einer neuen Episode unsere Leserinnen und Leser. Die Autoren der Limburg-Krimis um die schrullige Haushälterin und ihren gutmütigen Chef, möchten damit Ihnen etwas Trost, Unterhaltung und hin und wieder vielleicht sogar ein Lächeln schenken, wenn Sie sehen, wie Klara und van Kerkhof ihren Alltag bewältigen.
SymbolfotoKölbingen. Klara trotzt Corona, 27. Folge vom 7. Mai
„So, nun machen wir mal den Fernseher aus. Ich hab für heute genug Corona gehabt“, sagte Klara, und schon im nächsten Moment war der Bildschirm dunkel.

„Mir geht es genauso“, pflichtete van Kerkhof ihr bei. „Stellen Sie sich aber einmal vor, in dieser Krise gäbe es keinerlei Medien, kein Fernsehen, kein Radio, keine Computer und auch keine Tageszeitungen.“

Klara sah ihn verdutzt an. „Und was würden wir dann jetzt machen? Ich meine, wir wüssten ja gar nicht, warum so viele Leute krank sind und was sie haben ...“ „Genau das wäre der Fall, liebe Klara. Dann erginge es uns so wie den Menschen im Mittelalter bei der Pest oder der Cholera im 19. Jahrhundert. Niemand wüsste genau, wie er sich zu verhalten hätte.“

Klara dachte kurz nach, bewegte sich dann auf den Fernseher zu und strich bemüht unauffällig und zugleich liebevoll mit der Hand über den Seitenrand des Gerätes. Van Kerkhof ging dennoch darauf ein: „Dafür müssen Sie sich nicht schämen, Klara, wir erhalten dadurch die besten und wertvollsten Informationen, die man sich nur wünschen kann.“

Klara nickte. „Dafür könnten wir wirklich auch mal beim Gebet zu den Abendglocken danken, daran haben wir noch nie gedacht. – Wollen wir uns heute dazu vielleicht mal auf die Terrasse setzen? Unser Garten sieht so schön aus nach dem Regen und es riecht so frisch.“

„Wenn Ihnen die Glocken nebenan nicht zu laut sind, gerne“, fand auch der Pfarrer und öffnete die Terrassentür. „Ach was. Unsere Kirchenglocken können gar nicht laut genug sein. Außerdem kriegen die anderen, die noch näher dran sind, viel mehr ab als wir selbst.“

Als sie ihre Plätze draußen in der geschützten Ecke eingenommen hatten, fiel Klara ein: „Läuten die Glocken abends eigentlich im ganzen Land?“ „Vermutlich gibt es einige, die das machen. Im Erzbistum Köln ist das jedenfalls so, und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau macht es genauso. Damit soll ja in dieser schlimmen Zeit ein Zeichen der christlichen Gemeinschaft gesetzt werden … “

„Das weiß ich doch, wofür das sein soll“, warf Klara entrüstet ein. „Behandeln Sie mich nicht wie ein Kommunionkind!“ „Natürlich wissen Sie das“, beschwichtigte van Kerkhof seine Haushälterin umgehend. Er wusste, wie wichtig ihr diese abendliche Andacht mittlerweile war. Von Anfang an hatte sie jeden Abend schon ein paar Minuten vor dem ersten Glockenschlag im Wohnzimmer gesessen und darauf gewartet, dass er dazukam.

„Da, hören Sie, Herr Pfarrer?“, sagte Klara jetzt und zeigte auf ihre Armbanduhr. „Unsere Glocken sind drei Sekunden zu spät.“ Und als van Kerkhof nur nickte, monierte sie: „ Das haben Sie also gewusst und dem Küster noch nichts gesagt? Ja, muss ich mich denn hier um alles kümmern?“ Van Kerkhof legte ein schiefes Lächeln auf – ihm war nicht nach Diskussionen zumute, sodass er knapp antwortete: „Ich werde es ihm sagen.“

Ihn interessierten diese drei Sekunden Verspätung nicht im Geringsten, vielmehr wunderte er sich über all die Außengeräusche, die trotz der nahen Glocken fast so deutlich wie sonst zu vernehmen waren. Autos fuhren auf der Straße am Haus vorbei und Vögel zwitscherten mit dem Geläut um die Wette. Sogar ein Hund in der Nachbarschaft imitierte den Gesang der Wölfe. Dann ertönte auch noch die Stimme der Nachbarin von gegenüber, die zunehmend lauter wurde. Van Kerkhof schwante nichts Gutes.

„Ja, kann die da drüben denn noch nicht mal während der Abendandacht ihr Mundwerk halten oder drin bleiben?“, schimpfte Klara mit gefalteten Händen und ungeduldig wippenden Beinen. Noch hatte sie nicht bemerkt, was der Pfarrer längst gesehen hatte: Die Nachbarin stand bereits am seitlichen Zaun und schwenkte eine Tüte. „Frau Schrupp! Frau Schruuhupp!“, schrie sie gegen die Glocken an.

Van Kerkhof erhielt einen fragenden Blick von seiner Haushälterin, die vermutlich durch das nahe Läuten wie auch durch ihre leichte Schwerhörigkeit nicht sogleich orten konnte, aus welcher Richtung ihr Name gerufen wurde. „Sie haben Besuch bekommen, dort am Zaun“, machte er sie aufmerksam, wohl ahnend, wie Klaras Reaktion ausfallen würde. Klaras Augen schnellten zur Seite und schon schoss sie aus ihrem Gartenstuhl, lief ein paar Schritte über die Terrasse und wedelte wütend in der Luft herum. „Wir haben Abendläuten, falls Sie das noch nicht gemerkt haben! Und wenn Sie das schon nicht interessiert, dann gönnen Sie wenigstens uns die paar ruhigen Minuten!“

„Nun kommen Sie doch mal näher, Frau Schrupp, ich kann Sie nicht verstehen, die Glocken sind so laut!“, rief die Nachbarin lautstark zurück.

„Das kann doch jetzt nicht wahr sein!“, zischte Klara. „Hat die Frau denn vor nichts Respekt?!“ Abermals machte sie der Nachbarin mit einer nicht gerade höflichen Handbewegung klar, dass sie sich verziehen sollte, woraufhin diese wiederum lächelte und etwas aus ihrer Tüte zog.
Klara schirmte mit einer Hand die Augen ab und schärfte den Blick. „Ich sehe wohl nicht richtig! Das gibt es doch nicht! Da fuchtelt diese Person zur Abendandacht mit einem Hering über unserem Zaun herum!“

Das Interesse der Nachbarin galt jedoch nicht mehr den Menschen auf der Terrasse. Ihre Stimme wechselte in eine höhere Oktave, als sie erfreut ausstieß: „Ja, da ist er ja, unser kleiner Kater. Na komm, hol dir das Fischlein!“ Und noch bevor Klara sich erhoben hatte und eingreifen konnte, hatte sich Kater Willi am Zaun schon lang gemacht und schnappte sich den Hering, in den er gleich an Ort und Stelle die Zähne vergrub.

Jetzt waren für Klara die Abendglocken zur Nebensache geworden. Auf schnellen Beinen lief sie auf den Zaun zu, beugte sich über den jungen Kater und entriss ihm den Hering. Und dann schimpfte sie die Nachbarin so energisch aus, dass sich der Pfarrer auf der Terrasse mit beiden Händen die Augen bedeckte und laut stöhnte.

„Sie müssen Ihren Tischabfall nicht in unserem Garten entsorgen! Schon gar nicht bei unserem Haustier. Wenn Willi jetzt eine Vergiftung kriegt, mache ich Sie dafür verantwortlich! Ich werfe Ihrem Mann doch auch kein Stück Fleischwurst über den Zaun!“ Sie ließ die sprachlose Frau einfach stehen und kam mit dem Kater unter dem Arm zurück auf die Terrasse.

„Ach, Herr Pfarrer, was musste ich mich gerade wieder aufregen! Wie viel Zeit haben wir denn noch für unser Abendgebet?“

Peinlich berührt hob van Kerkhof die Hand, um der Nachbarin unauffällig zum Abschied zuzuwinken, und wandte sich dann seiner Haushälterin zu. „Aber meine liebe Klara, wir sind doch damit nicht zeitgebunden. Ob die Glocken läuten oder nicht, unser Gebet kommt auf jeden Fall an.“

„Ihr Wort in Gottes Ohr“, seufzte Klara und ließ sich wieder in ihren Gartenstuhl sinken. (www.christoph-kloft.de)

Bisher erschienene Fortsetzungen:
Klara trotzt Corona, XXVI. Folge
Klara trotzt Corona, XXV. Folge
Klara trotzt Corona, XXIV. Folge
Klara trotzt Corona, XXIII. Folge
Klara trotzt Corona, XXII. Folge
Klara trotzt Corona, XXI. Folge
Klara trotzt Corona, XX. Folge
Klara trotzt Corona, XIX. Folge
Klara trotzt Corona, XVIII. Folge
Klara trotzt Corona, XVII. Folge
Klara trotzt Corona, XVI. Folge
Klara trotzt Corona, XV. Folge
Klara trotzt Corona, XIV. Folge
Klara trotzt Corona, XIII. Folge
Klara trotzt Corona, XII. Folge
Klara trotzt Corona, XI. Folge
Klara trotzt Corona, X. Folge
Klara trotzt Corona, IX. Teil
Klara trotzt Corona, VIII. Teil
Klara trotzt Corona, VII. Teil
Klara trotzt Corona, VI. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler: Klara trotzt Corona, V. Teil
Die Limburger Pfarrhausermittler - Klara trotzt Corona, IV. Teil
Klara trotzt Corona, dritter Teil
Klara trotzt Corona, zweiter Teil
Klara Schrupp und Pfarrer van Kerkhof trotzen der Corona-Krise

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