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Nachricht vom 16.11.2020
Region
Sanierung der Holzbachtalbahnstrecke hat begonnen
Die Zukunft hat begonnen: Die Holzbachtal-Eisenbahnstrecke, einst im Besitz der Westerwaldbahn und somit eines Unternehmens des Kreises Altenkirchen, wird für die nächsten Jahrzehnte fit gemacht. Die Lappwaldbahn Service GmbH (LWS) als nicht mehr ganz so neuer Eigentümer hat sich aufgemacht, den rund 33 Kilometer langen Abschnitt zwischen Altenkirchen und Selters vom Schotterbett an aufwärts zu sanieren.
Die Sanierungsarbeiten haben begonnen: Wie hier bei Seifen wurden schon die Betontragwerke von Brücken demontiert. An ihre Stellen treten "gefälligere" Varianten aus Stahl. (Foto: hak)Westerwald. Da ist ganz schön Dampf drin: Die Holzbachtal-Eisenbahnstrecke, schon mal in die Nähe einer Stilllegung gerückt, schaut einer gar nicht so tristen Zukunft entgegen. Die Lappwaldbahn Service GmbH (LWS) aus Weferlingen (Sachen-Anhalt) lässt mit Nachdruck die 33 Kilometer lange Strecke, die Altenkirchen und Selters verbindet, von Grund auf sanieren und rechnet mit Kosten in Höhe von circa 14 Millionen Euro für Brücken und Gleisanlagen. Sie hatte den Abschnitt von der Westerwaldbahn (Weba), einem Unternehmen des Kreises Altenkirchen, erworben und war am 1. Januar 2019 Eigentümerin geworden. Erster sichtbarer Beweis für die alsbaldige Wiederbelebung des Güterverkehrs ist die Demontage von Betontragwerken an fünf Brücken. An ihre Stellen treten, nachdem Widerlager entweder erneut oder instand gesetzt wurden, neue "gefälligere" Querungen aus Stahl, wie der Pressesprecher der Firmengruppe aus Sachsen-Anhalt, Josef Högemann, auf Anfrage der Kuriere darlegt.

Bauzeitenplan bis zum April 2021
Der Einbau der aktuellen Varianten soll bis spätestens Ende April des kommenden Jahres abgeschlossen, der Oberbau auf beiden Seiten der Übergänge angepasst sein. "Dann wird die derzeitige Komplettsperrung wieder aufgehoben", ergänzt Högemann, wohl wissend, dass bis zu diesem Zeitpunkt parallel schon die ersten Verbesserungen an Weichen, Gleisen & Co. abgeschlossen sein sollen. Dennoch folgt ein Aber auf dem Fuße: Voraussetzung für die termingerechte Erledigung seien nicht zu schlechtes Wetter und kein Ausfall von Arbeitszeiten infolge der Corona-Pandemie. Damit aber nicht genug: Bei "rollendem Rad", also laufendem Verkehr, werden bis zum Ende des Jahres 2022 Schienen und Schwellen getauscht, das Gleisbett ebenfalls erneuert. Ebenfalls in den noch gut zwei Jahren sollen zunächst einmal sieben unbeschrankte Bahnübergänge mit Lichtzeichen und Halbschranken ausgestattet werden. Am Dringendsten ist das in Dierdorf der Fall, wo die Strecke die B 413 kreuzt und bislang die Vorfahrt per menschlichem Posten und Flaggensignal geregelt werden musste.

Schon Probefahrten
Guter Dinge ist Högemann, wenn er auf die geschäftlichen Möglichkeiten angesprochen wird. Die Firma Schütz in Selters wird sich nach derzeitigem Stand ihre Stahlcoils vom Frühjahr 2021 an wieder mit DB Cargo durchs Holzbachtal und nicht mehr über Montabaur und Siershahn anliefern lassen. Weitere Unternehmen entlang der Strecke haben ebenfalls bereits jeweils ein Interesse zur Nutzung via eigenem Gleisanschluss angemeldet. Probefahrten gab es bereits für die Firma Afflerbach in Puderbach (Bödenpresserei) und für die Firma Blasius Schuster, die per Zug Material für die Verfüllung von Tongruppen im Unterwesterwald von der Siegstrecke über Altenkirchen nach Siershahn rollen ließ, wo der unbelastete mineralische Abraum entladen wurde. Nach Högemanns Auskunft habe beides ganz gut geklappt. Ob immer DB Cargo zum Zuge kommt, lässt er offen. "Es gibt so viele Anbieter", verweist er auf den Markt und legt sich auch nicht fest, ob die Lappwaldbahn gar in Eigenregie die Transporte übernimmt: "Man muss zwischen Infrastruktur und Verkehrsunternehmen unterscheiden." Und dass eine gut unterhaltene Eisenbahnlinie auch für touristische Zwecke genutzt werden kann, erklärt sich von selbst.

Heimische Straßen entlastet
Der einstige Geschäftsführer der Weba und "Eisenbähner durch und durch", Horst Klein, ist jedenfalls froh, dass "die Strecke am Laufen bleibt". Er hatte sich in der Zeit, in der er für den Betrieb verantwortlich war, gebetsmühlenartig für den Verbleib des Schienenstrangs unter den Fittichen der Weba, also des Kreises, und somit für den Fortbestand des Transportgeschäftes vor allem der Stahlcoils gen Selters eingesetzt. Die bis zu rund 230.000 Tonnen, die die Weba pro Jahr beförderte, entlasteten heimische Straßen von Lastwagenverkehr nicht unerheblich. Noch heute (und bis zum Jahresende) ist Klein Betriebsleiter für den Eisenbahnverkehr auf dem Areal der Firma Schütz in Selters. Rund anderthalb Gleiskilometer verlaufen auf dem Werksgelände und durchqueren sogar Hallen. Die restlichen sechs Kilometer zwischen Selters und Siershahn habe die Firma Schütz von DB Netz gepachtet, erläutert Klein. Der Vertrag, den die Weba zuvor mit DB Netz abgeschlossen hatte, sei 1:1 auf das Selterser Unternehmen übergegangen. "Das Hauptgleis wird immer freigehalten, so dass grundsätzlich durchgängiger Verkehr möglich ist", weiß er und vermutet: "Angenommen die Strecke wird, wie schon einmal angedacht, wieder für den ÖPNV und dann womöglich im Stunden- oder Zwei-Stundentakt freigegeben, wird das den Betriebsablauf im Schütz-Werk erheblich behindern."

Vier Unternehmenszweige
Die Lappwaldbahn-Unternehmensgruppe besteht aus mehreren Einzelunternehmen mit einem Eisenbahnverkehrs-, einem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, einer Fachwerkstatt für Eisenbahnfahrzeuge sowie einem Gleisbauunternehmen. Der Name Lappwald bezieht sich auf einen Höhenzug an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen (nördlich von Helmstedt). Das Unternehmen LWS hat schon einige Erfahrung mit der erfolgreichen Übernahme von vermeintlich perspektivlosen Eisenbahnstrecken und betrat im Westerwald keineswegs Neuland. Erfolgreiche Streckensanierungen sind aus dem Bereich Niedersachsen/Sachsen-Anhalt als auch aus Nordrhein-Westfalen bekannt. Insgesamt weist das LWS-Schienennetz nunmehr eine Gesamtlänge von 135 Streckenkilometern auf.

Eröffnung am 31. Mai 1884
Die Bahnstrecke zwischen Altenkirchen und Siershahn (eröffnet am 31. Mai 1884) wurde von 1887 bis zum 2. Juni 1984 auch im Personenverkehr genutzt. Eine Reaktivierung der Verbindung im Personenverkehr ploppt hin und wieder auf, im Jahr 2004 fanden Probefahrten mit einem Triebwagen der Vectus-Verkehrsgesellschaft zwischen Altenkirchen und Raubach statt. Im Jahr 2006 wurde die seit 1999 stillgelegte Strecke zwischen Selters und Raubach reaktiviert, nachdem die Infrastruktur 2005 Eigentum der Weba geworden war. Somit konnte sie wieder Güter den Kunden zwischen Altenkirchen und Selters zustellen. 2017 erreichte die Transportmenge ihren Höchstwert von 230.000 Tonnen. Im Juni 2017 aber hatte der Kreistag Altenkirchen schon die Kündigung der Kooperationsvereinbarung mit DB Cargo sowie die Einleitung eines Stilllegungsverfahrens für die Holzbachtalbahn durch die kreiseigene Weba zum 31. Dezember 2017 beschlossen. Der Güterverkehr wurde schon Anfang Dezember 2017 komplett von DB Cargo übernommen. Im Jahr 2018 stimmte die Gesellschafterversammlung der Weba einem Übernahmevertrag mit der Lappwaldbahn zu. Da auf der Strecke zwischen Limburg-Staffel und Siershahn keine Trassen mehr frei sind, bleibt die Holzbachtalbahn für den Güterverkehr weiter von Bedeutung.

Beschwerde in Brüssel eingelegt
Während der Stilllegungsdiskussion waren auch die Werit-Kunststoffwerke in Altenkirchen auf den Plan getreten, die über Brüsseler Fachanwälte Beschwerde bei der Europäischen Kommission gegen die Gewährung von Beihilfen zur Sanierung der Holzbachtalbahn eingelegt hatten. Das Unternehmen hatte in möglichen Fördermitteln des Landes Rheinland-Pfalz die einseitige Begünstigung eines konkurrierenden Industrieunternehmens in Selters, dem als letzten verbliebenen Frachtempfänger an der Holzbachtalbahn Stahlcoils verschiedener Produzenten im In- und Ausland frachtfrei zugestellt wurden, gesehen. (hak)
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