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Nachricht vom 24.12.2020 |
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Stiftung Fly & Help: Trotz Corona ein höheres Spendenaufkommen |
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Auf ein gutes Jahr blickt die Stiftung Fly & Help von Reiner Meutsch zurück: Trotz Corona-Pandemie liegt das Spendenaufkommen ein wenig über dem Vorjahresergebnis. Vieles musste der Gründer via weltweitem Netz und moderner Kommunikationstechnologie regeln, weil er aufgrund der Reisebeschränkungen erst gar nicht unterwegs sein konnte. |
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Kroppach. Das Bedürfnis landauf und landab, die Stiftung Fly & Help von Reiner Meutsch (65) finanziell zu unterstützen, ist im zu Ende gehenden Jahr trotz Corona-Pandemie auf einem sehr hohen Niveau geblieben. Unter dem Strich steht gegenüber 2019 ein leichtes Plus der Summe, die für den Bau weiterer Schulen ausgegeben werden kann. Waren es in den abgelaufenen 12 Monaten 97, so wird diese Zahl im Jahr 2021 so gut wie sicher wieder erreicht, wie Meutsch in einem Exklusiv-Interview mit den Kurieren darlegt. Nunmehr geht der Bau von 445 Schulen weltweit in den vergangenen elf Jahren auf das Konto des Hobbypiloten aus Kroppach. Das Gespräch im Wortlaut:
Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Stiftung Fly & Help aus?
Das muss man zweigeteilt sehen. Für mich persönlich bedeutet dies, dass ich seit 47 Jahren nicht mehr solch ein Jahr erlebt habe, was das Reisen angeht. Seit Anfang März bin ich nicht mehr unterwegs gewesen, weil die meisten Länder für mich verschlossen waren und noch sind. Deswegen war ich die gesamte Zeit zuhause und habe dank vieler digitaler Möglichkeiten mit meinen Partnern kommuniziert. Auf der anderen Seite: Trotz Corona haben wir in diesem Jahr 97 Schulen eröffnet. Im Januar, Februar und bis zum 3. März war ich bei 17 Schulen jeweils vor Ort, alle anderen Reisen musste ich stornieren, war aber virtuell dann bei den Schuleröffnungen zugegen. Aktuell stimme ich mich morgens mit den asiatischen und afrikanischen Ländern, gegen Abend mit den süd- und mittelamerikanischen ab. Denn ich muss immer auf die Zeitverschiebungen achten. Persönlich konnte ich in diesem Jahr "runterfahren", nachdem ich in den zurückliegenden zehn Jahren immer mit Vollgas unterwegs war. Im Schnitt waren das 270 Tage pro Jahr. Wir haben jetzt 445 Schulen im Betrieb für über 85.000 Kinder. Inzwischen haben wir bereits die Baupläne für 2021 und damit für 65 neue Schulen verabschiedet. Weitere 30 kommen wahrscheinlich hinzu, so dass wir erneut knapp 100 Schulen eröffnen können. In diesem Jahr waren es 97. Am 19. Januar fliege ich wieder nach Afrika. Unter anderem sind Mickie Krause und Ireen Sheer dabei. Wir besuchen den Stamm der Himba im Norden von Namibia, wo wir schon über 30 Schulen gebaut haben und wo wir weitere Schulen eröffnen werden.
Ist das Spendenaufkommen in den zurückliegenden Monaten gesunken?
Wir konnten keine Veranstaltungen ausrichten, 30 Termine "Abenteuer Weltumrundung" mussten abgesagt werden. Die Gala, die im vergangenen noch 1,3 Millionen Euro an Spenden eingebracht hatte, fiel weg. Ich habe die Zeit genutzt. Wir haben vier Touren im Westen, Süden, Osten und Norden von Deutschland organisiert, bei denen ich jeweils eine Woche unterwegs war. Dabei habe ich viele Leute getroffen, die mich angeschrieben hatten. Aus diesen Gesprächen und aus diesen Besuchen haben sich Spenden rekrutiert, so dass wir in diesem Jahr leicht über dem Spendenaufkommen von 2019 liegen. Es sind momentan rund 5,2 Millionen Euro und damit rund 60.000 Euro mehr als im Vorjahr.
Ist Ihnen eine besondere Begegnung nachhaltig in Erinnerung geblieben?
Ja, wie die mit einer 88-jährigen Frau aus Bad Segeberg. Sie hatte mich im Fernsehen gesehen, teilte mir mit, dass sie es toll findet, Kindern zu helfen. Sie sagte, dass sie weder Kinder noch Verwandte habe und sich vorstellen könnte, etwas zu spenden, wenn sie sie besuchen würde. Also habe ich mich von Hamburg aus nach Bad Segeberg aufgemacht. Als ich in dem Haus, in dem sie lebt, aus dem Fahrstuhl kam, war die Tür zur Wohnung angelehnt. "Wenn Sie es sind, Herr Meutsch, können Sie reinkommen", rief die Dame. Als ich sie begrüßt hatte, stellte sich heraus, dass sie vor 25 Jahren einmal mit Berge & Meer verreist war. Aus dieser Zeit hat sie immer noch eine Tasche mit dem Logo, in die wir für unsere Gäste damals verschiedene Reiseutensilien gepackt hatten. Daraufhin sagte die Frau, dass sie 68.000 Euro auf dem Konto habe und forderte mich auf, mit diesem Geld eine Schule zu bauen. Ich legte ihr nahe, noch eine Nacht über ihren Schritt nachzudenken. Nein, sagte sie, sie könne von ihrer Rente gut leben. Da bist du im ersten Moment echt geflasht. Eine Woche später war das Geld auf dem Konto der Stiftung eingegangen, mit dem wir für sie jetzt eine Schule in Afrika bauen. In diesen Tagen erhielt ich zudem von ihr noch ein Paket voller Lebkuchen. Das sind die Momente, die einen wirklich tief berühren. Die höhere Summe ist ganz klar auf das persönliche Engagement und die ganz, ganz vielen kleinen Spenden zurückzuführen, die wir mittlerweile in der Fly & Help-Community haben. Das sind mal 50 Euro, das sind mal 100 Euro. Man muss unterwegs sein. Wie sagte mein Opa bereits: Von nix kommt nix.
Noch einmal zurück zur baldigen Reise nach Afrika: Haben Sie Angst, sich mit Corona anzustecken?
Wir fliegen in einer 35-köpfigen Gruppe. Das sind Förderer, Freunde und Künstler. Ich fliege nicht mit gemischten Gefühlen. In dem großen Land, das Namibia mit nur zwei Millionen Einwohnern und gigantischem Platz nun einmal ist, werden wir sehr aufpassen. Wir müssen uns vor Abreise testen lassen. Zur Einreise muss ein bescheinigter negativer Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, vorgelegt werden. Wir werden auf Abstand und die Hygieneregeln achten. Ich hatte vielmehr ein schlechtes Gefühl in unserem Lockdown, als ich dieser Tage und vor dem härteren Shutdown durch Hachenburg ging. Da waren so viele Menschen unterwegs, dass ich gar kein Geschäft betreten habe und sofort wieder nach Hause gefahren bin. Impfen lassen kann ich mich noch nicht, da ich noch nicht an der Reihe bin.
Sind noch weitere Reisen im kommenden Jahr in der Planung?
Neben einer privaten Reise in die USA im Frühjahr, um meine Schwester zu besuchen, die dort lebt, und vorausgesetzt, dass die USA und die EU das jeweilige Einreiseverbot wieder aufheben, ist Myanmar auf dem Reiseplan, wo wir ebenfalls viele Schule gebaut haben und weitere eröffnen werden. Darüber hinaus warte ich die Entwicklung ab. Ich achte darauf, dass ich in Länder reise, die keine Risikogebiete sind. Ruanda und Uganda sind ebenfalls keine Risikogebiete. Beide Länder haben kaum Infektionen zu verzeichnen, und auch die Zahl der Verstorbenen an und mit Covid-19 ist sehr gering. Das könnten auch weitere Ziele werden. Gerne würde ich noch mit meiner Familie meinen Geburtstag im Sommer auf Mallorca feiern, aber ich warte zunächst einmal, wie sich die Infektionszahlen in Spanien entwickeln. Eine solche Feier mussten wir in diesem Jahr absagen. Mich drängt es in die ferne Welt, aber ich halte mich wirklich an die Empfehlungen und Vorgaben der Bundesregierung.
Wie sehr macht Ihnen persönlich Corona zu schaffen?
16 Bekannte von mir sind in diesem Jahr in Deutschland an und mit Corona verstorben. Darunter befand sich auch ein Freund. Deswegen machen mich die Leute, die Corona leugnen oder verdrängen, oft wütend. Als ich die Namen der Verstorbenen aus meiner Telefonliste streichen musste, musste ich bei jedem einzelnen inne halten und überlegen: wann wir uns das letzte Mal gesehen und welche Momente wir gemeinsam erlebt hatten. Ich merkte auch, wie schlimm es ist, zum Beispiel einen 38-Jährigen, einen 52-Jährigen, einen 68-Jährigen, einen 72-Jährigen, einen 79-Jährigen oder einen 80-Jährigen zu verlieren. Allein aus dem Westerwald habe ich drei Bekannte verloren. Da hälst du wirklich inne.
Wird sich im Laufe des nächsten Jahres irgendetwas rund um die Stiftung ändern?
Ich werde nichts ändern. Ich hoffe, dass ich die "Abenteuer-Weltumrundung"-Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz fortsetzen kann. Ich hoffe, dass wir die Serie der Gala-Veranstaltungen im November fortsetzen können. Nach dem Ausfall in diesem Jahr hat es bereits zahlreiche Umbuchungen für dieses Jahr gegeben, so dass sie fast schon ausverkauft ist. Ich habe einen weiteren ehrenamtlichen Mitarbeiter aufgenommen, der um die Welt reist, wenn es wieder geht, um die Nachhaltigkeit der Schulen zu überwachen. (hak)
Das ist die Stiftung Fly & Help
Die Reiner-Meutsch-Stiftung Fly & Help ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Kroppach, deren Hauptziel die Förderung von Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist. Sie wurde im Sommer 2009 von Meutsch mit einem Stiftungskapital von 25.000 Euro gegründet und im August 2009 von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Rheinland-Pfalz anerkannt. Die Stiftung finanziert sich ausschließlich aus Spendengeld. Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen bewertet die Stiftung als „förderungswürdig“. Der 65-jährige Meutsch wurde am 7. September in Mainz für sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. (hak)
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Nachricht vom 24.12.2020 |
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