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Nachricht vom 19.10.2010
Kultur
Steppenwolf und entspannte Schweinereien
Der Schriftsteller Hermann Hesse stand im Mittelpunkt der zweiten literarischen Reise im Familienferiendorf Hübingen, zu der neben den Feriendorfbetreibern auch der Westerwald-Verein Buchfinkenland eingeladen hatte. Viele waren gekommen und erlebten in der vollbesetzten großen Kapelle ein schauspielerisch und musikalisch überzeugendes Programm.
Mit ihren Interpretationen von Texten des Schriftstellers Hermann Hesse präsentierten sich Moritz Stoepel und Matthias Frey im Buchfinkenland als geniales Bühnenpaar.Hübingen. Im vergangenen Winter gab der Westerwald-Verein mit einem Kurt-Tucholsky-Abend den Startschuss für die erste literarische Reise, der jedoch wegen Schnee und Eis nicht auf die gewünschte Resonanz stieß. Doch diesmal sorgten der Schauspieler Moritz Stoepel und der Musiker Matthias Frey für einen vollen Saal und wahre Begeisterung. Im Zusammenspiel der beiden genialen Künstler wurde die Schönheit und Vergänglichkeit der Natur in Hesses Werk lebendig. Es war ein im Westerwald bisher wohl kaum erlebtes ineinander gesponnenes Netz zwischen Erzählen, Darstellen und poetischen Klangphantasien.

Für den Träger des Familienferiendorfes stelle Bettina Nordmann zum Beginn kurz die idyllisch gelegene Einrichtung vor, die im vergangenen Jahr ihr 40jähriges Bestehen feierte. Als Vertreter des Westerwald-Vereins Buchfinkenland begrüßte Uli Schmidt die Zuschauer und wies darauf hin, dass die beiden Künstler bereits in zahlreichen Ländern weltweit gastiert hätten. Nun komme mit dem „Buchfinkenland“ ein weiteres Land dazu.

„Ich bin der Hirsch und Du das Reh, ich der Baum und du der Schnee“ – Moritz Stoepel interpretierte solche Texte mit großer Intensität, Lebendigkeit und Ausdrucksvielfalt und setzt mit vielfältigen Instrumenten vom kleinen Daumenklavier bis zum Akkordeon zusätzliche Akzente. Pianist Matthias Frey erfand dazu improvisierte musikalische Phantasiewelten, die aus dem Augenblick heraus entstanden und gemeinsam mit dem Wort- und Schauspiel des Bühnenpartners große Kunst ergaben.

Besonders deutlich wurde dies bei Hermann Hesses wohl bekanntestem Werk, dem Steppenwolf. In Ton und Mimik wurde hinterfragt, ob es sich hierbei um eine Bestie handelt oder nur eine Einbildung der Seele. Es schien, als würde der Steppenwolf gleich durch das Fenster der Kapelle springen und sein Unwesen unter den Veranstaltungsgästen treiben. Doch es blieb friedlich und Hesses Gedicht „Schweinereien“ sorgte dafür, dass die Angst schnell aus den Gesichtern entweichen konnte. Schon fast entspannend schien es dabei für Künstler und Publikum, sich auf und vor der Bühne ganz und gar als Schwein fühlen zu können.

Wie kann man einen Satz wie „Singe mein Herz, heute ist Deine Stunde, morgen schon bist Du tot“ in Musik und Schauspiel umsetzen? Stoepel und Frey schafften auch das glänzend, ebenso wie viele andere Anklänge an die Natur in Poesie und Lyrik des großen Schriftstellers Hermann Hesse. Einfach große Kunst, angesichts derer der Beifall der Gäste beinahe nur banal und weltlich wirkte. Beinahe – denn für die Veranstalter war angesichts der Begeisterung klar, dass die erfolgreich gestartete Reihe „Literaturreise im Buchfinkenland“ im kommenden Jahr fortgesetzt werden soll. “Gerne wollen wir dabei mit einer Buchhandlung zusammenarbeiten”, betonte Uli Schmidt. Auf dem Programm könnte dann Heinrich Heine stehen.
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